Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)
zurückgekehrt mit dem Auftrag, die Normannenplage endgültig zu beseitigen. Eingenistet hatte er sich in Bari, an der Ostküste, wo er zurzeit ein Heer aufstellte. Dieser Lombarde war ein fähiger Mann und kannte unsere Stärken und Schwächen. Ihn durfte man nicht unterschätzen, darüber waren sich alle einig. Und die byzantinische Patrouille, der wir begegnet waren, war kein Einzelfall. Hier und da hatte es schon heftige Scharmützel gegeben. Unter den Kriegern, die wir in den Schenken trafen, gab es Verwundete, die zu ihrem Leidwesen davon zu berichten wussten.
Zum Glück war der Mauerring um Melfi nun fast fertiggestellt. Auf den Türmen und Zinnen versahen Wachen Tag und Nacht ihren Dienst. Und es gab bessere Unterbringungen für Krieger und Pferde. Die wurden auch gebraucht, denn was die Neuankömmlinge aus der Heimat betraf, war man nicht besonders wählerisch. Wer ein Schwert besaß und für uns kämpfen wollte, war den Baronen willkommen. Sogar Lombarden.
»Eines dürft ihr nicht vergessen, Jungs«, sagte ein alter Recke beim dürftigen Mahl in einer der Spelunken, »im Mezzogiorno ist der Reichtum der Byzantiner noch mehr zu fürchten als ihre verdammten Soldaten.«
»Wie meinst du das?«, fragte ich.
»Nehmen wir diesen Pandulf, da wir gerade von ihm reden. Der war schon immer ein Freund der verfluchten Griechen. Und täglich wird der reicher von den Zuwendungen, die sie ihm in den Hintern blasen. Man muss sich fragen, wozu?«
»Er verstärkt seine Mannschaften, wie man hört.«
»Vielleicht haben er und seine Auftraggeber noch anderes im Sinn. In Konstantinopel gibt’s Gold und Silber im Überfluss. Genug, um jede Menge Spitzel und Halsabschneider anzuwerben, um Prinzen zu bestechen und Aufrührer zu bezahlen. Darin sind die Griechen doch Meister.«
»Nun schleich nicht wie die Katze um den heißen Brei«, rief einer gereizt. Der Mann trug eine blutige Binde um den Arm. »Sag endlich, was du zu sagen hast.«
Der Alte lehnte sich vor und senkte die Stimme. »Ich frage mich, wie lange wird Guaimar noch auf unserer Seite stehen.«
»Er hat doch seine Schwester mit Drogo verheiratet.«
»Kommt darauf an, was sie ihm bieten«, gab der Alte zu bedenken. »Und dann dieser Streit unter unseren Baronen. Man muss sich fragen, wie viel davon echt ist und wie viel bezahlt.«
Er nahm einen tiefen Zug aus seinem Humpen und starrte bedeutungsvoll in die Runde.
»So ein Blödsinn«, sagte der Verwundete. »Kein Normanne würde sich je von einem Pandulf schmieren lassen.«
Nun, vielleicht nicht, dachte ich, aber dass sich in der gegenwärtigen Lage die Barone stritten und Drogo möglicherweise die Gefolgschaft verweigerten, das bereitete uns allen große Sorge. Und so war auch die Kerkerhaft von Asclettins Sohn Richard allgemeines Stadtgespräch.
Dabei handelte es sich um einen Neffen jenes berühmten Rainulf Drengot, der vor vielen Jahren Aversa, die erste der normannischen Grafschaften, begründet hatte und vor drei Jahren verstorben war. Aversa lag in der Nähe der Küste, nicht weit von der Stadt Napoli, und hatte sich erst vor kurzem unter Guaimars Herrschaft gestellt. Drengots Nachfolger war wenig später ebenfalls verschieden, und so war die Grafschaft gegenwärtig ohne Führung, denn der Erbe war nur ein Säugling namens Herman. Kein guter Zustand. Besonders nicht in diesen Zeiten.
Nun traf es sich, dass dieser junge Richard, Asclettins Sohn, verwandtschaftliche Ansprüche auf den Titel angemeldet hatte. Viele glaubten daher, Drogo habe ihn eingekerkert, um sich selbst die Herrschaft über Aversa zu sichern. Das hätte seine Macht zwar erweitert, aber auf Kosten der Einigkeit unter den Baronen. Asclettin hatte geschworen, ihm jede Gefolgschaft zu verweigern. Und er war nicht der Einzige, der so dachte. War dies der Anfang eines offenen Aufstandes?
Fragen über Fragen und Gerede ohne Ende. Langsam hatten Fulko und ich genug davon. Nichts als Gerüchte und Vermutungen. Es brachte meine Gerlaine nicht zurück und gab uns auch keinen Hinweis, wo Girard und die Frauen sein könnten. Ich war ungeduldig, wollte etwas unternehmen, aber Fulko bestand darauf, noch bis nach dem Christfest zu warten. Er ließ mich jetzt des Öfteren allein, um in der kleinen Kirche im Ort zu beten. Gelegentlich erzählte er mir von seinem Christus und bat mich, ihn zu begleiten. Aber davon wollte ich nichts wissen.
Nein, ich spielte mit dem Gedanken, wenn nötig auch ohne ihn nach Buonalbergo zu reiten, obwohl es in
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