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Das Schwert in Der Stille

Das Schwert in Der Stille

Titel: Das Schwert in Der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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kurz von dem Massaker, von Iidas Sturz vom Pferd und den Männern, die mich verfolgt hatten.
    »Es geschah ganz spontan. Die Männer bedrohten mich. Sie waren bewaffnet. Ich verteidigte mich.«
    »Wussten sie, wer du bist?«
    »Wahrscheinlich nicht. Ich war in Reisekleidung, unauffällig. Es wurde gerade dunkel, es regnete.«
    »Aber du wusstest, dass sie Tohan waren?«
    »Sie sagten mir, Iida sei hinter dem Jungen her. Das war für mich Grund genug, ihn zu beschützen.«
    Als wollte er das Thema wechseln, sagte Kenji: »Ich habe gehört, dass Iida ein offizielles Bündnis mit den Otori eingehen will.«
    »Das stimmt. Meine Onkel wollen Frieden schließen, der Clan ist allerdings geteilter Meinung.«
    »Wenn Iida erfährt, dass du den Jungen hast, kommt es nie zu diesem Bündnis.«
    »Du brauchst mir nichts zu sagen, was ich schon weiß«, sagte der Lord mit dem ersten Anzeichen von Ärger.
    »Lord Otori«, sagte Kenji ironisch und verbeugte sich.
    Ein paar Sekunden lang schwiegen beide. Dann seufzte Kenji. »Nun, das Schicksal bestimmt unser Leben, egal, was wir zu planen glauben. Wer immer Shintaro zu dir geschickt haben mag, das Ergebnis ist das gleiche. Innerhalb einer Woche wusste der Stamm von Takeos Existenz. Ich muss dir sagen, dass wir ein Interesse an diesem Jungen haben, das wir nicht aufgeben werden.«
    Meine Stimme klang dünn in meinen Ohren, als ich sagte: »Lord Otori hat mir das Leben gerettet und ich werde ihn nicht verlassen.«
    Der Lord klopfte mir väterlich auf die Schulter. »Ich gebe ihn nicht auf«, sagte er zu Kenji.
    »Vor allem wollen wir, dass er am Leben bleibt«, entgegnete Kenji. »Solange er hier in Sicherheit ist, kann er bleiben. Da ist aber noch etwas. Die Tohan, denen du auf dem Berg begegnet bist - vermutlich hast du sie getötet?«
    »Mindestens einen«, antwortete Lord Shigeru, »möglicherweise zwei.«
    »Einen«, korrigierte ihn Kenji.
    Lord Shigeru zog die Augenbrauen hoch. »Du kennst doch schon alle Antworten. Warum fragst du dann?«
    »Ich muss gewisse Lücken füllen und wissen, wie viel du weißt.«
    »Einer, zwei - was ändert das?«
    »Der Mann, der den Arm verlor, hat überlebt. Er heißt Ando, er war lange einer der engsten Getreuen von Iida.«
    Ich erinnerte mich an den wölfischen Mann, der mich den Pfad bergauf verfolgt hatte, und schauderte wider Willen.
    »Er wusste nicht, wer du bist, und weiß bis jetzt nicht, wo Takeo ist. Aber er sucht euch beide. Mit Iidas Erlaubnis widmet er sich allein der Rache.«
    »Ich freue mich auf unsere nächste Begegnung«, entgegnete Lord Shigeru.
    Kenji stand auf und ging im Zimmer hin und her. Als er sich wieder setzte, war sein Gesichtsausdruck offen und lächelnd, als hätten wir den ganzen Abend nur Witze ausgetauscht und über Gärten geplaudert.
    »Es ist gut«, sagte er. »Jetzt weiß ich genau, in welcher Gefahr sich Takeo befindet, und so kann ich mich darauf konzentrieren, ihn zu schützen und ihm beizubringen, sich selbst zu schützen.« Dann machte er mir gegenüber etwas Erstaunliches: Er verbeugte sich bis zum Boden und sagte: »Solange ich lebe, wirst du in Sicherheit sein. Das schwöre ich dir.« Ich hielt das für Ironie, aber eine Art Maske glitt von seinem Gesicht, und einen Augenblick sah ich den wahren Mann darunter. Es hätte Jato sein können, der lebendig geworden war. Dann verhüllte sich sein Gesicht und Kenji scherzte wieder. »Aber du musst genau tun, was ich dir sage!«
    Er grinste mich an. »Ich vermute, Ichiro ist mit dir überfordert. In seinem Alter sollte er von Bengeln wie dir verschont bleiben. Ich werde deine Erziehung übernehmen. Ich werde dein Lehrer sein.«
    Mit einer pedantischen Bewegung zog er sein Gewand um sich und schürzte die Lippen; sofort wurde er wieder der freundliche alte Mann, den ich vor dem Tor gelassen hatte. »Das heißt, wenn Lord Otori es gnädig erlaubt.«
    »Anscheinend habe ich keine Wahl.« Lord Shigeru goss mehr Wein ein und lächelte offenherzig.
    Ich schaute vom einen Gesicht zum anderen. Wieder staunte ich, wie gegensätzlich sie waren. Kenjis Blick kam mir nicht gerade verächtlich vor, aber er war nicht weit davon entfernt. Jetzt, da ich die Eigenheiten des Stamms so genau kenne, weiß ich, dass Arroganz die Schwäche seiner Angehörigen ist. Sie sind von ihren erstaunlichen Fähigkeiten so eingenommen, dass sie die ihrer Gegner unterschätzen. Doch damals ärgerte mich Kenjis Blick nur.
    Kurz danach kamen die Dienstmädchen, um die Betten auszubreiten und

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