Das Schwert des Ostens: Krimi (German Edition)
Hölle.
Verdammt!
Ich überlegte kurz, ob ich damit gleich zu Willi dem Schwein ins Krankenhaus fahren sollte, dort hätten die sicher eine kühlende Salbe für meinen Arm gehabt. Aber auch wenn ich Willi vermisste, vom Krankenhausmief hatte ich vorerst genug. Und da ich noch immer nichts gegessen hatte – wenn man mal davon ausging, dass gerauchte Nahrung nicht galt –, lenkte ich den Toyota zurück in Richtung Heimat.
Als ich schließlich bei Rotts Wurstwaren seit 1898 am Yppenplatz ankam, hätte ich mir wenigstens hier ein wenig mehr Aufmarsch und Gedränge erwartet zu Ehren des Verstorbenen. Aber hier am Yppenplatz war kein Kernland mehr für Rechtsextremisten. Rott hatte sein Reich nicht an die Türken verloren, sondern an die Reichen und Gutmenschen.
So wie sein Geschäft da zwischen trendigem Fischrestaurant links und Silkes Darjeeling Teahouse rechts eingeklemmt war, konnte man es je nach Sichtweise als letzten Schandfleck des herausgeputzten Platzes sehen oder als letzte Bastion des alten Brunnenmarktes.
Oder es konnte einem einfach nur leidtun.
Gut möglich, dass sich auch Darjeeling-Silke für diesen Tag einen Aufmarsch trauernder Rechtsextremisten erwartet hatte und deswegen ihr Teahouse vorausschauend geschlossen hielt, der Gehsteig musste heute jedenfalls ohne ihre Blumen auskommen, und ihr Elektrofahrrad – Pferd des Teufels! – stand heute auch nicht da. Die Vorstellung, dass vielleicht ein paar Besoffene mit Springerstiefeln zu ihr hereinkommen und Tee kaufen könnten, hatte ihr vermutlich nicht gefallen.
Mir gefiel sie aber schon.
Als ich die Wursthandlung betrat, stand Rosi pflichtschuldigst hinter der Wursttheke. Sie sah aus wie eine trauernde Mutterkuh, die man auf einer Landwirtschaftsmesse vergessen hatte, mit zwei richtig schweren Dingern vorne dran, die ihre Rückenmuskulatur stärkten. Sie trug Schwarz, inklusive einer Strumpfhose, was bei der Hitze keine geringe Leistung war. Anscheinend hatte sie ihren Chef sehr gerne gehabt. Vielleicht nicht einmal so sehr wegen seiner dummen Sprüche. Oft genügte es ja, wenn so einer das Geld pünktlich überwies, dann schloss man ihn schon dankbar ins Herz und war bereit, alles für ihn zu tun.
Ich deutete auf das Käseblatt, das vor ihr auf der Anrichte lag, und sagte: „Den Türken da vorne drauf vielleicht schon mal hier gesehen?“
Sie fragte: „Was geht’s dich an, Großer?“
Ich erklärte es ihr und bestellte eine Leberkäsesemmel, das freute sie. Jeder Mensch kann irgendetwas besonders gut, und Rosi konnte ohne Zweifel sehr gut Leberkäsescheiben abschneiden, umwerfen und in die Semmel hineinlegen. Das Ganze dauerte bei ihr höchstens eine Sekunde – Weltrekord! Dabei zitterte das Fett an ihren Oberarmen, und die Fingerchen in ihren Plastikhandschuhen bewegten sich überraschend schnell. Ich bestellte gleich noch eine mit Senf, und die Servietten, die sie mir dazugab, konnte ich dann wirklich brauchen.
Nächster Versuch: „Irgendwelche Probleme mit den Türken in letzter Zeit?“
Sie sagte: „Mit den Türken eigentlich gar nicht. Probleme gab es mehr so mit der da drüben.“
Sie richtete das Messer in Richtung Teahouse, ich sagte: „Aber heute nicht, denn heute hat sie geschlossen. Es wird ihr doch hoffentlich nichts passiert sein?“
Sie sagte: „Hoffentlich schon! Seit die schwanger ist, ist sie ja unerträglich!“
„Weiß man denn, von wem sie schwanger ist?“
Ich fragte das nur so aus Interesse, und Rosi feuerte eine weitere Breitseite gegen die Nachbarin ab: „Früher hätte ich getippt, von irgendeinem bedürftigen Asylanten. Heute aber würde ich sagen, dass sie dieser Kerl angestochen hat, der seit ein paar Monaten da drüben ein- und ausgeht, ihr hin und wieder Blumen bringt oder ein Stück vom Salat und ihr dabei über den Bauch streichelt.“
„Ein Türke?“
„Ein einheimischer Zwerg Bumsti mit schwarzer Brille und schwarzen Hemden, die er sich nicht in die Hose steckt.“
„Hat er wenigstens einen Schnauzer?“
„Nein.“
Das war dann schon wieder nicht der, nach dem ich suchte! Nachdem Rosi anfangs ein paar Stacheln aufgestellt hatte, entpuppte sie sich jetzt erwartungsgemäß als „Mir brauchst du gar nichts zu erzählen, die Einzige, die hier redet, bin ich!“-Typ. Ich bestellte noch eine Semmel, und wir kamen langsam ins Plaudern: „Das war dann vielleicht keine so gute Idee von der Hausverwaltung, den Teeladen hier neben dem Wurstladen einzuquartieren?“
„Na!“
„Offene
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