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Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Herzen.«
    Ich senkte den Kopf, um den Stolz nicht zu zeigen, den ich bei seinem Lob verspürte. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Diego nach den Zügeln seines Pferdes griff und sich den Sattel über die Schulter warf. Die Menge teilte sich nur zögernd, ließ ihn dann aber durch.
    »Und ich sage euch, er ist ein Betrüger.« Gottfrieds Stimme. Sie kam von der anderen Seite des Kreises. »Er war noch nie im Heiligen Land, da bin ich mir sicher.«
    Ohne sich umzudrehen, schüttelte Diego den Kopf.
    »Was passiert denn jetzt mit Peter?«, fragte Konrad, als ich den Kreis verlassen hatte.
    »Sie fahren ihn irgendwo hin«, sagte Hugo.
    Er hatte recht. Einer der Soldaten führte einen Ochsen heran und spannte ihn vor den Karren. Peters Söhne halfen ihm mit Tränen in den Augen. Wie wir alle wussten sie, dass ihr Vater den Tag nicht überleben würde. Zu schwer war die Sünde, mit der er sich befleckt hatte.
    Der Soldat stieg auf den Kutschbock und ließ sich die Zügel geben. Peters jüngster Sohn wollte ihm folgen, aber Lukas hielt ihn zurück, nickte stattdessen zwei anderen Soldaten zu. Sie kletterten in den Karren und richteten den halb Bewusst losen auf.
    Ich sah Peters Gesicht. Es war voller Blut, und eine rote Spur zog sich über die Brust seines Hemdes. Immer wieder schüttelte er den Kopf, als begriffe er nicht, was geschah.
    Mit einem Ruck setzte sich der Karren in Bewegung. Nicolaus ging voran, wir alle folgten ihm. Nach einem Moment begann er zu singen, ein klagendes, trauriges Lied über Leid und Tod. Jeder von uns kannte es, trotzdem fielen nur wenige zögernd und leise ein. Hugo gehörte zu den wenigen. Er stieß mich an. »Warum singst du nicht?«, fragte er.
    »Mir ist nicht danach.«
    Der Karren rumpelte über die Wiese, dann auf einem Weg am Feld entlang. Ich sah, dass wir es in der Nacht völlig verwüstet hatten. Der Bauer, der dort gesät hatte, würde an seiner Ernte keine Freude haben.
    Wir müssen ihn entschädigen, dachte ich, sonst wird er im nächsten Winter hungern.
    Hinter dem Feld lag eine breite Schafweide und dahinter der Rhein. Der Fluss war zu meinem ständigen Begleiter geworden. Ich schätzte sein Wasser, das Treibholz, das er uns schenkte, und sein Rauschen, das immer gleich klang, egal, wie sehr sich die Landschaft um uns herum veränderte. Doch an diesem Morgen betrachtete ich ihn zum ersten Mal mit einem mulmigen Gefühl.
    Konrad schien das Gleiche zu empfinden. »Sie werden Peter umbringen, oder?«
    »Ich glaube schon.«
    Hugo trat gegen einen Stein. »Sollen sie doch. Er hat es verdient.«
    Seine Härte war mir schon zuvor aufgefallen, aber nicht so deutlich wie in diesem Moment. Früher war er anders gewesen, freudiger und – ich schreckte beinahe vor dem Wort zurück – netter.
    »Er ist ein Christ«, sagte ich. »Wir wünschen uns nicht den Tod anderer Christen, auch wenn sie etwas Böses getan haben.«
    »Auge um Auge«, gab Hugo zurück. »So will es Gott.«
    »Er will aber auch, dass wir Mitgefühl zeigen«, begann ich, sprach aber dann nicht weiter, weil Nicolaus das Lied beendete und am Ufer des Flusses stehen blieb.
    Der Soldat stoppte den Karren noch auf der Wiese, damit die Räder nicht in Sand und Schlamm versanken, dann sprang er vom Kutschbock. Zwei seiner Kameraden gingen an ihm vorbei und legten das Brett, das sie getragen hatten, in den Sand. Es war fast so lang wie ein Mann, aber schmal wie ein Zaunpfahl. Es war mir vorher nicht aufgefallen, weil die Soldaten auf der anderen Seite des Karrens gegangen waren. Auf einmal wusste ich, was geschehen würde.
    »Konrad, Hugo«, sagte ich, »wollt ihr nicht zurück ins Lager gehen und euch um das Frühstück kümmern?«
    Die beiden sahen mich an, als wäre der Teufel auch in mich gefahren, dann schüttelten sie den Kopf. Ich hätte es ihnen befehlen können, doch dann wären sie heimlich ans Ufer zurückgeschlichen, um zuzusehen. Also ließ ich es.
    Soldaten hoben Peter von dem Karren, lösten die Knoten seiner Fesseln. Seine Söhne knieten gemeinsam mit Nicolaus am Ufer. Ich hörte sie beten, gelegentlich schluchzen. Sie hatten ihrem Vater den Rücken zugewandt. Ich glaubte nicht, dass sie wussten, was ihm bevorstand.
    Peter hingegen erkannte es in dem Moment, als man ihn an das Brett fesselte, und die Benommenheit fiel von ihm ab.
    »Nein«, stieß er hervor. »Nein, nein!«
    Er schien zu keinem anderen Wort mehr fähig zu sein. Seine Söhne drehten sich zu ihm um, der Jüngere wollte aufspringen, aber Nicolaus

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