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Das Schwert des Sehers

Das Schwert des Sehers

Titel: Das Schwert des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Loy
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Richtung. Der Mann fluchte. Dauras öffnete die Augen und ließ das Rad der Schubkarre in die Gosse rutschen, sodass sie halb umkippte.
    Zwei Männer bewegten sich vor ihm. Der eine stand mit einem Bein auf der Straße und hielt die Schubkarre an der Kante fest. Ein weiterer Mann trat von dem Turm her auf ihn zu. Dauras bemerkte den Umriss der Eingangstür neben ihm. Jetzt, wo die Männer sich bewegten, sah er sie sehr gut, und das war der Plan gewesen.
    »Entschuldigung, meine Herren«, sagte er.
    »Er hat gepennt«, rief der Krieger auf der Straße seinem Kameraden zu. »Ich hab’s genau gesehen. Er kam mit geschlossenen Augen die Straße runter und hat mir das Ding fast über die Füße gerollt.«
    »Geh einfach weiter«, sagte der zweite Mann.
    Dauras sah dessen Armbewegung. Die Hand des Kriegers lag auf dem Schwertgriff.
    Außer ihnen regte sich nichts auf der Straße, und die beiden Männer schienen die einzigen Wachen zu sein. Am letzten Tag des Maskenfestes waren viele Menschen erschöpft, und wer sich am Vormittag aufraffen konnte, der besuchte das Turnier. Meris hatte den Zeitpunkt gut gewählt.
    Dauras tat so, als wollte er die Schubkarre aus der Gosse schieben. Er schrammte mit den Rädern am Bordstein entlang. Dabei ließ er die Griffe halb aus den Händen rutschen.
    »Vorsicht!«, rief er. »Entschuldigt, meine Herren, die Karre kippt um   …«
    Dauras fasste nach der Schubkarre. Der Krieger neben ihm packte ebenfalls zu, um zu helfen.
    »Verdammt«, fluchte der. »Hast du zu viel gesoffen gestern, Bursche, oder bist du so blöd?«
    Dauras streckte die Hand aus, schob sie unter die Lumpen auf der Karre und tastete nach dem Griff des Schwertes, das dort verborgen lag. Dann hob er es hoch und stieß es dem Mann auf der anderen Seite der Schubkarre ins Herz.
    Die Karre stürzte um. Dauras sprang zurück. Der Körper seines Gegners sackte nach vorn. Der zweite Wachposten eilte überrascht herbei, aber er zog die Waffe nicht. Er verstand nicht gleich, was vor sich ging: Er sah seinen Gefährten straucheln, die Schubkarre kippen, sah Lumpen aus dem Wagen fallen   … Doch diese Lumpen verdeckten die Klinge in Dauras’ Hand, und der zweite Krieger bemerkte die Waffe zu spät.
    Dauras holte aus und hieb zu. Der Mann ging zu Boden wie ein gefällter Baum. Er röchelte und gurgelte und zuckte mit den Beinen. Die Klinge hatte ihm die Kehle durchgeschnitten.
    Dauras sah das Blut spritzen, ein so wundervoll sattes Rot, dass er einen Moment innehielt, um es zu betrachten. Dann nahm er einen Armvoll von den Lumpen, die von der Karre gefallen waren, und warf sie über den Kopf des Sterbenden, sodass das Blut darin versickerte. Er hieb noch einmal zu, und es wurde ruhig unter dem Lumpenhaufen.
    Dauras richtete die Schubkarre wieder auf und zog die beiden toten Wächter darauf.
    Dann lief er zum Turm, die Karre hinter sich her ziehend. Die Tür war nicht verriegelt, und Dauras öffnete sie einen Spaltbreit. Dahinter lauerten ein düsterer Flur und ein Treppenhaus. Dauras stellte die Schubkarre mit dem Toten vor der Tür ab und zog die beiden Leichen in den Turm. Mit den Lumpen, die noch auf der Straße lagen, wischte er die Blutspur auf. Es blieb ein roter Streifen, der auf die Tür wies wie ein Pfeil.
    Dauras betrachtete ihn kurz und zuckte die Achseln.
    Als er drinnen war, schloss er die Tür und legte den Riegel vor, der daneben an der Wand lehnte. Als Nächstes verriegelte er auch die Hintertür und verkeilte einen dritten Zugang, der zu weiteren Räumlichkeiten im Erdgeschoss führte, mit der Schubkarre. Hinter der inneren Türe hörte Dauras Stimmen und das Klappern von Geschirr. Doch offenbar hatte niemand etwas bemerkt.
    Er nahm sein Schwert auf und stürmte brüllend die Treppe hinauf.
    Im ersten Stock sah er eine Tür, die aufschwang. Er erkannte rosige Haut und schlichte Kleidung, und er sah ein Schwert aufblitzen. Dauras schlug es beiseite und erstach den Mann, der es führte. Dann lauschte er an der Tür und blickte schließlich in den Raum. Er zögerte.
    Dauras wusste um seine Schwäche: Wenn jemand sich hier versteckt hielt und sich nicht regte, konnte er ihn leicht übersehen. Er musste sich einfach darauf verlassen, dass sein Gebrüll die Gegner aufschreckte, sodass sie heraussprangen.
    Er rannte weiter.
    Das nächste Geschoss war leer. Eine weitere Tür neben der Treppe blieb geschlossen. Dauras blinzelte. Es war düster in dem Treppenhaus. Nur eine schmale Öffnung in der Mauer, so groß wie eine

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