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Das Schwert in Der Stille

Das Schwert in Der Stille

Titel: Das Schwert in Der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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Charakter und zur Stärke ihres Gesichts bei. Jetzt verletzte ihre kalte Miene Kaede tief.
    Sie mag mich nicht, dachte das Mädchen mit einem überwältigenden Gefühl der Enttäuschung.

KAPITEL 5

    Der Schnee schmolz, und Haus und Garten begannen wieder mit dem Wasser zu singen. Ich hatte lesen, schreiben und zeichnen gelernt. Ich hatte gelernt, auf viele verschiedene Arten zu töten, obwohl ich noch keine angewandt hatte. Ich spürte, dass ich die Herzen der Menschen, ihre Absichten hören konnte, und ich hatte mir andere nützliche Fertigkeiten angeeignet, die allerdings weniger von Kenji gelehrt als aus mir herausgeholt worden waren. Ich konnte an zwei Orten zugleich sein und mich unsichtbar machen, und ich konnte Hunde zum Schweigen bringen mit einem Blick, der sie sofort einschläferte. Diesen letzten Trick entdeckte ich allein und verheimlichte ihn vor Kenji, denn er brachte mir neben allem anderen auch Verschlagenheit bei.
    Diese Fertigkeiten wandte ich immer dann an, wenn ich genug davon hatte, ans Haus gefesselt zu sein, genug von dem harten Programm aus Lernen, Üben und Gehorsam meiner beiden strengen Lehrer. Ich fand es kinderleicht, die Wachen abzulenken, die Hunde einzuschläfern und mich ungesehen durchs Tor zu stehlen. Selbst Ichiro und Kenji waren mehr als einmal überzeugt davon, dass ich still mit Tusche und Pinsel irgendwo im Haus sitzen würde, während ich mit Fumio unterwegs war. Wir erkundeten die Hintergassen am Hafen, schwammen im Fluss, hörten Seeleuten und Fischern zu. Und wir atmeten die berauschende Mischung aus Salzluft und dem Geruch nach Hanfseilen, Netzen und Meeresfrüchten aller Art ein, die roh, gekocht, geröstet, zu kleinen Klößen oder herzhaften Eintöpfen verarbeitet waren und unsere Mägen vor Hunger knurren ließen. Ich fing die verschiedensten Dialekte auf, aus dem Westen, von den Inseln, selbst vom Festland, und hörte Gespräche, von denen keiner wusste, dass sie belauscht werden konnten. Dabei lernte ich immer viel über das Leben der Menschen, ihre Ängste und ihre Wünsche.
    Manchmal ging ich allein weg und überquerte den Fluss entweder auf dem Fischwehr oder schwimmend. Ich erkundete die Ländereien auf der anderen Seite, indem ich weit ins Bergland hineinging, wo Bauern ihre geheimen Felder zwischen Bäumen versteckten, so dass sie unentdeckt und deshalb unbesteuert waren. Ich sah die neuen grünen Blätter im Dickicht knospen und hörte, wie die Kastanienwäldchen von brummenden Insekten belebt wurden, die den Pollen auf den goldenen Weidenkätzchen suchten. Ich hörte auch die Bauern wie Insekten brummen, weil sie endlos über die Otorilords und die ständig drückender werdende Steuerlast murrten. Und immer wieder fiel Lord Shigerus Name, und ich erfuhr, wie aufgebracht mehr als die Hälfte der Bevölkerung darüber war, dass seine Onkel und nicht er im Schloss regierten. Das war Hochverrat, der nur nachts oder tief im Wald geäußert wurde, wenn niemand es hören konnte außer mir, und ich sagte niemandem etwas davon.
    Der Frühling brach in der Landschaft aus; die Luft war warm, die ganze Erde lebendig. Mich erfüllte eine Ruhelosigkeit, die ich nicht verstand. Ich suchte etwas, hatte aber keine Ahnung, was es war. Kenji nahm mich mit ins Vergnügungsviertel, und ich schlief dort mit Mädchen, ohne ihm zu erzählen, dass ich schon mit Fumio in denselben Häusern gewesen war. Meine Sehnsucht wurde dort nur kurz gestillt. Die Mädchen lösten in mir ebenso viel Mitleid wie Lust aus. Sie erinnerten mich an die Mädchen, mit denen ich in Mino aufgewachsen war. Sehr wahrscheinlich kamen sie aus ähnlichen Familien und waren von ihren Hunger leidenden Eltern zur Prostitution verkauft worden. Manche von ihnen waren kaum aus den Kinderschuhen heraus, und ich suchte in ihren Gesichtern nach den Zügen meiner Schwestern. Oft überkam mich Scham, aber ich besuchte das Viertel weiterhin.
    Die Frühlingsfeste kamen; sie füllten die Schreine und die Straßen mit Menschen. Die Trommeln riefen jede Nacht, die Trommler waren über die Erschöpfung hinaus besessen, ihre Gesichter und ihre Arme glänzten von Schweiß im Laternenlicht. Ich konnte dem Fieber der Festlichkeiten, der rasenden Verzückung der Menge nicht widerstehen. Eines Nachts war ich mit Fumio unterwegs gewesen; wir waren der Gottesstatue gefolgt, die mühselig von einer Masse erregter Männer durch die Straßen getragen wurde. Gerade hatte ich mich von Fumio verabschiedet, da wurde ich gegen jemanden

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