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Das Schwert in Der Stille

Das Schwert in Der Stille

Titel: Das Schwert in Der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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war es also. Ich hatte einen gewissen Verdacht, aber uns fehlten die Beweise.« Nach einer Weile fügte er hinzu: »Jemand muss wirklich meinen Tod wünschen. Hatte Iida ihn angeheuert?«
    »Shintaro hat eine Zeit lang für die Tohan gearbeitet. Aber ich glaube nicht, dass Iida dich heimlich ermorden ließe. Wahrscheinlich würde er das Ereignis lieber mit eigenen Augen sehen. Wer sonst wünscht deinen Tod?«
    »Einer oder zwei fallen mir ein«, antwortete der Lord.
    »Es war kaum zu glauben, dass Shintaro versagt hat«, fuhr Kenji fort. »Wir mussten herausbekommen, wer der Junge ist. Wo hast du ihn gefunden?«
    »Was erzählt dir der Wind?« Lord Shigeru lächelte immer noch.
    »Die offizielle Geschichte natürlich: dass er ein ferner Verwandter deiner Mutter ist. Dann die abergläubische: dass du den Verstand verloren hast und glaubst, er sei dein Bruder, der zu dir zurückgekehrt ist. Und die zynische: dass er dein Sohn ist, den eine Bauersfrau im Osten geboren hat.«
    Lord Shigeru lachte. »Ich bin noch nicht einmal doppelt so alt wie er. Dann hätte ich ihn mit zwölf gezeugt. Er ist nicht mein Sohn.«
    »Nein, offenbar nicht, und trotz seines Aussehens glaube ich nicht, dass er ein Verwandter oder ein Zurückgekehrter ist. Jedenfalls muss er vom Stamm sein. Wo hast du ihn gefunden?«
    Haruka, eines der Dienstmädchen, kam und zündete die Lampen an, und sofort taumelte eine große blaugrüne Mondmotte herein und flog auf die Flamme zu. Ich stand auf, fing sie in der Hand, spürte ihre pudrigen Flügel schlagen und ließ sie in die Nacht hinaus; bevor ich mich wieder setzte, schob ich die Fenster zu.
    Lord Shigeru antwortete Kenji nicht, und Haruka kam mit dem Tee zurück. Kenji schien weder wütend noch enttäuscht. Er bewunderte die Teeschalen, einfache rosa getönte Stücke aus der Gegend, und trank dann schweigend, doch er beobachtete mich die ganze Zeit.
    Schließlich stellte er mir eine direkte Frage: »Sag mir, Takeo, hast du als Kind lebendigen Schnecken die Häuser abgezogen oder Krabben die Klauen ausgerissen?«
    Ich verstand die Frage nicht. »Vielleicht«, sagte ich und tat, als würde ich trinken, obwohl meine Schale leer war.
    »Hast du es getan?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Meine Mutter hat mir gesagt, dass es grausam wäre.«
    »Das dachte ich mir.« Er klang etwas traurig, als würde er mich bedauern. »Kein Wunder, dass du versucht hast, mich abzuwehren, Shigeru. Ich spüre etwas Weiches in dem Jungen, einen Widerwillen gegen Grausamkeit. Er wurde bei den Verborgenen erzogen.«
    »Ist das so offensichtlich?«, fragte Lord Shigeru.
    »Nur für mich.« Kenji saß mit gekreuzten Beinen da, die Augen zusammengekniffen, einen Arm auf dem Knie. »Ich glaube, ich weiß, wer er ist.«
    Lord Shigeru seufzte, sein Gesicht wurde ruhig und wachsam. »Dann solltest du es uns lieber sagen.«
    »Er hat alle Kennzeichen eines Kikuta: die langen Finger, die gerade Linie über der Handfläche, das scharfe Gehör. Es kommt plötzlich, in der Jugend, manchmal begleitet von Sprachverlust, meistens vorübergehend, manchmal anhaltend…«
    »Das erfinden Sie!« Ich konnte nicht länger still bleiben. Eine Art Entsetzen bemächtigte sich meiner. Ich wusste nichts von dem Stamm, außer dass der Attentäter einer von ihnen gewesen war, aber mir war, als würde Muto Kenji vor mir eine dunkle Tür öffnen, die mir Grauen einflößte.
    Lord Shigeru schüttelte den Kopf. »Lass ihn reden. Es ist von großer Wichtigkeit.«
    Kenji beugte sich vor und wandte sich direkt an mich. »Ich werde dir von deinem Vater erzählen.«
    Lord Shigeru sagte trocken: »Fang lieber mit dem Stamm an. Takeo weiß nicht, was du meinst, wenn du sagst, dass er offensichtlich ein Kikuta ist.«
    »Wirklich?« Kenji zog eine Augenbraue hoch. »Nun, wahrscheinlich sollte mich das nicht überraschen, wenn er von den Verborgenen aufgezogen worden ist. Ich werde mit dem Anfang beginnen. Die fünf Familien des Stamms haben immer existiert. Sie waren vor den Lords und den Clans da. Sie kommen aus einer Zeit, in der die Magie stärker war als die Kraft der Waffen und die Götter noch auf der Erde wandelten. Als die Clans aufkamen und Männer Bündnisse schlossen, die auf Macht beruhten, trat der Stamm keinem bei. Um ihre Begabungen zu erhalten, gingen die Kikuta auf die Straßen und wurden Reisende, Schauspieler und Akrobaten, Hausierer und Zauberer.«
    »Das haben sie wohl am Anfang gemacht«, unterbrach ihn Lord Shigeru. »Aber viele wurden auch

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