Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)
können.
Diego streckte die Hand aus. »Gib es mir.«
Hugo stellte sich breitbeinig hin und nahm das Schwert in beide Hände, tat so, als hätte er Diego nicht gehört.
Das Schnauben des Pferdes wurde lauter. Der Ritter stieß einen Schrei aus. »Du undankbarer Hund!«
Dann war er heran. Einen Augenblick lang sah es so aus, als wolle er Hugo mit dem Morgenstern angreifen, doch im nächsten Moment riss er das Pferd herum, um ihn niederzureiten.
Diego warf sich zur Seite, stieß Hugo zur Seite, und zusammen gingen sie zu Boden. Die Hufe des Pferdes gruben sich nur eine Handbreit von Diegos Beinen entfernt in den Dreck, während es an uns vorbeigaloppierte. Der Ritter zügelte es und wendete das Tier, dann trieb er es wieder auf uns zu.
Diego sprang auf und trat Hugo das Schwert aus der Hand. Er griff danach – der Morgenstern raste über seinen Kopf hinweg – und kam hoch. Der Ritter wendete ein zweites Mal. Sein Pferd war groß und schwerfällig, so wie er selbst. Ich wollte Hugo aus seinem Weg ziehen, aber er war bereits aufgestanden, in einer Hand einen faustgroßen Stein, mit dem er ausholte und ihn warf.
Der Stein traf den Ritter an der Schulter, prallte harmlos von der Rüstung ab.
Der Lärm der Schlacht trat in den Hintergrund. Ich hörte nur noch das Schnauben des Pferdes und das Singen des kreisenden Morgensterns. De Dupiere ignorierte Hugo und mich, griff nun nur noch Diego an. Von uns war nur er bewaffnet, das hatte er erkannt.
Ich ging auf die Knie und griff nach einigen Steinen, Hugo ebenso, schleuderten sie dem Ritter und seinem Pferd entgegen, aber es war, als würden wir eine Häuserwand bewerfen.
Diego tauchte unter dem Morgenstern hindurch und rollte sich ab. Ein Stein prallte an de Dupieres Rüstung ab, traf Diegos Arm. Er fluchte. Der Ritter lachte.
»Aufhören!«, rief ich Hugo zu. Er zögerte, doch dann ließ er den Stein aus seiner Hand fallen.
Wieder wendete der Ritter, wieder trieb er sein Pferd auf Diego zu. Es klirrte, als die Eisenkugel die Spitze des Schwerts abschlug, es Diego aber nicht aus der Hand prellte. Diego stieß es nach oben, sodass sich die Kette um die Klinge wickelte, und zog an dem Schwertgriff. De Dupiere riss an der Kette, dann stieß Diego sich ab. Der Schwung, den der Ritter ihm verschafft hatte, trug ihn empor, und noch im Sprung ließ er das Schwert los.
Diego hing an der Schulter des Ritters, drückte seinen Arm nach unten. Der Morgenstern schwang hin und her, traf die Rüstung des Pferdes, das laut wieherte. Hugo fiel de Dupiere in die Zügel, hielt sich daran fest, und das Pferd drehte sich und trat aus.
Der Ritter ließ den Morgenstern fallen, als Diego sich hinter ihn in den Sattel schwang und versuchte, das Visier des Helms zu öffnen. Mit beiden Händen schlug de Dupiere nach ihm. Die schweren Kettenhandschuhe trafen seinen eigenen Helm und streiften Diegos Schulter.
Mit zwei Schritten erreichte ich den Ritter, aber ich versuchte nicht, auf sein Pferd zu gelangen, sondern packte seinen Stiefel und drückte ihn mit aller Kraft nach oben. Hugo erkannte, was ich vorhatte, ließ die Zügel los, und das Pferd machte einen Satz nach vorn. Ich wurde mitgerissen, die Hufe verfehlten mich nur um eine Handbreit, doch ich ließ nicht los.
Hugo war plötzlich neben mir. Er hielt das abgebrochene Schwert in der Hand. Mit einem Schlag trennte er den Lederriemen durch, der den Steigbügel hielt. Wir stemmten uns gegen den Stiefel des Ritters.
Und hoben de Dupiere aus dem Sattel.
Er schrie, als er zu Boden ging. Metall klirrte und schepperte. Diego landete auf ihm, packte den Helm mit beiden Händen und hämmerte ihn in den Staub. Der Ritter wirkte benommen, lag auf dem Rücken und wehrte sich nur noch schwach. Sein Pferd galoppierte davon.
Hugo hob das Schwert erneut auf. Mit einem Fuß drückte er de Dupieres Arm zur Seite, bis er die ungeschützte Stelle darunter sah.
»Hugo!«, schrie ich.
Er rammte die abgebrochene Klinge in die Achselhöhle des Ritters. De Dupieres Schrei hallte blechern über den Hügel und verstummte dann.
Ich versuchte mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr mich Hugos Kaltblütigkeit verstörte. Er war älter geworden, so viel älter als die drei Monate, die ich ihn nicht gesehen hatte.
»Es gibt nicht viel zu erzählen«, sagte er abends, nachdem wir unser Lager am Rande eines kleinen Dorfs aufgeschlagen hatten. Diego saß ein wenig abseits und hörte uns zu. »Konrad erschlich sich Lukas’ Vertrauen und versuchte mich
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