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Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)

Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)

Titel: Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sollen, was einmal war (und was sein könnte).«
    Mit dem Buchhändler ist der Protagonist nach Italien gereist. Der Buchhändler ist seiner Funktion »beraubt«, denn die Menschen bringen ihm ihre Bücher zurück, weil sie die emotionsgeladenen Wörter nicht mehr verstehen, »Liebe, Schönheit, Musik, die von Gefühlen leben«, sind nun bedeutungslos.

    In Florenz gesellt sich ein »Deutscher« zu den beiden, der entsetzt ist, dass in der Kirche an die wertvollen Fresken Kinder genagelt sind wie seinerzeit Jesus ans Kreuz. Ein Priester erläutert das Ungeheuerliche: Die Werkzeuge, Hammer und Nägel, wollte er den Kindern vorführen und sie ihnen als Devotionalien mit nach Hause geben. Doch die Kinder begannen sogleich, damit einander an die Wandfresken zu nageln. Und die zwei übriggeblieben Kinder bettelten so lange, bis der Priester auch sie als »Kinder Gottes« dort kreuzigte. Sprach die Akademie der Künste von »Geschmacklosigkeit«, so lässt sich hier auch eine Kritik am Kruzifix-Kult des Christentums erkennen, speziell am Kult des »Arma-Christi-Kreuzes«, das Hammer, Nägel, Lanze, Schwamm auf dem Kruzifix abgebildet zeigt, um das Leiden Jesus’ zu verdeutlichen. Ob man das nicht schon als Geschmacklosigkeit betrachten kann, insbesondere wenn der Leib Christi nicht mehr als ganzer Korpus, sondern in einzelnen Teilen (Hände, Füße und Kopf) dargestellt wird, sei dahingestellt. An originellen Einfällen mangelt es Heinz von Cramer, nicht jedenfalls und man hätte sich gewünscht, dass der 2009 verstorbene Autor, der mehr noch als Komponist und Regisseur bekannt ist, seinen Stoff noch selbst hätte inszenieren können, in der ihm eigenen originellen Weise. So kommt die Produktion etwas brav daher. Lediglich in den letzten Sätzen bzw. den letzten Fragen, die kanonartig wiederholt werden, blitzt mal etwas davon auf, wie man das Stück noch interessanter hätte realisieren können.
    Dieses Science-Fiction-Hörspiel spricht moralische, ethische, psychologische und gesellschaftspolitische Fragen an. Das Bild vom Müll – ein Sinnbild für den Irrsinn des Menschen, der immer mehr Müll produziert, ohne sich um seine Umwelt und damit sein Überleben zu sorgen. Im Sinne des Autors wahrscheinlich sogar eine Kapitalismuskritik, denn der Kapitalismus produziert immer mehr Waren und damit immer mehr Müll, und auch mit dem Müll selbst lässt sich viel Geld verdienen, auch mit dem Mülltourismus, nicht immer legal. »Allein im Jahr 2010 wurde so viel Müll illegal in Italien entsorgt, dass man damit eine Lastwagen-Kette von Reggio Calabria im Süden bis nach Mailand im Norden befüllen könnte«, so die Umweltschutzorganisation Lagambiente.
    Das Bild der Wüste, das Cramer als Folge der Müllberge entwirft, steht als Sinnbild für die Ausbeutung unseres Planeten. Zuletzt wird der Mensch mit dem von ihm produzierten Wüstensturm hinweggefegt …
    Zum Schluss des Hörspiels dann die unfreiwillige Metamorphose des Protagonisten in ein »Ungeziefer«, einen Floh, was unwillkürlich an Kafkas »Die Verwandlung« erinnert, in der der Protagonist eines Morgens als Käfer aufwacht. Mit dem Unterschied, dass bei Kafka die Erzählung mit der Metamorphose beginnt, während das Hörspiel damit endet. Beiden Protagonisten ist eine auffallende Passivität gemeinsam. »Ob ich noch schlafe oder erwache?«, fragt sich einer der beiden im Hörspiel, und: »Bin ich der eine oder der andere?« Und dann wartet er darauf, dass ihn die sich ihm nähernden Hände »zerquetschen«. Er flieht nicht, er schaut zu, passiv wie bei allen Geschehnissen – eine Selbstbestrafung oder nur Passivität? Während man bei Franz Kafka die harte Schale des Käfers als Panzerung des Protagonisten gegen die Außenwelt deuten kann, stellt Heinz von Cramer die Frage: Verdient ein Mensch, der sich durch Empfindungslosigkeit panzert, ein Mensch zu sein?
    Christiane Timper

MARTIN HEINDEL nach JIRO TANIGUCHI
    VERTRAUTE FREMDE
    Regie: Martin Heindel  ·  Norddeutscher Rundfunk 2012
    Ich hab Probleme mit japanischen Erzählungen mit ihrem Hang zu (mir) nichts sagenden Klischees, ich hab Probleme mit japanischen Familiengeschichten mit all ihrem absurden Ehr- und Traditionsballast, ich hab Probleme mit den japanischen Micky Mäusen und ihrem Anspruch, Kunst zu sein – und dann schneit ausgerechnet mir ein Hörspiel ins Haus, nach eben einer solchen japanischen »Graphic Novel«, einer japanischen Familiengeschichte zumal, und etwas völlig Befremdliches

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