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Das Schwert in Der Stille

Das Schwert in Der Stille

Titel: Das Schwert in Der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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wenn er es weiß.«
    Kenji schaute mich an. Ich schluckte und flüsterte: »Lady Maruyama?«
    Shigeru lächelte. »Seit wann weißt du das?«
    »Seit dem Abend, an dem wir die Lady in der Herberge in Chigawa getroffen haben.«
    Zum ersten Mal sah ich, dass Kenji wirklich überrascht war. »Die Frau, für die Iida entflammt ist und die er heiraten will? Wie lange geht das schon?«
    »Das wirst du mir nicht glauben«, sagte Shigeru.
    »Ein Jahr? Zwei?«
    »Seit ich zwanzig war.«
    »Das müssen fast zehn Jahre sein!« Kenji schien ebenso überrascht darüber, dass er nichts von dem Verhältnis gewusst hatte, wie über die Neuigkeit selbst. »Noch ein Grund für dich, Iida zu hassen.« Verwundert schüttelte er den Kopf.
    »Es ist mehr als Liebe«, erklärte Shigeru ruhig. »Wir sind auch Verbündete. Sie und Arai beherrschen die Seishuu und den Südwesten. Wenn die Otori sich mit ihnen zusammentun, können wir Iida besiegen.« Er hielt inne; dann fuhr er fort: »Wenn die Tohan die Otoridomäne übernehmen, werden wir die gleiche grausame Verfolgung erleben, vor der ich Takeo in Mino gerettet habe. Ich kann nicht zusehen, wie Iida meinem Volk seinen Willen aufzwingt, mein Land verwüstet, meine Dörfer zerstört. Meine Onkel - und Iida selbst - wissen, dass ich mich dem nie fügen werde. Deshalb wollen sie mich vom Schauplatz entfernen. Iida hat mich in seinen Bau eingeladen, wo er mich mit großer Wahrscheinlichkeit töten lassen will. Ich habe vor, das zu meinen Gunsten auszunutzen. Welche bessere Möglichkeit gibt es schließlich, nach Inuyama zu kommen?«
    Kenji starrte ihn besorgt an. Ich sah im Lampenlicht Shigerus aufrichtiges Lächeln. Er hatte etwas Unwiderstehliches. Sein Mut entflammte mein Herz. Ich verstand, warum die Menschen ihn liebten.
    »Das sind Dinge, die den Stamm nichts angehen«, sagte Kenji schließlich.
    »Ich war ehrlich zu dir; ich rechne damit, dass dies alles unter uns bleibt. Lady Maruyamas Tochter ist als Geisel bei Iida. Davon abgesehen wäre ich außer für deine Verschwiegenheit auch für deine Hilfe dankbar.«
    »Ich würde dich nie verraten, Shigeru, aber, wie du selbst sagst, befinden wir uns manchmal in einem Loyalitätskonflikt. Ich kann dir gegenüber nicht so tun, als wäre ich nicht vom Stamm. Takeo ist ein Kikuta. Früher oder später werden die Kikuta ihn für sich in Anspruch nehmen. Dagegen kann ich nichts tun.«
    »Takeo muss sich entscheiden, wenn die Zeit gekommen ist«, sagte Shigeru.
    »Ich habe dem Clan der Otori Treue geschworen«, erklärte ich. »Nie werde ich Sie verlassen, und ich werde alles tun, worum Sie mich bitten.«
    Denn ich sah mich schon in Inuyama, wo Lord Iida Sadamu hinter seinem Nachtigallenboden lauerte.

KAPITEL 6

    Kaede hatte Schloss Noguchi ohne Bedauern und mit wenig Hoffnung für die Zukunft verlassen, aber weil sie in den acht Jahren als Geisel kaum aus seinen Mauern herausgekommen war und erst fünfzehn Jahre zählte, war sie entzückt von allem, was sie sah. Die ersten Meilen wurden sie und Lady Maruyama in Sänften getragen, doch von dem Schwanken wurde ihr übel, und bei der ersten Rast bestand sie darauf, auszusteigen und mit Shizuka zu Fuß zu gehen. Es war Hochsommer, die Sonne brannte herab. Shizuka band Kaede einen Hut auf den Kopf und hielt auch noch einen Sonnenschirm über sie.
    »Lady Shirakawa soll nicht so braun wie ich vor ihrem Ehemann erscheinen«, bemerkte sie kichernd.
    Bis Mittag reisten sie, ruhten sich eine Zeit lang in einem Gasthaus aus und zogen dann einige Meilen weiter, bis es Abend wurde. Als sie anhielten, schwirrte Kaede der Kopf von allem, was sie gesehen hatte: dem strahlenden Grün der Reisfelder, die glatt und üppig wirkten wie der Pelz eines Tieres; den weiß schäumenden Flüssen, die neben der Straße dahinhasteten; den Bergen, die vor ihnen aufstiegen, Kette um Kette in ihrem reichen Sommergrün, das von dem Karminrot wilder Azaleen durchzogen war. Und den Menschen auf der Straße, Leuten aller Art und von unterschiedlichem Aussehen: Kriegern in Rüstungen, mit Schwertern bewaffnet, auf temperamentvollen Pferden; Bauern, die alle möglichen unbekannten Dinge trugen; Ochsenwagen und Packpferden, Bettlern und Hausierern.
    Kaede durfte sie nicht anstarren, und die Leute hatten sich bis zum Boden zu verbeugen, während die Reisegesellschaft vorbeizog, doch von beiden Seiten gab es viele verstohlene Blicke.
    Die Damen wurden von Lady Maruyamas Gefolgsleuten begleitet. Ihr Anführer, ein Mann namens Sugita,

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