Das sechste Opfer (German Edition)
intellektuelles Aussehen verleihen sollte, was sie aber nur bedingt schaffte. Dafür hätte sie noch jede Menge Unterstützung benötigt.
Was mir jedoch besonders auffiel, war sein Parfüm. Er roch, als hätte er heute Morgen in Parfüm gebadet.
Während ich ihm nun ebenfalls von den heiklen Kloproblemen berichtete, versuchte ich einen Blick in seinen Computer zu erhaschen. Ich hoffte, ihn aus dem Büro weglocken zu können, aber das klappte leider nicht. Stattdessen stand er ziemlich schnell auf und wies mir den Weg zur Tür mit den optimistischen Worten, dass ich das schon in Ordnung bringen würde.
Ich versuchte verzweifelt, meinen Aufenthalt in dem Büro noch etwas zu verlängern, aber ich blieb erfolglos. Dafür schnappte ich mir in einem unbeobachteten Moment den Filofax, der neben der Computertastatur lag und steckte ihn in meinen Overall. Dann ging ich aus dem Büro zurück in mein Versteck.
In dem Filofax fand ich zwar immer noch keinen Hinweis auf die Sieben Zwerge, aber dafür etwas viel Besseres: das Passwort für seinen Computer. Ganz hinten unter der Rubrik ERLEDIGUNGEN standen alle Passwörter und PIN-Codes des Chefs des Burg-Verlags.
Zum Glück merkte er den Verlust im Laufe des Tages nicht oder brachte ihn zumindest nicht mit mir in Zusammenhang, denn niemand klopfte an die Klotür meines Verstecks und forderte die Herausgabe des Büchleins, so dass ich nach Mitternacht, als der Verlag frisch geputzt dem Morgen entgegenschlummerte, in sein Büro ging und den Computer einschaltete.
In den einzelnen Ordnern fand ich alles Wissenswerte zu den Büchern, die der Verlag jemals publiziert hatte. Außerdem gab es Markt-Analysen, Marketing-Programme und Verkaufslisten. Eine Menge Zeugs über die letzte Buchmesse und interessante Verkaufsstrategien. Dann gab es einen Ordner mit persönlicher Korrespondenz, die jedoch nicht so interessant war, aber der allgemeine Mail-Eingangsordner, der interessierte mich noch. Dort fand ich eine Menge Memos und Hinweise innerhalb des Marktes, von konkurrierenden Unternehmen, von Autoren und Lektoren. Stück für Stück ging ich die Briefe aus den vergangenen Tagen durch, doch auch hier konnte ich nichts Verdächtiges finden.
Langsam wurde ich mir immer sicherer, dass es mit meinem Buch tatsächlich klappen könnte.
Ich deponierte den Filofax ein wenig versteckt auf dem Schreibtisch und verließ das Büro wieder, um mich nach einer Stippvisite in der Druckerei wieder in mein Versteck zurückzuziehen. Mein Buch als druckfertige Version wartete darauf, vom Lektor noch einmal Korrektur gelesen zu werden.
Glücklicherweise beschloss ich in der nächsten Nacht noch einmal, in das Chefbüro zu gehen, denn da lohnte sich mein Besuch. Nach Durchsicht der frischen Briefe auf dem Schreibtisch der Sekretärin fand ich im Mail-Ordner schließlich die Nachricht, auf die ich schon die ganze Zeit gewartet hatte.
Sie kam von einem angeblichen Anwaltsbüro, war alles andere als freundlich und besagte, dass sowohl den Anwälten als auch den Klienten zu Ohren gekommen sei, dass der Druck des Buches von Peter Mustermann nicht aufgehalten werde. Sollte sich das nicht sofort ändern, müsse der Burg-Verlag mit schwerwiegenden Konsequenzen rechnen. Die Absender behaupteten, dass ihre Klienten drastische Maßnahmen ergreifen würden, sollte ihrem Anliegen nicht Folge geleistet werden.
Die Mail war noch ungelesen, was meinem klopfenden Herzen etwas Beruhigung verschaffte. Noch war nichts verloren.
Ich markierte kurzerhand diese Mail und löschte sie aus dem Ordner. Um zu verhindern, dass sie morgen eine weitere Drohung schicken würden, kickte ich gleich das ganze Mail-Programm vom Rechner des Geschäftsführers. Der sah nämlich nicht so aus, als könne er sich in solch einem Notfall selbst behelfen. Ich war mir sicher, dass er einen Computer-Experten rufen musste, um das in Ordnung bringen zu lassen. Damit hatte ich wertvolle Zeit gewonnen.
Am nächsten Tag hätte ich fast einen glücklichen Hüpfer gemacht, als ich den Jungs in der Druckerei mitteilte, dass das Klo mit Sicherheit bald wieder betretbar sei und dabei sah, dass ein mir bekannter Text aus der Druckmaschine lief. Es war soweit. Mein Buch wurde gedruckt.
Eine Frage von Sekunden
In der kommenden Nacht war der Computer des Chefs noch immer nutzlos für alle Mailschreiber, offenbar hatte er noch gar nicht gemerkt, dass etwas nicht in Ordnung war. Und am Morgen danach überwachte ich mit Freude, wie begonnen wurde, mein Buch mit einem
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