Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)
ein Feuer.
Er sah erst auf, als ich neben ihm stehen blieb und mein Schatten auf sein Gesicht fiel. »Ich habe dir etwas zu essen gebracht«, sagte ich.
Er warf einen kurzen Blick auf das Brett. »Danke, Schwester, aber ich bin nicht hungrig.«
»Und …« Ich zögerte, wusste nicht so recht, wie ich anfangen sollte. »Und ich möchte dich in Nicolaus’ Namen fragen, ob du uns heute zum Bankett bei dem Ratsherrn der Stadt begleitest.«
»Warum fragt er mich nicht selbst?« Diego klang gleichgültig. Mit den Fingern nahm er etwas Fett aus einem Holznapf und begann es auf dem Sattel zu verreiben.
»Weil er keine Zeit hat.«
»Aha.« Er sah auf einen Punkt in der Ferne. Ich folgte seinem Blick und sah Nicolaus, der sich auf einem Fell in der Sonne ausgestreckt hatte und gähnte.
Ich verzog das Gesicht. »Wirst du uns begleiten?«
»Ja.«
Mit langsamen, kreisenden Bewegungen arbeitete er das Fett in das Leder des Sattels ein. Adern traten blau auf seinem Hand rücken hervor. Er schenkte mir nicht mehr Beachtung als ein Bauer einem Huhn, das auf dem Hof neben ihm nach Würmern sucht.
Ich stand da, mit dem Brett voller Schweinebauch in der Hand, und fühlte mich dumm. Ich wollte mich entschuldigen, mich bedanken, mich einfach umdrehen und gehen, doch je länger ich wartete, desto schwieriger wurde es, das eine oder das andere zu tun.
Nach einer Weile sah er dann doch auf. »Möchtest du sonst noch etwas, Schwester?«
»Es …«, begann ich. Am liebsten wäre ich gegangen, doch das wäre feige gewesen. Er hatte mir geholfen, mehr als einmal, und ich hatte es ihm mit Misstrauen gedankt. »Es tut mir leid, was ich gesagt habe, und ich danke dir, dass du mich trotzdem gerettet hast.« Die Worte sprudelten so schnell aus mir heraus, dass ich sie selbst kaum verstehen konnte. »Und jetzt muss ich zu meinen Söhnen.«
Ich ging los. Der Geruch des Schweinebauchs stach in meine Nase. Ich kam drei Schritte weit, dann hielt mich Diego auf. »Warte.«
Er legte den Sattel ins Gras, stand auf und kam zu mir. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass einige Menschen uns neugierig beobachteten. Die meisten Erwachsenen mieden Diego. Dass ihn ausgerechnet eine Frau aufsuchte und allein mit ihm sprach, verstieß fast schon gegen die Regeln des Anstands und würde abends am Feuer bestimmt für Gesprächsstoff sorgen.
Mir fiel das Brett ein, das ich in Händen hielt, und ich dachte erschrocken: Wie sieht das nur aus?
Diego schien meinen Gesichtsausdruck misszuverstehen, denn er hob beschwichtigend die Hände. »Keine Angst, ich will dir doch nichts tun.«
»Ich weiß.« Ich trat einen Schritt nach hinten, um etwas mehr Abstand zwischen uns zu bringen. Er machte einen Schritt vor, ich einen weiteren zurück.
»Was ist denn …?« Er klang verärgert, brach dann jedoch ab und sah sich kurz um, bemerkte die Menschen, die uns versteckt hinter ihren Tätigkeiten beobachteten. »Oh«, sagte er und blieb stehen. Er räusperte sich. »Ich nehme beides mit Freuden an, deine Entschuldigung und deinen Dank.«
Ich nickte, ohne ihn anzusehen. Es verunsicherte mich, dass man uns beobachtete.
Dieses Mal hielt Diego mich nicht auf, als ich ging.
Den Rest des Tages verbrachte ich mit Hugo und Konrad. Wir molken Kühe, sammelten Holz und angelten im Fluss. Dass wir nichts fingen, störte uns nicht. Es gab genug zu essen, zum ersten Mal in unserem Leben machten wir uns keine Gedanken über die nächste Mahlzeit.
Bis zum Nachmittag lenkte mich die Arbeit ab, doch dann begann ich mit Nervosität an den Abend zu denken. Der Ratsherr erwartete uns nach der Abendmesse in seinem Haus. Das waren nur noch wenige Stunden.
Ich wurde immer fahriger, hörte Konrad und Hugo kaum noch zu. Schließlich verabschiedete ich mich von ihnen. Sie wussten von dem Bankett und baten mich, ihnen alles darüber zu erzählen, wenn ich zurückkam, vor allem, was es zu essen gegeben hatte. Konrad erinnerte mich zweimal daran, bevor er mich gehen ließ.
Ich fand Lukas bei den Karren, so wie ich vermutet hatte. Die Soldaten hatten sie am Rande der Wiese zusammengeschoben und einen Zaun aus Stricken und Pflöcken um sie errichtet. Erst als Lukas ihnen zunickte, durfte ich hinein.
»Ich würde mir gern etwas von der gespendeten Kleidung nehmen«, sagte ich.
Lukas musterte mich. »Wieso? An deiner ist doch nichts auszusetzen.«
»Wenn ich so zum Bankett gehe, werden selbst die Dienst boten lachen.«
»Würde dich das stören?«, fragte jemand hinter mir.
Ich drehte mich
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