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Das Schwert des Sehers

Das Schwert des Sehers

Titel: Das Schwert des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Loy
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belügen   … Am Ende zählt nur, dass dabei das richtige Ergebnis herauskommt.«
    Meris stürmte auf das Gebäude zu, das den Gemütskranken vorbehalten war. Sie fragte nach Bruder Havad, und als der Mönch am Eingang zögerte, setzte sie ihn mit ihrer kaiserlichen Urkunde und mit Drohungen unter Druck. Sie schreckte nicht einmal davor zurück, ihn grob zu packen und vor sich herzutreiben.
    Havad saß in einem Sessel einer behaglichen Stube im ersten Stock. Der Raum war holzgetäfelt, mit Fellen ausgelegt, und in einem Kamin brannte ein warmes Feuer. Die Möbel waren einfach, sahen aber edel aus, und am auffälligsten war das Himmelbett mit den blauen Vorhängen, das an einer Wand stand. Das Fenster ging auf einen Park hinaus, der von einer Hecke begrenzt war. Nur das Gitter vor dem Fenster und vor dem Kamin störte das beschauliche Bild.
    Ein hagerer Mann mittleren Alters saß entspannt in einem gepolsterten Lehnstuhl bei Havad. Er trug einen Morgenmantel aus weißer Wolle und plauderte mit dem Heilkundigen, als Meris in den Raum trat. Obst stand auf dem Tisch, und jeder der beiden hatte einen Weinpokal in der Hand.
    Meris stieß den Mönch, der sie hergeführt hatte, zur Seite und stürmte wutentbrannt in den Raum.
    »Havad!«, rief sie. »Ihr sitzt hier und trinkt Wein, und ringsum sterben Eure Freunde!«
    Der Mann im Morgenmantel schaute sie an. Eine milde Überraschung lag in seinem Blick, doch er wirkte erstaunlich ruhig und ungerührt.
    Havad sprang auf. Er starrte Meris aus weit aufgerissenen Augen an. Sein Blick flog entsetzt von ihr zu dem Mann am Tisch.
    »Aber   …«, stammelte er. »Botin Meris! Bitte   … Ihr könnt doch nicht   …«
    Meris packte ihn am Kragen. Sie war kleiner als der Priester, aber als sie sein Gesicht zu sich herunterzog, wehrte er sich nicht. »Wir werden uns jetzt unterhalten«, sagte sie. »Und ich will ehrliche Antworten.«
    Havad wand sich in Meris’ Griff. »Bitte, nicht hier«, sagte er. Und an den Mann im Morgenmantel gewandt, fügte er hinzu: »Verzeiht, Ritter Alan. Wenn wir unsere Unterredung ein andermal fortsetzen könnten   …«
    Er versuchte, Meris behutsam aus dem Raum zu schieben.
    Die drehte ihre Faust am Kragen des Priesters, sodass sich die Haut am Hals spannte. »Ich habe keine Lust mehr, mich vertrösten zu lassen.«
    »Bitte«, murmelte Havad. »Der Ritter ist Patient hier   … Nicht vor den Patienten.«
    Meris ließ ihn los. Sie gingen durch die Tür, und auf dem Flur rief Havad einer Schwester zu, sich um den Ritter in dem Raum zu kümmern.
    Havad führte sie am Ellbogen den Korridor entlang. Meris spürte, wie die Finger des Priesters an ihrem Arm zitterten. Auch Havads Stimme klang erschüttert. »Ritter Alan von Steinhaus. Er kam   … tief aufgewühlt von einem Feldzug zurück, und seine Familie gab ihn in unsere Obhut. Wir versuchen, ihm Ruhe zu verschaffen. Ihr könnt Euch kaum vorstellen, was Ihr ihm mit Eurem Auftritt womöglich angetan habt.«
    »Ritter Alan interessiert mich nicht. Ich will wissen, was Ihr angerichtet habt. Und ich will es sofort wissen, bevor der letzte von Euch Verschwörern das Zeitliche gesegnet hat.«
    »Was?« Havad sah sie an.
    »Bruder Hamur   – Ihr kennt ihn? Er ist tot.«
    Havads Augen weiteten sich. Fahrig wischte er sich mit der Hand durch das Gesicht. »Wie   … wie ist er gestorben?«
    »Er hat sich vergiftet, heißt es. Das höre ich in letzter Zeit ein wenig zu oft. Und glaubt bloß nicht, dass Ihr mich jetzt eine halbe Stunde durch die Gänge führen könnt, bis Ihr Euch eine Ausrede ausgedacht habt. Ihr führt mich jetzt sofort in einen Raum, wo wir in Ruhe reden können   – oder ich mache die nächste Tür auf, schmeiße den Patienten heraus und schiebe Euch hinein.«
    »Nein«, sagte Havad. »Das wird nicht nötig sein.«
    Er brachte Meris in ein Zimmer, das so ähnlich aussah wie die Zelle des Ritters Alan, nur dass der Kamin kalt war und die Möbel nicht gepolstert. Das Himmelbett an der Wand war nur ein nacktes Gestell ohne Matratze und ohne Vorhänge.
    Der Priester setzte sich. Er atmete tief durch und legte die Hände auf den Tisch. »Es tut mir leid, was mit Hamur geschehen ist. Ich war mit ihm bekannt. Aber ich weiß nichts von einer Verschwörung. Es mag beunruhigend sein, dass der Erzkaplan auf dieselbe Art gestorben ist. Doch wenn Ihr einen Zusammenhang sucht   … müsst Ihr einen anderen fragen.«
    »Ich frage Euch.« Meris setzte sich nicht. Sie ging um Havad in seinem Sessel

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