Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)
geworfen.«
Er blieb stehen und packte mich am Arm. »Was sagst du da? Das wird ja immer schöner, verflucht. Bist du sicher?«
»Nein. Aber sie hat uns im Kerker besucht und sich seltsam dabei benommen. Und heute Abend hätte sie dich mit ihren Augen beinahe erdolcht bei deiner Ankündigung.«
»Aber das ist völlig verrückt. Drogo würde sie umbringen. Du musst dich geirrt haben.« Er schüttelte den Kopf. Dann blieb er stehen und packte mich an der Schulter. »In einem hast du recht. Im Moment sind wir nicht sehr beliebt. Auch du solltest dich eine Weile nicht blicken lassen. Und ich werde Tür und Tor verrammeln. Man kann nie wissen, zu was die Kerle fähig sind, wenn sie sich besaufen.«
Ich befolgte seinen Rat und sattelte am nächsten Tag mein Pferd, um Elda zu besuchen. In der Stadt gedachten sie des Leidenswegs ihres Jesus. Betend und Weihrauch schwingend, wandelten Priester durch die Gassen, gefolgt von einer langen Menschenschlange. Sogar Drogo und Gaitelgrima warteten zu Fuß vor der kleinen Kirche, um der Kreuzigung des Gottessohnes ihre Ehrerbietung zu erweisen. Eine seltsame Sitte. Wie einen Verbrecher hatte man ihn hingerichtet. Und nicht einmal gewehrt hatte sich der Mann. Wie konnten sie ihn ihren Erlöser nennen? Ich bildete mir ein, mein Vater, Sven Langhaar, hätte für so etwas nichts übrig. Und auch ich würde es nie verstehen.
Ich war froh, der Stadt und dem Singsang der Priester zu entkommen und den schönen Tag zu genießen. Auch meine Stute Alba hatte Freude daran, die Beine zu strecken, und so ließ ich sie ein Stück des Weges im leichten Galopp laufen, bis die Straße wieder anstieg. Irgendwo weiter oben sollte der kleine Hof liegen. Maria hatte mir den Weg erklärt.
Auf einer Anhöhe hielt ich an, um mich umzusehen. Die bewaldeten Hügel ringsum, die blauen Berge im Hintergrund, der mächtige Volturno über mir. Hier und da gerodete Flächen mit Feldern. Meist einfache Hütten, in denen die Bauern zusammen mit ihrem Vieh hausten. Es war seltsam still und friedlich, kein Mensch zu sehen. Wahrscheinlich beteten sie alle.
Die Landschaft gefiel mir sehr. Es würde mir leidtun, wenn es für uns hier keinen Platz gäbe. Zurück nach Hauteville? Nein, das war jetzt nicht mehr denkbar, ganz im Gegenteil. Ich konnte nur hoffen, dass Gerlaine recht hatte, dass Robert nicht untergehen würde. Hatte sie nicht immer recht? Selbst gegen Sant’Angelo war sie gewesen und hatte damit richtiggelegen. Ganz gleich, ob Robert freikam, ich nahm mir vor, die Sprache zu lernen und mich mit den Einheimischen vertraut zu machen. Wer weiß, vielleicht würde ich mich sogar an ihre seltsamen Gebräuche gewöhnen können.
Wenig später fand ich die alte Eiche, die Maria beschrieben hatte. Von dort führte ein Trampelpfad zu einer Hochebene, und dann sah ich schon den kleinen Hof mit seinen Ställen und der Einfriedung aus Dornensträuchern. Dahinter Felder, ein Olivenhain und Weinstöcke, die zu sprießen begonnen hatten. Beim Haus bellte ein Hund. Ich stieg vom Pferd und ging den Rest des Weges zu Fuß. Plötzlich stand Elda vor mir. Sie hatte mich wahrscheinlich schon von weitem kommen sehen.
»Was willst du?«, fragte sie und schien wenig erfreut, mich zu sehen. Sie trug einen einfachen Kittel, sah deshalb aber nicht weniger hübsch aus. Hinter einer Hecke bemerkte ich das misstrauische Gesicht einer alten Frau, die gleich darauf verschwand, um den Hund zu beruhigen, der nicht aufhören wollte zu bellen.
»Wer war das?«
»Großmutter.«
»Es tut mir leid, dass du deine Arbeit auf der Burg verloren hast.«
»Ach das«, sagte sie immer noch mit einem mürrischen Ausdruck im Gesicht.
»Und überhaupt wollte ich dich um Verzeihung bitten.«
»Nicht deine Schuld.« Sie seufzte. »Aber ich bleibe besser hier. Auf der Burg gibt’s nur Dreckskerle.«
»Und ich? Bin ich auch einer?«
»Vielleicht.« Sie sagte es mit einem kleinen Lächeln, das an ihre sonst so kecke Art erinnerte. Doch gleich darauf wurde sie wieder ernst. »Diese Gerlaine. Ist sie aus deinem Dorf?«
Ich nickte.
»Sie kämpft um dich. Sei froh.«
Ich fingerte an meiner Gürteltasche herum, um ihr eines von meinen letzten zwei Silberstücken zu schenken.
»Nein«, sagte sie, als ich es ihr in die Hand drücken wollte. »Großmutter wird schlecht von mir denken, wenn ich dein Geld nehme. Besser, du gehst jetzt.«
Ich küsste sie sanft auf die Wange und schwang mich wieder auf mein Pferd. Als ich mich noch einmal im Sattel
Weitere Kostenlose Bücher