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Das Schwert - Thriller

Das Schwert - Thriller

Titel: Das Schwert - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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volle Wahrheit vorzuenthalten wäre unehrlich gewesen. Wenn sie von ihm verlangen wollten, dass er ihnen Obdach gewährte, musste er das ganze Ausmaß der Gefahr kennen, in der sie schwebten, und was ihm und seiner Familie drohte, falls er sich entschloss, ihnen zu helfen. Als sie zu Ende waren, schwieg der Priester lange. Er und seine Familie kannten Dschamila seit Jahren, und er vertraute ihr. Er kannte auch Jacks Reputation und hielt es für unwahrscheinlich, dass dieser Mann sich eine derartige Schauermär ausdachte.
    Jack zeigte ihm das Schwert und den Brief. Der Priester las ihn und nickte.
    »Ja«, sagte er. »Ich würde auch sagen, er ist echt. Das Vokabular, die Schrift ...«
    Jack nahm die Pappschachtel aus der Reisetasche. Er wollte endlich nachschauen, was sich darin befand, andererseits durfte er nicht einfach alle Vorsicht über Bord werfen.
    »Vater«, sagte er, »ich muss dieses Päckchen an einen Ort bringen, wo ich es gefahrlos öffnen kann. Ich kenne den Inhalt nicht, und es besteht die Möglichkeit, dass man es mir geschickt hat, um mich zu töten. Wenn es ein Sprengsatz ist, weiß ich, wie man ihn entschärft, aber ich möchte niemanden gefährden, falls etwas schiefgeht.«
    Trotz des imposanten Bartes konnte man erkennen, dass ein verschmitztes Grinsen auf das Gesicht des Priesters trat.
    »Ich kann dir Besseres bieten, mein Sohn. Komm mit deinem Päckchen nach drüben ins Kirchenbüro, und ich zeige dir, was ich meine.«
    Terroranschläge hatten das Sicherheitsbewusstsein der koptischen Christen geschärft. Priester besuchten spezielle Schulungen, Gemeindemitgliedern erklärte man, wie sie mögliche Bedrohungen erkennen konnten, und Wohltätigkeitsorganisationen in den Staaten finanzierten die Anschaffung von Geräten zur Erkennung von Bomben und Waffen.
    Das Büro befand sich im hinteren Teil der Kirche, und sie betraten es durch eine separate Tür. Auf einem kleinen Tisch stand ein MailGuard Röntgenscanner, ein Kompaktmodell für den Einsatz in kleinen Betrieben. Vater Joseph schaltete ihn an, und Jack schob das Päckchen hinein.
    Auf dem Schirm erschienen zweierlei Umrisse: ein festes rechteckiges Objekt mit zwei symmetrischen Löchern, sofort identifizierbar als Videokassette. Der zweite Gegenstand war ungefähr fünf Zentimeter lang und weniger als einen Zentimeter breit. Man erkannte deutlich die drei Glieder eines menschlichen Fingers. Eines Kinderfingers.
    Jack kniff die Augen zu und würgte gegen einen sauren Brechreiz an; Vater Joseph bekreuzigte sich und flüsterte ein kurzes Gebet.
    »Jack, du gehst an die frische Luft. Ich kümmere mich um das Päckchen.« Dschamila versuchte, die Schachtel an sich zu nehmen, aber Jack kam ihr zuvor.
    »Eine Schere«, sagte er mit brüchiger Stimme. »Ich brauche eine Schere.«
    Der Priester reichte ihm das Verlangte, und Jack zerschnitt das Klebeband um die Schachtel.
    Sie enthielt eine zweite, kleinere Schachtel, und in dieser lag, auf Watte gebettet, der Finger, das Blut noch frisch; am unteren Ende sah man den Knochen hervorlugen.
    Nichts wies darauf hin, um wessen Finger es sich handelte, aber Jack brauchte nicht zu raten, er wusste es. Er wollte schreien. Sämtliche Ängste und Nachtmahre, die ein Leben lang in den dunklen Kammern des Gehirns auf einen Augenblick der Schwäche gewartet hatten, brachen hervor.
    Er hob den Blick und merkte, er war vor Tränen fast blind. Jemand hielt seine Hand, und nach und nach wurde er ruhiger.
    »Was ist auf dem Video?«, fragte er.
    Dschamila und der Priester wechselten einen Blick.
    »Im Nebenzimmer steht ein Videorecorder«, antwortete Vater Joseph. »Überlassen Sie es mir und Dschamila, das Band anzuschauen. Sie verstehen, dass es besser wäre.«
    »Nein.« Jack schüttelte heftig den Kopf. »Ich will ganz genau sehen, mit was für einem Gegner ich es zu tun habe.«
    Sie gingen nach nebenan, und Vater Joseph schob die Kassette in den Recorder. Der schwarze Fernsehschirm erwachte mit einem Flackern zum Leben:
    Die aufnehmende Kamera sitzt auf einem Stativ, das Bild ist ruhig. Ein kahler Raum mit Wänden aus Beton. Von der Decke hängt eine nackte Glühbirne. Ein Summen wie von einer Klimaanlage. Das Szenario gemahnt an einen Film von Andy Warhol. Kein menschliches Wesen. Nur Beton und elektrisches Licht.
    Abrupt das Geräusch einer sich öffnenden Tür. Ein kleines Mädchen in einem schmutzigen, zerknautschten Kleid wird in die Mitte des Raums geschoben. Jemand, der Filmende oder ein zweiter Mann

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