Das Schwert - Thriller
blickte er über den Sicherheitswall auf die imposante Residenz des Britischen Botschafters. Das langgestreckte weiße Gebäude mit den hohen Fenstern und glänzendem Pediment kündete von den Tagen, als Ägypten quasi eine britische Kolonie gewesen war. Die meisten anderen Botschaften wirkten dagegen wie aufgehübschte Bruchbuden. Einst war sie das Regierungszentrum des Landes gewesen, und mochten auch diese glanzvollen Tage vergangen sein, präsentierte das diplomatische Corps nach wie vor der Welt eine unerschütterte, hoheitsvolle Fassade.
Er zeigte an der Sperre seinen weinroten Pass vor und noch einmal am Haupteingang. Eine Frau in grauem Hosenanzug erschien und eskortierte ihn in das Innere des Gebäudes. Er kannte sie nicht. An einem Tresen im Foyer nannte er wieder seinen Namen, zeigte zum dritten Mal seinen Pass vor und bat darum, jemanden sprechen zu dürfen in einer, wie er es formulierte, dringenden Sicherheitsangelegenheit.
»Einen Augenblick, bitte.« Der Sekretär, ein junger Farbiger, griff nach dem Telefonhörer und gab eine vierstellige Nummer ein. Er sprach schnell und unhörbar und legte auf.
»Bitte nehmen Sie auf einem der Stühle dort drüben Platz, Professor. Gleich wird jemand kommen, mit dem Sie sprechen können.«
Er setzte sich hin. Und saß. Und saß. Die Zeit verging, und niemand kam. Irgendwo tickte eine Uhr. An der Wand hinter der Rezeption zeigten zwei elektrische Uhren lautlos die Zeit in London und Kairo an. Einmal ging er zurück zum Tresen und wurde gebeten, sich noch etwas zu gedulden.Seine Angaben würden geprüft, sagte der Angestellte. In Kürze würde jemand herunterkommen. Jack bemerkte, dass ihn seit seiner Ankunft in der Botschaft niemand angelächelt hatte. Niemand hatte ihn gefragt, ob seine Angelegenheit dringend sei.
Halb erwartete er, ein bekanntes Gesicht zu sehen, doch obwohl mehrere Botschaftsangestellte das Foyer durchquerten, die breite Treppe hinauf- und hinuntergingen, erkannte er niemanden und wurde nicht erkannt. Sogar die Zeit schien hier erfroren zu sein.
Ein Mann in einem schwarzen Anzug mit messerscharfer Bügelfalte kam die Treppe hinunter und zielstrebig auf ihn zu. Die harten Sohlen seiner Schuhe klackten auf dem Marmorboden. Er lächelte und streckte die Hand aus, lange bevor er ihn erreichte. Jack ließ sich von diesem Lächeln nicht einen Moment täuschen, es war nicht echt, und als der Mann seine Hand drückte, geschah es nur pro forma: die Finger schlossen sich kurz und ließen sofort wieder los.
»Professor Goodman, wenn ich nicht irre? Malcolm Purvis, Assistent des Geschäftsträgers.«
»Goodrich«, berichtigte Jack. »Mein Name ist Goodrich.«
»Ach, selbstverständlich. Tut mir leid.«
Seine Miene verriet Unmut über den Lapsus, der ihm unterlaufen war, und Gleichgültigkeit gegenüber der Wirkung auf den Betroffenen. Er schien nicht sehr erfreut, Jack zu sehen. Möglicherweise hatte man ihn vom Mittagessen weggeholt oder aus einer wichtigen Besprechung. Seine Augen standen auffallend dicht zusammen, als gäbe es nicht genug Platz für sie in seinem bleichen Patriziergesicht. Die Lippen waren schmal, das Auftreten selbstsicher, der exakte Haarschnitt verriet den Absolventen einer Privatschule.
»Darf ich Sie bitten, mich zu begleiten, Professor?«, fragte er. »Sie müssen mir erklären, weshalb Sie zu uns gekommen sind. Wirklich, Sie hätten sich an das Konsulat wenden sollen. Dort kann man die meisten Ihrer Fragen beantworten. Sofern sie die nationale Sicherheit betreffen.«
»Darum geht es nicht, vielen Dank. Ich komme wegen ...«
»Warten Sie, bis wir in meinem Büro sind. Dort können wir unter vier Augen sprechen.«
Jack folgte ihm schweigend die Treppe hinauf und einen langen Flut entlang zu einer Tür mit der Aufschrift »Assistent Chargé d’Affairs«. Purvis ließ ihn eintreten und wies auf einen Sessel, während er selbst hinter einem ausladenden Mahagonischreibtisch Platz nahm. Er studierte kurz ein Blatt Papier auf der Schreibunterlage, dann richtete er den Blick auf Jack.
»Professor, die Notiz, die man mir heraufgegeben hat, besagt, dass Sie Nachforschungen über zwei Personen anstellen, die, wie Sie behaupten, in dieser Botschaft tätig waren oder sind. Die Namen sind Simon Henderson und Emilia Goodrich. Ich nehme an, die Dame ist eine Verwandte von Ihnen, wahrscheinlich Ihre Frau. Ich habe unsere Datenbank überprüft. Diese Namen sind leider nirgends aufgeführt. Sind Sie sicher, dass Sie sich nicht geirrt
Weitere Kostenlose Bücher