Das Schwert in Der Stille
überkam mich und ernüchterte mich völlig. Er sagte: »Ich nehme an, wir müssen das Schlimmste erfahren.«
»Wovor hat das Pferd gescheut?«, fragte Kenji.
»Vor meiner eigenen Nervosität. Aber als es scheute, habe ich den Einarmigen gesehen.«
»Ando. Ich habe ihn auch gesehen. Ich wusste nicht, ob du ihn bemerkt hast; du hast es dir nicht anmerken lassen.«
»Hat er Takeo erkannt?«, fragte Lord Shigeru sofort.
»Er hat euch beide einen Augenblick lang aufmerksam betrachtet und dann getan, als sei er nicht weiter an euch interessiert. Aber allein die Tatsache, dass er hier ist, lässt vermuten, dass er etwas gehört hat.« Kenji schaute mich an. »Dein Hausierer muss geredet haben!«
»Ich bin froh, dass die Adoption jetzt rechtmäßig ist«, sagte Shigeru. »Das gibt dir einen gewissen Schutz.«
Ich wusste, dass ich ihm von dem belauschten Gespräch erzählen sollte, aber es fiel mir schwer, von der Gemeinheit der beiden Herren überhaupt zu reden. »Verzeihen Sie mir, Lord Otori«, fing ich an, »ich habe eine private Unterhaltung Ihrer Onkel mitgehört.«
»Ich nehme an, während du die Haushaltsmitglieder gezählt - oder falsch gezählt - hast«, entgegnete er trocken. »Haben sie über die Hochzeit gesprochen?«
»Wer soll heiraten?«, fragte Kenji.
»Ich soll offenbar eine Ehe schließen, um das Bündnis mit den Tohan zu besiegeln«, erklärte Shigeru. »Die fragliche Dame ist eine Schutzbefohlene von Lord Noguchi, sie heißt Shirakawa.«
Kenji zog die Augenbrauen hoch, sagte aber nichts. Shigeru fuhr fort: »Meine Onkel haben mir klar gemacht, dass Takeos Adoption von dieser Heirat abhängt.« Er schaute in die Dunkelheit. »Ich stecke zwischen zwei Verpflichtungen. Beide kann ich nicht erfüllen, aber ich kann mich auch keiner entziehen.«
»Takeo sollte uns sagen, was die Otorilords besprochen haben«, murmelte Kenji.
Ich fand es leichter, mich an ihn zu wenden. »Die Heirat ist eine Falle. Durch sie soll Lord Shigeru aus Hagi entfernt werden, wo seine Popularität und sein Widerstand gegen das Bündnis mit den Tohan den Clan spalten könnten. Jemand behauptete, dass Arai Iida im Westen herausfordert. Wenn die Otori ihm Beistand leisten würden, wäre Iida zwischen ihnen gefangen.« Ich verstummte, dann fragte ich Shigeru: »Weiß Lord Otori das alles?«
»Ich bin mit Arai in Verbindung. Erzähl weiter.«
»Lady Shirakawa hat den Ruf, Männern den Tod zu bringen. Ihre Onkel planen…«
»Mich zu ermorden?«, fragte er sachlich.
»Ich sollte so Schandbares nicht berichten müssen«, murmelte ich, mein Gesicht brannte. »Sie waren es, die Shintaro bezahlt haben.«
Draußen schrillten die Zikaden. Schweiß stand mir auf der Stirn, es war sehr drückend und still, eine dunkle Nacht ohne Mond oder Sterne. Der Fluss roch widerlich und schlammig, ein uralter Geruch, so uralt wie Verrat.
»Ich wusste, dass sie mich nicht besonders lieben«, sagte Shigeru. »Aber Shintaro auf mich zu hetzen! Sie müssen mich wirklich für gefährlich halten.« Er klopfte mir auf die Schulter. »Ich habe Takeo viel zu verdanken. Ich bin froh, dass er in Inuyama bei mir sein wird.«
»Du scherzt«, rief Kenji. »Du kannst Takeo nicht dorthin mitnehmen!«
»Es sieht so aus, als müsste ich nach Inuyama, und ich fühle mich sicherer, wenn er bei mir ist. Überhaupt ist er jetzt mein Sohn. Er muss mich begleiten.«
»Versuchen Sie nur, mich zurückzulassen!«, warf ich ein.
»Du hast also vor, Shirakawa Kaede zu heiraten?«, fragte Kenji.
»Kennst du sie, Kenji?«
»Ich habe von ihr gehört. Wer nicht? Sie ist kaum fünfzehn und sehr schön, heißt es.«
»In diesem Fall tut es mir Leid, dass ich sie nicht heiraten kann«, sagte Shigeru leichthin, fast scherzend. »Aber es schadet nichts, wenn jeder wenigstens eine Zeit lang glaubt, dass ich es tun werde. Es wird Iidas Aufmerksamkeit ablenken und uns ein paar zusätzliche Wochen geben.«
»Was hält dich davon ab, wieder zu heiraten?«, fragte Kenji. »Du hast gerade von zwei Verpflichtungen gesprochen, zwischen denen du steckst. Da du der Heirat zugestimmt hast, damit die Adoption erfolgt, nehme ich an, dass Takeo für dich an erster Stelle steht. Du bist doch nicht bereits heimlich verheiratet, oder?«
»So gut wie«, gab Shigeru nach einer Pause zu. »Es betrifft einen anderen Menschen.«
»Sagst du mir, wen?«
»Ich habe es so lange geheim gehalten, dass ich nicht weiß, ob ich das über mich bringe«, antwortete Shigeru. »Takeo kann es dir sagen,
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