Das Schwert in Der Stille
zerdrückte dabei die Kleider um sich herum. »Danke, Lady, Sie werden es nie bereuen!«
Als sie sich aufsetzte, murmelte sie: »Die Leute sagen, Hauptmann Arai interessierte sich sehr für Lady Shirakawa. Sie reden von seiner Hochachtung vor ihrer Ehre.«
»Kennst du Arai?«, fragte Kaede scharf.
»Ich komme aus seiner Stadt, Lady. Aus Kumamoto.«
Junko lächelte übers ganze Gesicht. »Ich kann mich beruhigt von Ihnen verabschieden, wenn ich weiß, dass Shizuka sich um Sie kümmert.«
So wurde Shizuka ein Teil von Kaedes Leben, irritierend und amüsant zugleich. Sie liebte Klatsch, verbreitete Gerüchte ohne die geringsten Bedenken, verschwand ständig in den Küchen, den Ställen, dem Schloss und kam voll neuer Geschichten zurück. Sie war bei allen beliebt und hatte keine Angst vor Männern. Soweit Kaede sehen konnte, hatten sie mehr Angst vor ihr, sie fürchteten ihre Neckereien und ihre scharfe Zunge. Auf den ersten Blick wirkte sie schlampig, doch um Kaede kümmerte sie sich mit größter Sorgfalt. Shizuka massierte Kaedes Kopfschmerzen weg, brachte Salben aus Kräutern und Bienenwachs für ihre samtweiche Haut, zupfte ihre Augenbrauen zu einer gefälligeren Form. Kaede lernte, sich auf sie zu verlassen, und allmählich vertraute sie ihr. Shizuka brachte sie dazu, wider Willen zu lachen, und ihr verdankte sie die Verbindung mit der Welt draußen, von der sie abgeschnitten gewesen war.
So erfuhr Kaede von den gespannten Beziehungen zwischen den Clans, dem bitteren Groll, der nach der Schlacht von Yaegahara geblieben war, den Bündnissen, die Iida mit den Otori und den Seishuu zu schließen versuchte, dem ständigen Hin und Her von Männern, die um Stellungen wetteiferten und wieder einen Krieg vorbereiteten. Zum ersten Mal hörte sie auch von den Verborgenen, die Iida verfolgte und auch von seinen Verbündeten verfolgt sehen wollte.
Kaede hatte nicht gewusst, dass es solche Menschen gab, und zuerst dachte sie, Shizuka habe sie erfunden.
Dann flüsterte ihr Shizuka eines Abends ungewöhnlich bedrückt zu, dass Männer und Frauen in einem kleinen Dorf gefasst und in Korbkäfigen zu Noguchi gebracht worden seien. Die sollten von den Schlossmauern hängen, bis die Insassen verhungert und verdurstet wären. Die Krähen würden schon an ihnen picken, solange sie noch lebten.
»Warum? Welches Verbrechen haben sie begangen?«, fragte Kaede.
»Sie sagen, es gibt einen geheimen Gott, der alles sieht und den sie weder beleidigen noch verleugnen können. Lieber würden sie sterben.«
Kaede schauderte. »Warum hasst Lord Iida sie so?«
Shizuka schaute über die Schulter, obwohl sie allein im Zimmer waren. »Sie sagen, der geheime Gott wird Iida im Nachleben strafen.«
»Aber Iida ist der mächtigste Lord in den drei Ländern. Er kann tun, was er will. Sie haben kein Recht, über ihn zu urteilen.« Die Vorstellung, dass gewöhnliche Dorfbewohner die Handlungen eines Lords kritisierten, erschien Kaede absurd.
»Die Verborgenen glauben, dass für ihren Gott alle Menschen gleich sind. Für ihren Gott gibt es keine Lords. Nur Menschen, die an ihn glauben, und andere, die nicht an ihn glauben.«
Kaede verzog das Gesicht. Kein Wunder, dass Iida sie ausrotten wollte. Sie hätte noch mehr gefragt, aber Shizuka wechselte das Thema.
»Lady Maruyama wird jetzt täglich erwartet. Dann gehen wir auf unsere Reise.«
»Es wird gut sein, diesen Ort des Todes zu verlassen«, sagte Kaede.
»Der Tod ist überall.« Shizuka nahm den Kamm und zog ihn langsam und gleichmäßig durch Kaedes Haar. »Lady Maruyama ist eine nahe Verwandte von Ihnen. Sind Sie ihr als Kind begegnet?«
»Ich erinnere mich nicht daran. Ich glaube, sie ist die Kusine meiner Mutter, aber ich weiß sehr wenig über sie. Hast du sie je kennen gelernt?«
»Ich habe sie gesehen«, sagte Shizuka lachend. »Leute wie ich lernen Leute wie sie nicht kennen!«
»Erzähl mir von ihr.«
»Wie Sie wissen, besitzt sie große Ländereien im Südwesten. Ihr Mann und ihr Sohn sind tot, und ihre Tochter, die einmal erben wird, lebt als Geisel in Inuyama. Es ist bekannt, dass die Lady keine Freundin der Tohan ist, obwohl ihr Ehemann aus diesem Clan stammte. Ihre Stieftochter ist mit Iidas Vetter verheiratet. Es gab Gerüchte, dass seine Familie nach dem Tod ihres Mannes ihren Sohn vergiftet hat. Zuerst schlug Iida der Lady vor, seinen Bruder zu heiraten, aber sie lehnte ab. Jetzt heißt es, dass er sie selbst heiraten will.«
»Bestimmt ist Iida schon verheiratet und
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