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Das sechste Herz

Das sechste Herz

Titel: Das sechste Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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Bullen in der Redaktion. Wahrscheinlich sind die Bullen gleich hier . Feg mit ein paar Zweigen da drüber, los!« Hubert deutete auf seine Fußabdrücke.
    »Was, wenn wir Spuren verwischen?« Patrick riss mit beiden Händen braune Halme ab.
    »Das wollen wir doch gerade, Mann! Unsere Spuren. Andere Abdrücke waren hier nicht, hast du doch selbst gesehen. Los, los!« Auch Hubert hatte ein paar Zweige gegriffen und schwenkte sie, rückwärtsgehend, hektisch über den Boden, wobei er unentwegt Schimpfwörter vor sich hin murmelte. Patrick tat es ihm gleich und dachte dabei über den Anruf des Redaktionsleiters nach.
    Was bedeutete die plötzliche Aufregung in der Redaktion? Was bedeutete es, dass Tom Fränkel nervös anrief und sie zurückbeorderte?
    In das Schaben der Äste hinein flüsterte Patrick seine Schlussfolgerung. Beim Inhalt der drei Thermobehälter handelte es sich nicht um Herzen von Schweinen, Kühen oder Schafen. Die Kripo befasste sich nicht mit Schlachtabfällen von Tieren. Die Herzen waren menschlich.
    *
    »Na, Süße? Wie geht’s dir?« Er flüsterte, obwohl niemand in der Nähe war. Die kleine Nutte rührte sich nicht. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie an die Decke. Von oben betrachtet sah sie ein bisschen wie Jesus am Kreuz aus – die Arme weit ausgebreitet, die Beine leicht gespreizt. Dass ihre Gliedmaßen mit Kabelbindern an den Metallbeinen der Pritsche befestigt waren, fiel jetzt deutlicher auf als vorher, weil sich die Plastikfesseln bei ihrem wilden Herumzappeln tief in Hand- und Fußgelenke eingegraben hatten. Nun quoll rotblau geschwollene Haut an den Fesselstellen über die Schnüre.
    Lebte sie noch? Er beugte sich dicht vor ihren Mund und lauschte, konnte aber nichts hören. Auch ihr Brustkorb zeigte keine Bewegung. Vielleicht hatte der Tablettencocktail sie umgebracht. Oder es war, weil er sie vorhin ein kleines bisschen gewürgt hatte. Nur ein wenig, weil sie unter den Fesseln so gezappelt hatte, aber womöglich hatte das ausgereicht. Ihm fehlte die Erfahrung mit Würgen.
    Noch war der schmächtige Körper jedenfalls warm und weich. Er wusste nicht, wie lange es dauerte, bis sie begann zu erstarren, denn bei den anderen hatte er sofort angefangen, die Körper zu öffnen, aber diese hier gefiel ihm, und er wollte ein bisschen Spaß, bevor er sie aufschnitt. Genüsslich ließ er das Skalpell über ihren Slip gleiten und beobachtete, wie es mühelos den schwarzen Satin durchtrennte. An der linken Hüfte hatte er ein wenig zu fest aufgedrückt, und in der bleichen Haut erschien ein dünner roter Strich, der sich schnell zu einem dünnen Spalt vergrößerte, aus dem ein feines Blutrinnsal sickerte. Also lebte sie noch, denn Tote bluteten seines Wissens nicht. Seine Zunge leckte über die Oberlippe, während er den Reißverschluss seiner Jeans öffnete und die Hose mitsamt den Boxershorts herunterstreifte.
    Er wollte nicht, dass sie tot war. Er wollte das pochende Herz in ihrer Brust sehen, es sanft mit dem Zeigefinger berühren und beobachten, wie es sich dabei zusammenzog. Gleich.
    Zuerst aber wollte sein Körper ein anderes Vergnügen genießen. Heftig atmend ließ er sich auf die Pritsche sinken und stellte sich vor, dass die kleine Nutte sich unter ihm wand und um mehr bettelte, während er keuchend in sie eindrang.
    Als er fertig war, blieb er noch einen Augenblick lang auf ihr liegen. Der Körper unter ihm fühlte sich noch immer warm an. Ob es ihr auch Spaß gemacht hatte? Wahrscheinlich wollte sie es bloß nicht zugeben und stellte sich deshalb schlafend. Er versetzte ihr einen kleinen Stüber ins Gesicht. Der Kopf rollte zur Seite.
    In seinem Kopf hörte er die Stimme. Sie mahnte. Die Spenderin sei nicht zu seinem Vergnügen hier. Hastig nestelte er Unterhose und Hose wieder nach oben und sah sich dabei um. Was irrational war, denn es war niemand hier. Aber er wurde das Gefühl nicht los, dass die Stimme ihm bei allem folgte, was er tat.
    Jetzt kam der körperlich schwere Teil. Nachdem die Arbeit getan war, musste er alle Überreste zerkleinern und entsorgen. Sollte man ihn finden, durften keine allzu offensichtlichen Beweise darauf hindeuten, dass er die Taten begangen hatte.
    Janina hieß sie. Es passte zu ihr. Auf dem Ausweis in ihrer Umhängetasche sah sie jünger aus. Unschuldig. Niemand hätte von dem Passfoto auf ihre Beschäftigung schließen können.
    Er stellte den mit Eis gefüllten Behälter auf das Tischchen neben der Pritsche und legte die Geräte bereit.

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