Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schwert - Thriller

Das Schwert - Thriller

Titel: Das Schwert - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
hinter Wollmasken und grünen Stirnbändern, Kinder, die vor anrollenden Panzern flohen, die Blicke ihrer jüdischen Kollegen, wenn es wieder einmal einen Terroranschlag gegeben hatte. Verdrängte Gefühle drohten sie zu übermannen. Sie schlug die Augen auf und befand sich wieder in der Gegenwart.
    »Ich hatte Alpträume im Bunker«, fuhr sie fort, »und Naomi wurde jede Nacht davon gequält. Ich habe so oft bei ihr geschlafen, wie es sich ermöglichen ließ. Bei mir war es zum Teil eine Reaktion auf die Zeit, als ich mich bereits damit abgefunden hatte, als Selbstmordattentäterin zu sterben. Im Bunker brauchte ich vielleicht keine Todesangst zu haben, aber ich lebte in ständiger Furcht vor Mohammed al-Masri. Er ist bereit, alles zu vernichten, was ihn daran hindert, sein Ziel zu erreichen.
    Einige der Männer in seiner Umgebung sind kaum noch zurechnungsfähig. Fünfmal täglich vollziehen sie die rituellen Waschungen und beten. Mitten in der Nacht, zur kältesten Stunde des Tages, stehen sie aus dem Bett auf und beten wieder. Sie führen endlose Debatten darüber, wie sie das Gesetz der Scharia anwenden wollen, sobald das Kalifat errichtet ist. Sie tun, als wären sie die bescheidensten und demütigsten aller Menschen. Sie träumen vom Tod, als wäre er das Erstrebenswerteste aller Dinge, und ersehnen ihn voller Inbrunst. Doch bei der kleinsten Widrigkeit fangen sie an, die Fäuste zu schütteln und toben und schreien nach Blut. Ich fürchtete die ganze Zeit, eines Nachts würde einer von ihnen in mein Zimmer kommen, um mich zu töten oder mir Gewalt anzutun, oder beides. Oft habe ich kein Auge zugetan.«
    »Seit Emilia getötet wurde und ich glauben musste, auch Naomi wäre tot, kann ich nicht mehr ruhig schlafen«, sagte er. »Die furchtbaren Bilder verfolgen mich bis in meine Träume.«
    »Wie vorhin?«
    Nach kurzem Zögern nickte er. Er spürte den Wunsch, ihr sein Herz auszuschütten, gleichzeitig fürchtete er, etwas zu sagen, dass sie veranlasste, aufzustehen und wegzugehen.
    Er schwieg also und hörte zu, wie sie ihm ihre Geschichte erzählte. Zwei Fremde unter dem Schatten des Todes. Anschließend schilderte er ihr, wie er Emilias Leiche gefunden hatte und neben ihr das tote Mädchen, grausam entstellt, so dass er selbstverständlich annahm, es sei seine Tochter. Samiha war der erste Mensch, dem gegenüber er sich so rückhaltlos öffnen konnte. Ihre Augen ließen ihn nicht los, während er redete.
    Gerade war er zu Ende gekommen, und sie saßen sich stumm gegenüber, da drangen von oben Geräusch zu ihnen herab. Wiederholtes Poltern, dann Scharren. Stille, dann flehende Stimmen. Das laute Weinen einer Frau. Und von überall und nirgends kommend, Schmerzensschreie aus der Kehle eines Mannes.
    Sie weckten Dschamila. Sie holte die Pistolen hervor und drückte Jack eine davon in die Hand.
    »Bleib hier unten«, sagte er zu Samiha und war ohne es zu merken, ins Du verfallen. »Dschamila und ich sind dafür ausgebildet, mit unangenehmen Situationen fertig zu werden.« Es sollte beruhigend klingen, doch insgeheim glaubte er, dass sie in der Falle saßen.
    Jack ging voran in die Sakristei und von dort in den heiligen Bereich mit den drei Altären und den Bänken, auf denen während des Gottesdienstes die Priester saßen. Nachder Abgeschiedenheit der Krypta umfing sie im Altarraum eine weitere Dimension feierlicher Ruhe. Die Stille übte eine eigene Faszination aus. Jack blieb stehen wie jemand, der am Rand eines tiefen Wassers oder einer Waldlichtung den Schritt verhält. Die Luft war weihrauchgeschwängert, das Licht reines Gold. Er hielt den Atem an, bewahrte die heiligen Wohlgerüche in Nase und Hals: Zedern- und Sandelholz, Olibanum und Labdanum, Myrrhe und duftende Harze.
    Hinter ihm stand Dschamila, verstummt vor dem sakralen Schweigen, das den Raum erfüllte, vor der Aura der Gottesnähe, den schweren balsamischen Düften, dem weihevollen Frieden der Stätte.
    Auf Zehenspitzen schlüpfte er zwischen den Altarschirmen hindurch. Gold und Edelsteine glommen matt. Die Antlitze der Heiligen bebten im Halbdunkel, die Augen auf Gott gerichtet.
    Sie schlichen weiter, und Jack hörte eine Frau weinen. Nein, nicht nur eine Frau, auch Kinder.
    Wieder schrie der Mann, ein Schrei, der ihnen durch Mark und Bein ging. Dann die Stimme desselben Mannes in verzweifeltem Gebet zu Gott, Schweigen, dann wieder ein Schrei, lauter diesmal, viel lauter und vergehend in erbarmungswürdigem Schluchzen. Und die Frau schrie nun

Weitere Kostenlose Bücher