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Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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was jetzt passiert.«
    Wir wussten es, als wir am Mittag des nächsten Tages die Stadt erreichten. Patika fiel.
    Von dem Hügel, auf dem wir standen, überblickten wir das ganze lang gezogene Tal. Es endete in einer kleinen Stadt, die von Mauern und Türmen umgeben war. Rauchsäulen wurden vom Wind auseinandergerissen. Das Meer warf sich machtvoll gegen den Hafen wie eine dritte Armee. Trotzdem versuchten Menschen über das Wasser zu fliehen. Wir sahen zahlreiche Boote und sogar Flöße aus Fässern und Brettern, die auf den Wellen auf und ab hüpften. Ich fragte mich, ob die Menschen an Bord die Schiffe nicht sahen, die bereits auf sie warteten. Die ersten Brandpfeile flogen, versanken harmlos im Meer. Doch die Bogenschützen schossen sich erst ein.
    Ich wandte den Blick zur Stadt. Einer ihrer Türme stand in Flammen. Das Stadttor war geschlossen, doch Soldaten mit einem langen Rammbock rannten darauf zu, während Bogenschützen die Verteidiger auf der Mauer mit Pfeilen eindeckten, damit die Soldaten nicht mit kochendem Wasser überschüttet wurden. Doch es gelang ihnen nicht, dies zu verhindern: Der Kessel wurde ausgeschüttet, und die Schreie der Verbrühten wurden vom Wind zu uns getragen. Andere Soldaten spannten ein Katapult und beschossen die Mauer mit Felsbrocken. Ein Teil war bereits eingebrochen, aber längst nicht genug für die Ritter, die hinter dem Katapult auf ihre Gelegenheit warteten. Fußvolk saß in kleinen Gruppen zusammen, ohne den Ereignissen Beachtung zu schenken.
    Unter uns am Fuß des Hügels befand sich das Lager mit den Zelten der Ritter und den Unterständen, in denen die Bogenschützen und das Fußvolk schliefen. Ärzte oder Barbiere behandelten Verletzte, Männer gingen eilig an ihnen vorbei, den Kopf gesenkt, denn niemand wollte ihnen bei der blutigen Arbeit zusehen. Die meisten kümmerten sich nur um ihre eigenen Aufgaben.
    Einen Feldzug hatte ich mir anders vorgestellt. Die Bilder in den Kirchen zeigten heranstürmende Kreuzfahrer, beseelt von göttlichem Eifer, doch die Soldaten, die Patika erobern wollten, wirkten nur müde. Sie liefen davon, wenn die Bogenschützen auf den Mauern ihre Salven abschossen, und kehrten zurück, wenn Ritter auf Pferden sie zusammentrieben wie Vieh. Es war ein hässlicher, düsterer Anblick.
    Ich zeigte auf das Lager. »Wir sollten dort nach Hugo suchen. Er ist kein Soldat.«
    Diego nickte. »Warte hier.«
    Er lief den Hügel hinab, bevor ich antworten konnte. Hinter den Zelten blieb er stehen, sah sich kurz um, dann ging er auf die Knie, hob eine der Stoffbahnen an, warf einen Blick ins Innere, ließ den Stoff wieder fallen und schlich zum nächsten Zelt. Zweimal wiederholte er es, und beim dritten Mal verschwand er im Inneren eines Zelts.
    Ich hielt den Atem an und wartete. Vor der Stadtmauer wurde das Katapult abgefeuert. Der Felsbrocken schlug mit lautem Krachen ein, Staub wallte auf, und als er sich legte, sah ich das Loch in der Mauer. Es war nicht größer als ein Kopf.
    Diego tauchte wieder auf und hielt eine Brustplatte in der einen, Stiefel und einen Helm in der anderen Hand. Ich lief zu ihm und half ihm dabei, sich die Brustplatte anzulegen und sie festzuzurren. Diego setzte sich und zog die Stiefel an. Sie waren zu klein, aber er zwängte die Füße hinein. Zuletzt schob er sich den Helm über den Kopf und klappte das vergitterte Visier nach unten. Von seinem Gesicht waren nur noch die Augen zu sehen.
    »Und?«, fragte er. Seine Stimme klang blechern unter dem Helm.
    Ich nickte.
    Diego fasste mich am Oberarm, und an den Zelten vorbei betraten wir das Lager. Ich ließ mich mitzerren, tat so, als wollte ich mich wehren. Ein Soldat mit bandagiertem Kopf sah auf und rief uns etwas hinterher, was ich nicht verstand. Niemand sonst beachtete uns. Sie hielten Diego wohl für einen Ritter, der sich mit einer unwilligen Sklavin vergnügen wollte.
    Ich sah mich um und suchte nach Hugo. Diego ging in einem weiten Bogen durch das Lager, hielt ab und zu an, wenn niemand in der Nähe war, öffnete Zelteingänge und blickte unter Karren, unter deren Ladeflächen sich Sklaven Erdlöcher gegraben hatten. Sie sahen aus, als wären sie über Jahre erweitert worden, während das Holz der Karren den Regen abhielt. Wahrscheinlich wechselten nur die Karren über ihnen und die Menschen, die darin lebten.
    Irgendwann blieb Diego stehen. »Wir haben das Lager jetzt schon zweimal umrundet«, sagte er. »Ich glaube nicht, dass er hier ist.«
    »Lass es uns ein letztes

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