Das Schwert - Thriller
einen neuen fahrbaren Untersatz gekauft habe. Das wird etwas dauern, erst muss ich telefonieren.«
Sie gingen das kurze Stück zum Bahnhof zu Fuß. Nach aller Logik war dort der letzte Ort, an dem man sie vermuten würde. Jack fand eine lange Reihe von Telefonzellen. Er wollte nicht mit dem Handy anrufen, das man orten konnte. Eine Kreditkarte barg vergleichbare Risiken. Dschamila ging, um Kleingeld einzutauschen, während Jack die Tasche mit dem Schwert behütete.
Schon nach dem ersten Läuten wurde abgehoben. Man hatte auf seinen Anruf gewartet.
»Hier ist Jack Goodrich«, sagte er. »Man hat mich aufgefordert, diese Nummer anzurufen.«
Eine Männerstimme antwortete, unfreundlich und misstrauisch.
»Was für ein glücklicher Zufall, Professor, ich habe überall nach Ihnen gesucht. Mein Name ist Mohammed. Zweifellos haben Sie von mir gehört. Ich muss sagen, ich bin nicht gut auf Sie zu sprechen. Sie und Ihr Freund haben großen Schaden angerichtet. Wenn wir uns demnächstpersönlich begegnen, sollten wir uns darüber unterhalten. Vorerst aber können Sie davon ausgehen, dass Ihnen keine Gefahr droht. Sie haben etwas, das ich unbedingt brauche. Sobald es sich in meinem Besitz befindet, bessert sich meine Stimmung möglicherweise, und ich entschließe mich, Gnade walten zu lassen. Sie dürfen Ihrer Wege gehen, wenn mein Werk getan ist. Aber das werden wir klären, wenn es so weit ist.
Erst möchte ich Ihnen etwas zeigen. Etwas, das es Ihnen leichter machen wird, sich von dem Schwert zu trennen und es mir zu überlassen. Um ehrlich zu sein, ganz bestimmt werden Sie dann keinerlei Bedenken diesbezüglich mehr haben. Können Sie mir bitte sagen, wo Sie sich zur Zeit befinden?«
»Wo ist meine Tochter?«, verlangte Jack zu wissen. Er war kaum in der Lage, sich zu beherrschen, aber instinktiv wusste er, der Mann am anderen Ende der Leitung würde einfach auflegen, wenn er nicht mitspielte. »Wenn Sie ihr etwas angetan haben, werden Sie dafür büßen!«
»Seien Sie ganz beruhigt, momentan ist sie in guter Obhut. Sie werden es mit eigenen Augen sehen, wenn Sie abholen, was ich für Sie hinterlegen will. Ich habe Sie schon einmal gefragt – wo befinden Sie sich?«
»Halten Sie mich für einen Vollidioten? Ihre Leute haben schon mehr als einmal versucht, mich umzubringen. Sagen Sie mir, wo ich dieses Etwas finde, und ich hole es ab. Deponieren Sie es an einem öffentlichen Ort und halten Sie Ihre Handlanger an der Leine.«
Es dauerte lange, bis al-Masri sich wieder vernehmen ließ. Seine Stimme war kälter denn je.
»Nun gut. Ich werde Ihrer Forderung nachkommen, weil ich merke, dass Sie kein Vertrauen zu mir haben. Seien Sie um 3.00 Uhr heute Nachmittag am Ramses Square. Der Platz ist leicht zu erreichen und sehr belebt. Am Fußder neuen Statue wartet ein Behälter auf Sie. Sie werden unbeobachtet sein. Sie haben mein Wort. Sie können den Kasten mitnehmen und gehen.«
Die Verbindung wurde beendet. Jack wählte noch einmal die Nummer aus der Zeitung, aber niemand meldete sich. Er hängte ein und berichtete Dschamila, was ihm gesagt worden war.
»Der Midan Ramses ist gleich dort drüben«, sagte sie und zeigte nach draußen. »Hat er gewusst, dass du hierher zurückkommst?«
Sie schaute sich beunruhigt um, überzeugt, dass man sie beobachtete, dann zuckte sie die Schultern. »Vergeuden wir nicht unnötig kostbare Zeit. Ich habe mir überlegt, wie wir die Sache angehen. Als Erstes nehmen wir uns ein Taxi nach Esbekija.«
Esbekija
Der Fahrer ließ sie an der Mündung der Gasse aussteigen, die zu Mehdis ehemaligem Laden führte. Jack entlohnte ihn großzügig und bat ihn zu warten.
In der kleinen Straße war alles beim Alten geblieben. Diese verstörend alltägliche Kulisse des schrecklichen Geschehens hatte sich ihm unauslöschlich eingeprägt, und er merkte, wie ihm mit jedem Schritt das Atmen schwerer fiel. Er wusste, wenn er stehen blieb und die Augen schloss, würden die Bilder von damals vor ihm erstehen: das dämmrige Treppenhaus, das Zimmer voller Bücherregale, die Leichen, das Blut. Dschamila schaute ihn an und fasste nach seiner Hand.
Leute waren unterwegs, erledigten ihre Besorgungen. In der Nähe des Ladengewölbes hockte Darsch auf dem Boden und wechselte einen Fahrradschlauch.
Sie gingen zu ihm hin. Jack hatte sich seit ihrer letztenBegegnung deutlich verändert, und Darsch erkannte ihn erst an der Stimme, als er ihn begrüßte.
»Du bist es«, sagte er. »Du warst früher schon ein paarmal
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