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Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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sammelten sich auf beiden Seiten. Pfeile wurden aus Köchern gezogen, Sehnen gespannt, Eisenspitzen ragten in den Himmel empor, und Frauen, deren Gesichter von langen Schleiern eingerahmt wurden, drückten das Metallgestell, an dem der Kessel hing. Er schwang über die Mauer hinaus.
    Im nächsten Moment summten Pfeile über meinem Kopf. Die Verteidiger duckten sich, aber ich hörte dennoch ihre Schreie. Eine Frau sackte zwischen den Mauerzinnen zusammen.
    Ich kam den Soldaten immer näher. Sie waren langsamer als ich. Der schwere Rammbock hielt sie auf, machte sie zu einem leichten Ziel.
    »Hugo!«, rief ich.
    Er hörte mich nicht. Die Soldaten schrien sich gegenseitig an, als wollten sie sich Mut machen.
    »Hugo!«
    Meine Stimme überschlug sich. Meine Seiten stachen. Ich stolperte über Wurzeln und Unrat, fing mich aber immer wieder.
    »Hugo!«
    Endlich wandte er den Kopf. Unsere Blicke trafen sich. Er geriet aus dem Schrittrhythmus und stieß mit dem Mann, der hinter ihm lief, zusammen. Es waren zwanzig, zehn auf jeder Seite des Rammbocks.
    Ich winkte und schrie: »Komm!«
    Die Bogenschützen auf der Mauer richteten ihre Pfeile auf die heranlaufenden Soldaten. Ein Knall, gefolgt von lautem, rauem Jubel, ließ sie die Köpfe drehen. Auf unserer Seite sprang Fußvolk auf. Sie halfen Rittern, die neben ihren Pferden gestanden hatten, in den Sattel. Die Mauer war zerstört.
    Die Bogenschützen sahen zurück zu den Soldaten mit dem Rammbock, spannten die Sehnen ihrer Bögen.
    »Komm!«
    Hugo ließ den Rammbock los und stolperte zur Seite. Die anderen Soldaten gerieten für einen Moment aus dem Tritt und wären beinahe gestürzt. Einige schrien wütend, einer lachte, als Hugo mit langen Schritten davonrannte. Der Helm fiel ihm vom Kopf, und einen Augenblick lang sah es so aus, als wollte er sich umdrehen und ihn aufheben, doch dann lief er weiter.
    Die Bogenschützen ließen die Sehnen los, Pfeile schossen durch die Luft. Die Hälfte der Soldaten fiel unter ihnen, der Rammbock krachte in den Schlamm, begrub zwei der Männer unter sich, die anderen wichen zurück.
    Ein Pfeil bohrte sich dicht neben Hugo in den Boden. Er tanzte zur Seite wie bei einem Dorfreigen, rannte dann weiter auf mich zu. Hinter ihm strömte das Fußvolk durch die Lücke in der Mauer wie Wasser durch einen gebrochenen Damm. Das gesamte Schlachtfeld kam in Bewegung, als Soldaten, Bogenschützen und Ritter nach vorn stürmten.
    »Weiter!«, schrie ich, als Hugo neben mir stehen bleiben wollte. Er warf Diego einen kurzen, misstrauischen Blick zu. Er musste ihn für einen Ritter halten.
    Zu dritt liefen wir weiter, weg von der Stadt, nur weg.
    Wir kämpften uns einen Hügel hinauf, sanken erst zu Boden, als wir seine Kuppe erreicht hatten.
    Hugo umarmte mich. Er roch nach Schweiß und Leder. »Danke«, stieß er zwischen kurzen Atemzügen hervor. »Danke.«
    Ich hielt ihn fest in den Armen. Neben mir riss sich Diego die Stiefel von den Füßen. Erst dann schien er zu bemerken, dass er den Helm noch trug, und nahm ihn ab. Ich spürte, wie sich Hugo in meiner Umarmung versteifte.
    »Diego hat mir geholfen, dich zu finden«, erklärte ich. »Ohne ihn wäre ich nicht hier.«
    Er antwortete nicht, doch schließlich löste er sich aus meiner Umarmung. »Ich dachte, du wärst tot. Konrad sagte so etwas.«
    »Er hat wohl versucht, mich zu schützen.«
    Hugo schüttelte den Kopf. Ein dunkler Ausdruck trat in seine Augen. »Konrad schützt nur sich selbst.«
    Ich wollte ihm widersprechen, aber dann sah ich, wie Diego aufstand und die Stirn runzelte. Sein Blick war in das Tal gerichtet.
    »Was ist los?«, fragte ich.
    »Wenn ich das wüsste.«
    Hugo half mir auf. Im ersten Moment wusste ich nicht, was Diego meinte, doch dann sah ich den einzelnen Ritter, der in voller Rüstung auf uns zuritt.
    »Scheiße.« Hugo wich zurück. »Das ist Eduard de Dupiere, der Mann, der mich gekauft hat.«
    Der Ritter jagte den Hügel herauf. Die Nüstern seines Pferds blähten sich. Die lange Satteldecke wehte im Wind.
    Diego trat den Helm beiseite. Er trug noch den Brustharnisch, war jedoch unbewaffnet, so wie ich auch.
    »Gib mir dein Schwert«, sagte er zu Hugo.
    Der schüttelte den Kopf, während er die Klinge zog. »Nein.«
    Der Ritter griff hinter sich und holte einen Morgenstern hervor, den er aus dem Handgelenk kreisen ließ. Das Visier seines Helms war geschlossen.
    Ich sah mich um. Auf dem Hügel gab es nur Gras und Sträucher, nichts, was uns hätte nützen

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