Das Schwert - Thriller
Ihr Buch über die Hängenden Gedichte hat mir viel Freude bereitet. Es ist eine Ehre, Sie in meinem Haus zu haben.«
»Ich fühle mich geehrt von Ihrer Gastfreundschaft. Ich hätte nicht gedacht, dass jemand meine Bücher und Artikel liest.«
»Sie haben Fans hier draußen, Herr Professor. Glauben Sie mir.«
Plötzlich flog ein Schatten über das Gesicht des Priesters.
»Professor Goodrich, bitte verzeihen Sie mir. Ich verstehe nicht, wie ich so gefühllos sein konnte. Bitte sagen Sie mir, ob es sich um ein furchtbares Missverständnis handelt, aber ich entsinne mich, gehört zu haben, dass Ihrer Frau ein Unglück zugestoßen ist, Ihrer Frau und – war es Ihr Sohn? In der Zeitung stand nichts darüber, aber jemand, den ich kenne, hat etwas erwähnt ...«
Er verstummte.
»Nein.« Jack schüttelte den Kopf. »Es ist kein Missverständnis. Meine Frau ist vor einigen Monaten – ermordet worden. Hier in Kairo. Meine Tochter ...« Er dachte an die anwesenden Kinder des Priesters und zögerte. »Meine Tochter ist noch am Leben.«
Der Priester umschloss Jacks Hände mit den seinen. Er sagte nichts, aber sein Blick durchfuhr Jack wie ein schwacher Stromstoß.
Die Mädchen wurden zum Spielen in ein anderes Zimmer geschickt, und Vater Joseph setzte sich zu ihnen auf die Bank.
An den Wänden hingen einige Ikonen und ein Farbfoto von Papst Schenuda III., Oberhaupt der koptischen Kirche. Jack war schon oft bei Kopten zu Gast gewesen, aber bei solchen, die dem Mittelstand angehörten. Dies war ein sehr viel bescheidenerer Haushalt, die Frömmigkeit trat deutlicher zutage, wie in der Hütte der Zabbalin.
Joseph sagte etwas zu seiner Frau, und sie ging hinaus.
»Ich habe Schadia gebeten, euch Kaffee zu machen. Ihr seht beide ein wenig mitgenommen aus, ganz so, als hättet ihr eine Erfrischung nötig. Uns müsst ihr entschuldigen, aber wir halten die adventlichen Fasten, die noch bis Weihnachten dauern. Nur die Kinder sind davon ausgenommen.«
Neben manchem anderen war Jack dankbar dafür, nicht als koptischer Christ geboren worden zu sein. Die Kopten fasteten an zweihundertzehn Tagen im Jahr, besonders streng zu Ostern. An Fastentagen nehmen sie von Tagesanbruch bis abends keinerlei Nahrung zu sich und verzichteten auf alle tierischen Produkte – Fleisch, Fisch, Eier, Butter. Es war ein hartes Regime. Allein bei der Vorstellung knurrte Jack der Magen. Die Kopten feierten Weihnachten am 7. Januar, bis dahin waren es noch sechs Tage.
»Nein«, wehrte er ab, »bitte macht keine Ausnahme unseretwegen. Wenn ihr fastet, tun wir es auch.«
Dschamila, die im Alter von sechzehn Jahren den Ramadan für sich abgeschafft hatte, warf ihm einen Blick zu, der einen schwächeren Mann getötet hätte.
»Ich bestehe darauf«, sagte Joseph. »Ich nehme an, Sie sind Anglikaner. In der anglikanischen Kirche gibt es kein so strenges Fastengebot. Kein Wort mehr. Ihr seid meine Gäste, sehr geehrte Gäste überdies.«
Fünf Minuten später wurden Kaffee und kleine Lebkuchen gebracht, und Schadia setzte sich zu ihnen auf die Bank, die an drei Wänden des Zimmers entlanglief.
Sie plauderten über allgemeine Dinge, den Alltag der Familie Jakub und was seit Dschamilas letztem Besuch alles passiert war, über ihren Vater und andere Mitglieder der Familie, die die Jakubs zu kennen schienen.
Dschamila erklärte Jack, dass die beiden Familien befreundet waren, seit vor einigen Jahren ihr Vater den Auftrag angenommen hatte, für Vater Josephs Gemeinde inSchubra al-Chaima eine neue Kirche zu errichten: St. Sergius, das Gotteshaus, an dem sie vorhin vorbeigekommen waren.
Die Sacharys verabschiedeten sich und gingen. Nun waren nur noch die Jakubs und ihre zwei Söhne im Zimmer.
»John, Pierre, bestimmt seid ihr müde«, meinte der Vater. »Weshalb geht ihr nicht zu euren Schwestern?«
»Wir möchten lieber noch etwas nach draußen«, sagte der ältere der beiden.
»Gut, aber übertreibt es nicht. Während des Fastens müsst ihr mit euren Kräften haushalten.«
Die Jungen gaben den Gästen wieder wohlerzogen die Hand, küssten Vater und Mutter und gingen hinaus. Vater Joseph schaute seine Frau an, die sagte, sie müsse sich um das Abendessen kümmern. Sie stand auf, verabschiedete sich von Jack und Dschamila und folgte ihren Söhnen.
»Wir brauchen eure Hilfe«, sagte Dschamila.
Der Priester nickte. »Ja. Das habe ich mir schon gedacht.«
32
Durch einen Spiegel ein dunkles Bild
Schubra al-Chaima
Sie erzählten Vater Joseph alles. Ihm die
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