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Das Schwert des Sehers

Das Schwert des Sehers

Titel: Das Schwert des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Loy
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Augenmaske überging. Suchend sah sie sich um.
    Lacan erkannte als Erstes ihre Bediensteten, die weniger aufwendig verkleidet waren. Er sprang vom Wagen.
    »Das Fräulein von Erlingen!«, rief er durch das geöffnete Stalltor.
    Nessa sah ihn an. Sie raffte ihr Kleid, machte ein paarSchritte auf die Scheune zu und blieb im Tor stehen. Lacan kam ihr entgegen.
    »Eine sehr täuschende Verkleidung, Gnädigste«, sagte er. »Ich hätte Euch fast nicht erkannt.«
    »Dann hat meine Base Otilde wohl recht«, erwiderte sie. »Ihr seid ein oberflächlicher Mann, wenn ein paar Federn Euch täuschen können.«
    »Es liegt am Kleid«, sagte Lacan. »Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Ihr so etwas tragen würdet. Ich kenne Euch nur in Rüstung und hätte eher erwartet, Euch auf dem Turnierplatz zu begegnen.«
    Nessa schnaubte. »Ich habe etwas Besseres zu tun, als mich auf dem Fest des Lebens schlagen zu lassen. Ich ziehe die Rüstung an, wenn es nötig ist.«
    Lacan sah sie an. Er fragte sich, ob nicht gerade jetzt, wo sein Vater in der Stadt war, eine Rüstung nötiger war denn je. Er hasste es, wenn er etwas verheimlichen musste, doch er konnte Nessa nicht sagen, sie solle lieber ein Kettenhemd anlegen.
    Er überspielte sein Unbehagen und sagte spöttisch: »Es freut mich aber, dass Ihr meine Gesellschaft nicht missen wollt und sogar Eure Gastgeber im Stich lasst, um bei mir vorbeizuschauen.«
    »Eigentlich wollte ich nach den Wagen sehen«, erwiderte sie. »Wir sollten sie heute Abend noch aufteilen. Ihr bringt es fertig und lasst Sie Euch stehlen, und das wäre ärgerlich, wenn wir beide darunter leiden müssten.«
    »Oh, ich weiß meine Güter zu verteidigen, wie Ihr wisst«, erwiderte Lacan. »Aber ich kann meine Knechte anweisen, dass sie umladen sollen«, schlug Lacan vor. »Einen Wagen für Euch und Eure Gastgeber als Beitrag zum Fest, einen für unsere Unterkunft im Gasthaus und den dritten veräußern wir, damit wir ein wenig Geld zum Feiern haben.   – Kennt Ihreinen Aufkäufer für den dritten Wagen?«, fragte er schließlich.
    »Die Leerwieters sind Kaufleute mit guten Verbindungen. Die nehmen ihn gern in Zahlung.«
    Kurz schoss es Lacan durch den Kopf, ob seine Nachbarin mit ihren Gastgebern bereits eine Provision ausgehandelt hatte. Er schämte sich für den unritterlichen Gedanken. Er sollte lieber Valdar die Geschäfte überlassen.
    »Gut«, sagte er. »Ich hole meine Leute aus der Gaststube und lasse umladen.«
    Er winkte Sobrun herbei.
    Nessa sah Lacan derweil an. »Ihr solltet gleichfalls Euer Kostüm holen. Oder seid Ihr zu müde von der Reise?«
    »Zu müde   … wohl kaum«, sagte Lacan. »Aber ich habe kein Kostüm.«
    »Das ist sträflich.« Nessa schlug ihn leicht mit dem Fächer. »Man merkt, dass Ihr ein fremder Landräuber seid.«
    Lacan lächelte gequält. »Merkt man das?«
    »Was habt Ihr denn früher gemacht?«, fragte Nessa. »Wart Ihr nie zum Feiern in Meerbergen?«
    »Einmal   … glaube ich. Wir haben das Fest des Lebens meist auf unserem Gut begangen.«
    »Daran sollten wir etwas ändern   – bevor Euer Vater kommt und ihr Euch nicht mehr in der Stadt blicken lassen könnt. Ich nehme Euch heute Abend mit und zeige Euch, was das Maskenfest in Meerbergen zu bieten hat.«
    »Ihr seid zu gütig, Fräulein von Erlingen.«
    Nessa klappte den Fächer zusammen. Sie stieß ihm die Spitze vor die Brust. »Versprecht Euch nicht zu viel, Herr Ritter. Ich verhelfe Euch nur zu einem anständigen Kostüm. Und suche Euch einen Ball, zu dem Ihr Zutritt bekommt. Als kleine Gegenleistung, weil wir gemeinsam hier in die Stadt gereist sind   … Und aus Mitleid.« Sie grinste.
    »Ein Ball«, sagte Lacan. »Bei Euren Gastgebern?«
    Nessa schüttelte den Kopf. »Da erhaltet Ihr als Sohn des Kanzlers gewiss keinen Einlass. Die Leerwieters sind Patrizier und Mitglieder im Stadtrat.«
    Lacan dachte an die Äbtissin und künftige Metropolitin von Meerbergen. »Vielleicht ist die Sache so einfach nicht«, sagte er. »Ein Krieg kann das ganze Land zerreißen. Womöglich steht nicht jedes Ratsmitglied so treu zur Stadt, wie Ihr glaubt.«
    »Womöglich nicht«, sagte Nessa. »Und womöglich wird sich auch Eurem Vater der eine oder andere Verbündete unerwartet in den Weg stellen. Aber wenn Ihr weiter nur darüber reden wollt, dann werdet Ihr heute Abend doch allein feiern müssen, das verspreche ich Euch.«

1.4.963 – MEERBERGEN, AM MORGEN
    M eerbergen hatte keine Arena, aber einen Turnier- und Festspielplatz,

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