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Das Schwert des Ostens: Krimi (German Edition)

Das Schwert des Ostens: Krimi (German Edition)

Titel: Das Schwert des Ostens: Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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Frechheit. Aber während er so lautstark seine Riegel aß, verstärkte sich mein Hunger, und ich fragte: „Was ist denn das da überhaupt in deinem Gesicht?“
    Er wischte sich mit seinen Fettfingern darüber, schaute die Wurstteile an, die er aus seinem Gesicht erntete, und sagte wider besseres Wissen: „Das da? Gar nichts!“
    Wenn Tilman log, dann schwitzte er. Und wenn er stark log, dann schwitzte er stark. Jetzt schwitzte er immens, also log er auch immens. Ich sagte: „Du lügst mich doch hoffentlich nicht an?“
    Langsam beugte er sich hinunter zu seiner Lade und zog das Papiersäckchen heraus, das er vorhin verschwinden hatte lassen. Ich fragte: „Wo hast du denn das her?“
    Er sagte: „Das wurde hier gestern Abend für Herrn Rott abgegeben.“
    „Wann genau?“
    „So um 20.30 Uhr. Jemand fragte nach ihm.“
    „Mann oder Frau?“
    „Junger Mann. Schlank. Gutaussehend. Braunge-
brannt.“
    „Das genaue Gegenteil von dir, was?“
    „Ja.“
    Ich wusste auch nicht, warum ich immer so auf die Fetten hinhackte. Vielleicht, weil ich im tiefsten Inneren selbst so unsicher war?
    Ich klopfte Tilman gegen die Sacktitten, die gleich wieder ordentlich hüpften, deutete ihm ‚Her mit dem Säckchen!‘ und fragte: „Ist noch was übrig?“
    Er wurde noch röter und sagte: „Jetzt nicht mehr.“
    Es dauerte auch bei mir ein Weilchen, bis ich endlich kapierte, dass der Arsch die ganze gute Jause einfach alleine aufgegessen hatte. Wie um mich selbst zu quälen, fragte ich noch, was denn drinnen war in dem Säckchen, und Tilman wusste es noch genau: „Geselchtes, Geräuchertes und Schinken, alles vom Schwein.“
    Ich überlegte kurz: Nichts, was einer essen sollte, der mit einer kaputten Leber hier herinnen lag, aber natürlich allemal besser als Apfelmus mit Tee. Ich kombinierte, dass sich Rott mit diesem Zeug hier heimlich versorgen ließ und dass es gestern nicht mehr zur Übergabe der verbotenen Früchte kam, weil er schon tot war. Einigermaßen verzweifelt fragte ich: „Kann ich wenigstens den Sack haben?“
    Ich hätte ihm jetzt natürlich auch ein Verfahren wegen Vernichtung von Beweismitteln androhen können, aber ich entschied mich für ein weiteres Stück Zucker. Ich beugte mich zu ihm hinunter und flüsterte ihm ins Ohr: „Wie lange bist du denn schon im Dienst?“
    Er sagte: „Seit 2008.“
    „Ich meine, seit wie vielen Stunden, du Spinner!“
    „Seit über 96.“
    Das war ein guter Mittelwert in diesen privatisierten Krankenhäusern. Die Arbeitsbedingungen hier waren alles andere als arbeitnehmerfreundlich, aber so wie Tilman ausschaute, konnte man wenigstens davon ausgehen, dass er keine Familie zuhause hatte, die auf ihn wartete.
    Ich überlegte also, ob sich für Lemmy in solchen Krankenhäusern vielleicht ungeahnte Einnahmequellen auftun könnten. Ich zapfte eine erste an und fragte: „Meinst du nicht auch, dass es für dich einfacher wäre, hier Nachtdienst zu schieben, wenn du die Schweinsäuglein auch während der Nacht offen halten könntest?“
    Der Gedanke gefiel ihm. Sicher schaute er jede Nacht Pornos mit Fetten und schlief immer schon vor Müdigkeit ein, bevor es richtig zur Sache ging.
    Ich sagte: „Ich kenne da zufällig einen, der solche Substanzen im Angebot hat, was für Bomberpiloten. Interessiert?“
    „Sehr.“
    Ich schob ihm was von dem Zeug hinüber, das ich eigentlich Willi mitnehmen sollte. Er wollte sofort danach greifen, aber ich wollte zuerst Rotts Zimmer sehen. Tilman wurde zunehmend lockerer, er nahm einfach den Schlüssel vom Board, stellte das „Komme gleich!“-Schild auf den Tresen und sagte: „Folgen Sie mir unauffällig.“
    Er fand das irgendwie witzig, und ich sagte: „Hihi.“
    Wir nahmen den Lift, der mir gleich ein bisschen leidtat, als er sich in Bewegung setzen musste. So nahmen früher alte Dampfrösser Fahrt auf, dachte ich, sehr langsam und sehr angestrengt. Im ersten Stock war die Fahrt dann schon wieder zu Ende, und ich musste Tilman ein bisschen tadeln: „Kannst du nicht mal ein Stockwerk zu Fuß gehen? Das würde dir verdammt noch mal wirklich guttun!“
    Es war aber nur der Lift kaputt. Also keuchten wir noch drei Stockwerke hinauf. Ich war eine Stunde früher da als er. Jetzt noch einmal um eine Ecke, dann standen wir endlich vor Rotts Zimmer.
    „Jetzt aber schnell, bitte!“
    Tilman zitterte, ich nahm ihm den Schlüssel ab und machte auf. Wir traten ein, es war noch nicht ausgeräumt. Anscheinend hatte Rott im Voraus bezahlt, also

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