Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)
Streiter des Heiligen Grabs, die Gotteskrieger, die Jerusalem befreien werden. Wir sind mächtiger als jeder Schultheiß, jeder Vogt, jeder König.«
Einige stießen erschrocken den Atem aus, als er dies sagte. Ich sah mich um, befürchtete auf einmal, ein Fremder könne seine Worte hören.
»Sie alle sind gescheitert, wo wir siegen werden«, fuhr Nicolaus fort. »Warum? Neid nagt an ihrer Seele, wenn sie uns sehen, und sie sind erfüllt von Missgunst. Der Teufel hat leichtes Spiel mit solch schwachen Menschen, sieh dir nur Peter an! Und ihren Gerichten willst du dich unterwerfen? Sie würden eher uns die Schlinge um den Hals legen als ihm.«
Er taumelte. Lukas war sofort an seiner Seite, um ihn zu stützen, und sagte wütend zu Diego: »Wie kannst du es wagen, die Worte des Engels zu hinterfragen? Wenn dein Glaube so schwach ist, warum verschwindest du nicht?«
»Genau!«, schrie ein Mädchen. Es war eines der beiden, die in der Nacht an unserem Feuer gesessen hatten. »Was willst du überhaupt hier?«
Diego hob beschwichtigend die Hände. »Es war nicht meine Absicht, Unfrieden zu stiften.«
»Ich weiß«, sagte Nicolaus. Die Blässe war in sein Gesicht zurückgekehrt. »Du hast aus Mitgefühl gehandelt, das ehrt dich. Und zudem ist es vielleicht gut, dass nun alle wissen, gegen was wir ankämpfen müssen.« Er schüttelte Lukas’ Griff ab und drehte sich zu Peter um. Doch er sah ihn nicht an, sondern nickte nur einem der Soldaten zu. »Übergebt seinen Körper dem Feuer.«
Peter warf sich in seinen Fesseln herum, schreiend vor Angst. Seine Söhne streckten die Arme aus, versuchten ihn zu erreichen, vielleicht, um ihn zu umarmen, vielleicht, um ihn festzuhalten.
»Wartet!« Mir wurde erst klar, dass ich es gerufen hatte, als alle den Kopf wandten und mich ansahen.
Selbst Nicolaus fuhr herum, ob erschrocken oder wütend, konnte ich nicht sagen. Er winkte mich heran. Die Menge teilte sich vor mir. Konrad ließ meine Hand nur zögernd los.
Ich trat in den Kreis. Meine Beine zitterten so sehr, dass ich Angst hatte zu stürzen. Diego warf mir einen Blick zu und schüttelte kaum merklich den Kopf, als wollte er mich warnen.
»Sprich«, sagte Lukas. Peter schrie so laut, dass ich ihn kaum verstand. Ein Soldat sprang auf den Karren, schlug ihm mit dem Knauf seines Schwertes ins Gesicht, und die Schreie brachen ab, steif fiel Peter um. Wenn seine Söhne ihn nicht aufgefangen hätten, wäre er mit dem Kopf auf die Bretter geschlagen.
»Sprich«, sagte Lukas erneut. Es klang wie ein Befehl.
Ich sah Nicolaus an. »Verbrenne ihn nicht. Das ist ein schrecklicher Tod, schlimmer als jeder andere. Er hat doch nur versucht, seinen Sohn zu retten.« Einen Moment lang dachte ich an Konrad und Hugo, fragte mich, ob ich dem Teufel hätte widerstehen können. »Satan hat seine Liebe ausgenutzt, mehr nicht.«
»Sie hat recht.« Ich hatte nicht geglaubt, dass Diego noch einmal etwas sagen würde. »Peter ist keinen Pakt mit dem Teufel eingegangen. Er hat heimlich von ihm Besitz ergriffen.«
Nicolaus stützte sich auf seinen Stab und schloss die Augen. Eine ganze Weile lang schwieg er. Ich hörte meinen eigenen lauten Herzschlag, Peters benommenes Wimmern, das Rascheln und Flüstern der Menge. Konrad und Hugo waren mir so weit gefolgt, dass sie ganz vorne standen. Ich lächelte, Konrad lächelte zurück, Hugo verzog nur den Mund. Ich sah die Angst in ihren Augen.
»Ich habe meine Seele gefunden«, sagte Nicolaus plötzlich. Ich sah ihn an, wusste nicht, was er damit meinte.
Er öffnete die Augen, sie waren blutunterlaufen und trüb, und ich erschrak bei ihrem Anblick.
»Ich bin die Stimme Gottes, mehr nicht«, fuhr er fort. »Ich verkünde, was der Engel sagt, und Lukas ist meine Hand. Er verwandelt die Worte des Engels in Wirklichkeit. Aber du …« Er nahm den Blick nicht von mir. »Du, Madlen, bist meine Seele. Du erkennst, was der Stimme und der Hand verborgen bleibt.«
Nicolaus wandte sich ab von mir. Ich war so erleichtert, dass ich seufzte.
»Wir werden Peter nicht verbrennen wie einen Hexer«, rief er der Menge zu. »Wir sind Christen, keine Barbaren. Gott soll entscheiden, ob er ihn dem Teufel überlässt oder ihn zu sich holt, denn nur seine Gerechtigkeit ist wahre Gerechtigkeit.«
»Amen«, sagten viele Stimmen gleichzeitig. Ich bekreuzigte mich und wollte an Nicolaus vorbei zu meinen Söhnen gehen, aber er hielt mich auf.
»Danke, Schwester«, flüsterte er. »Gott spricht wahrhaftig aus deinem
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