Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)
er, ihn zu verschonen, und seinen Leuten brüllte er immer wieder zu, sich zurückzuhalten. Diese senkten schließlich ihre Lanzen und wussten nicht, was sie tun sollten.
»Lando«, sagte Robert außer Atem. »Erklär den Offizieren meine Forderung. Zweihundert Pfund in Gold. Sie sollen seine Familie benachrichtigen, und wenn das Lösegeld bis morgen früh nicht an dieser Stelle ist, dann stirbt der Scheißkerl, so wahr mein Name Robert Guiscard ist.«
Unruhe in Melfi
N un, es dauerte natürlich etwas länger. Genauer gesagt, eine ganze Woche, mit Boten hin und her, die zuerst lächerliche, dann etwas bessere Angebote überbrachten. Aber erst als wir der Familie seinen abgehackten kleinen Finger schickten und drohten, die ganze Hand folgen zu lassen, wurden Roberts Forderungen wirklich ernst genommen.
Ich weiß nicht, wie am Ende der ganze Schatz zusammenkam. Die guten Bürger und die Bauern spendeten, was sie konnten, da sie um die Ernte fürchteten. Das allermeiste kam natürlich von der Familie unserer Geisel selbst.
Aber zweihundert Pfund wurden es dann doch nicht. Da hatte Robert maßlos übertrieben. Wahrscheinlich nicht einmal hundert Pfund, aber doch eine ganze verdammte Menge Gold und Silber, Edelsteine und Geschmeide. So viel, dass einem die Augen übergingen, denn über Jahre hatte dieser Kerl Abgaben erpresst und das ganze Tal ausgeplündert. Geschah ihm nur recht. In der Nähe des Flusses ließen wir ihn dann mit seiner wunden Hand laufen und machten uns davon.
Diesmal teilte Robert die Beute auf der Stelle auf. Die Hälfte behielt er für sich, der Rest ging an die Männer. Sogar die Faulenzer in Scribla und die Albaner bekamen etwas ab.
Wir sonnten uns in unserem Erfolg und feierten ein großes Fest. Halb Cassano mussten wir in der Nacht unserer glorreichen Heimkehr leer getrunken haben, und Rollo war wieder völlig besinnungslos in seinem Rausch. Zumindest zu besoffen, um sich zu prügeln oder wie üblich seinen Reichtum gleich am ersten Abend zu verspielen.
Doch nach einigen Tagen wurde Robert wieder unruhig. Langes Herumsitzen lag ihm nicht. Ja, er war wie getrieben, hatte es in allem eilig. Zuerst ließ er in Flussnähe einige Holztürme in weiten Abständen zueinander errichten, die ständig besetzt gehalten werden mussten, damit die Byzantiner uns nicht überraschen konnten. Es war schließlich nicht zu erwarten, dass sie ihre Schlappe so kampflos hinnehmen würden.
Als Nächstes ließ er die Burg weiter ausbauen und bessere Unterkünfte anlegen. Außerdem wurden eine größere Halle und ein eigenes Wohnhaus in Angriff genommen. Sicher dachte er dabei auch an Alberada, obwohl er nie ihren Namen erwähnte. Er selbst ritt in diesem Sommer mehrmals mit kleinem Gefolge los, um eingehend das ganze Crati-Tal zu erkunden, besonders die Möglichkeit, San Marco Argentano in den westlichen Hügeln für uns zu erobern.
»Diesmal habe ich mit den Stadtvätern geredet«, erzählte er den anderen irgendwann im Oktober, nachdem wir von einem dieser Ausflüge zurückgekehrt waren. »Ich habe ihnen gesagt, sie müssten sich bald entscheiden, zwischen den Byzantinern und uns. Hab ihnen sogar Versprechungen gemacht, wenn sie bereit wären, mir als ihrem Herrn zu huldigen.«
»Lass mich raten«, lachte Rainulf. »Sie trauen keinem dahergelaufenen Normannen. Hoffentlich haben sie dich nicht allzu sehr beleidigt.«
»Nein, es war eine höfliche Unterhaltung. Aber sie glauben nicht, dass unsere Handvoll Männer für irgendjemanden eine Bedrohung darstellt. Höchstens, dass Byzanz mehr Truppen schicken könnte, um uns zu verjagen.«
»Das würde auch mich nicht überraschen.«
»Ich habe ihnen gesagt, früher oder später würde ich ihre Stadt belagern und einnehmen. Da wäre es doch besser, man einige sich friedlich.«
»Das hat sie aber nicht überzeugt.«
»Nein. Hat es nicht.« Robert lachte.
»Wir brauchen mehr Männer. Hätten wir weitere hundert Mann, würde sie das eher beeindrucken.«
Robert warf den Holzsplitter weg, auf dem er gekaut hatte. »In Melfi lungern genug Kerle herum, die nichts zu tun haben.«
»Ohne Drogos Zustimmung wirst du aber keine bekommen.«
Robert nickte. »So ist es.«
Mehr wurde darüber nicht gesprochen, aber er machte ein Gesicht, als ob er schon eine Idee hätte, wie sich unsere Mannschaften aufstocken ließen.
Roberts Bauarbeiten, die Erkundungsritte, der regelmäßige Dienst auf den vorgelagerten Wachtürmen und das ständige Üben mit den Waffen hielten die
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