Das Schwert - Thriller
um Menschen- oder Hühnerblut handelt, ließ man gewöhnlich im Ungewissen, während das Höschen im Triumph von Hand zu Hand ging, unter lautem Freudengeschrei der Nachbarn, die auf diesen Beweis der Jungfräulichkeit der Braut gelauert hatten. Der Familie fiel ein Stein vom Herzen ob der unbefleckten Ehre, und der Braut ebenfalls, wusste sie doch, dass ihr andernfalls der Tod von der Hand irgendeines der männlichen Mitglieder ihrer Familie gedroht hätte.
»Gott helfe ihr, wenn sie es nicht ist«, sagte Dschamila. »Gut möglich, dass sie seit Jahren von einem ihrer Brüder gevögelt wird, aber wenn sie heute Nacht nicht ein paar Blutstropfen produziert, wird sie diejenige sein, der man die Gurgel durchschneidet.«
Sie verteilte das heiße Getränk auf zwei Keramikbecher und stellte sie auf den kleinen Messingtisch zwischen den beiden Stühlen. Ihre Haut war wie Samt, und ihre Augen waren schwarz wie der Nachthimmel. Für einen Moment schien ein Schatten über ihr Gesicht zu huschen, dann war er verschwunden, wie nie gewesen.
Sie setzte sich in den zweiten Stuhl und nahm ihren Becher in beide Hände.
»Wundert man sich nicht, was du hier tust, ganz allein«, erkundigte er sich. »Schleiertragende Frauen legen im allgemeinen Wert darauf, sich nur in Begleitung eines männlichen Verwandten in der Öffentlichkeit zu zeigen, der ein wachsames Auge auf sie hat.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Ich habe allen erzählt, mein Ehemann wäre nicht da, käme aber bald wieder. Jedes Mal, wenn ich ausgehen musste, habe ich eine der Frauen gebeten mitzukommen. Die Leute hier sind nicht so pingelig wie in der Stadt oder in den Vororten. Trotzdem müssen wir uns auf dem Fest blicken lassen, und wenn es nur für eine halbe Stunde ist. Die Leute müssen wissen, dass du mein Ehemann bist.«
»Aber – wer genau ist das? Hast du einen Ehemann?«
Sie lachte leise und hob in gespieltem Bedauern die Achseln.
»Keinen außer dir, fürchte ich.«
»Ich werde einen Lebenslauf brauchen.«
Sie holte tief Atem, wie jemand, der ein begriffsstutziges Kind unterrichtet.
»Dein Name ist Aijub. Du bist drei Monate in Ismailija gewesen und hast in der Bäckerei deines Bruders ausgeholfen. Du gehörst einer Sufi-Bruderschaft in Imbaba an und bist ein guter Muslim. Danach bringst du die Unterhaltung am besten auf die Fußballergebnisse. Ahli hat letzte Woche gewonnen, sieben zu vier. Politik lass außen vor, und du dürftest keine Probleme haben.«
Jack stöhnte und griff nach seinem Becher. Das Getränk war noch zu heiß, aber er versuchte trotzdem, daran zu nippen.
Schließlich konnte er seine Ungeduld nicht mehr beherrschen. »Gibt es Neuigkeiten?«
»Neuigkeiten?«
»Von meiner Tochter. Von Naomi.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Alles beim Alten. Sie ist immer noch bei dieser Gruppe. Die werden ihr nichts tun, so lange sie glauben, dass sie ihnen nützlich sein kann.«
Er berichtete ihr von Simons Tod und der Flucht durch Kälte und Schnee, von dem Mann mit der Nachtsichtbrille, den Kugeln, die ihm um die Ohren geflogen waren.
»Ich habe noch nie Schnee gesehen«, meinte sie versonnen, »außer auf Fotos. Um Simon tut es mir leid. Wir beide standen uns sehr nahe.«
»Du meinst ...«
Sie schaute ihn an. Diesmal lächelte sie nicht.
»Nicht so. Aber er hat mir alles beigebracht, was ich weiß. Wenn der Moment da ist, werde ich um ihn trauern. Aber nicht jetzt. Vor uns liegen wichtige Aufgaben. Wichtiger, als du vielleicht ahnst. Wo hast du das Schwert versteckt?«
»Es befindet sich in einem Schließfach auf dem Bahnhof. Ich wusste nicht, wohin damit. Morgen werde ich es holen und irgendwo unterbringen, wo es sicherer ist.«
»Das mit dem Bahnhof ist ein Scherz, oder?«, fragte sie.
Er schüttelte den Kopf. Es hatte alles so schnell gehen müssen. Allerdings waren die Schließfächer auf dem Ramses-Bahnhof wirklich nicht der sicherste Ort, um etwas Wertvolles aufzubewahren.
Sie schenkte ihm einen Blick, bei dem er sich wünschte, er hätte das verfluchte Ding im Staatstresor untergebracht.
»Woher hast du gewusst, wo ich zu finden sein könnte?«, versuchte er das Thema zu wechseln.
Sie schürzte die Lippen.
»Simon und ich hatten eine Abmachung. Anrufe zu festgesetzten Zeiten, während er in Großbritannien war.Ich wusste, er hatte deine Spur bis in irgendeinen gottverlassenen Winkel Schottlands verfolgt und dass er dich überreden wollte, mit ihm nach Kairo zurückzukommen. Heute bei Tagesanbruch, nach britischer Zeit,
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