Das Sexprojekt: Wie ich (mich) auszog, die beste Liebhaberin der Welt zu werden (German Edition)
die Empfangsdame aus und landet auf ihrem Hinterteil. Da fühle ich mich gleich viel wohler.
Wir haben ein Menü vorbestellt und lassen uns überraschen. Solange keine Aale kommen, bin ich für alles offen. Das Restaurant geht da aber kein Risiko ein und liefert, wie alle modernen Läden, eine Asia-Fusion-Küche oder wie man das beschreiben mag. Es gibt eine ausgezeichnete Tom-Yam-Suppe mit ausreichend Garnelen, als einziges Problem entpuppen sich die Glasnudeln. Mit einem Löffel Glasnudeln zu essen, ist ja schon eine Herausforderung, aber dabei elegant auszusehen, ist eine Kunst. Die ich nicht beherrsche. Zack, da ist er, der Fleck auf dem Kleid. Im Hintergrund ertönt Massive Attack und wir machen uns über den Lachshauptgang auf Wokgemüse her. Am Tisch nebenan sitzt ein junges Pärchen, die sind höchstens Anfang 20. Wie die sich das leisten können , denke ich und spitze die Öhrchen. »Mein Papa«, höre ich den Knirps da auch schon tönen und im folgenden Monolog noch die Wörter Golf , Tennis und Dividendenrendite . Alles klar.
Diejenigen Lesefrösche, die, ebenso wie ich, Süßes und Nachspeisen für eine der größten Errungenschaften der Menschheit halten, haben die verdammte Pflicht, die Schoko-Chili-Brûlée im Q zu probieren. Die hat mir ein derartiges Stöhnen entlockt, dass gleich die Bedienung kam. Ob alles in Ordnung sei. Den Espresso nehmen wir wieder in der Bar, ein Plätzchen am Kamin ist frei. Direkt neben uns, an einem Tischchen mit Polsterliegewiese, fläzt: der Boxer. In seinem Arm eine sehr, sehr junge Frau. Wenn Sie sich jemals gefragt haben sollten, wer, außer vielleicht Victoria Beckham und einem Fötus, all diese Size-Zero-Sachen tragen kann: die Freundin des Boxers. Die schmiegt sich an ihn und beide schauen abwechselnd in das jeweilige iPhone. Was die Mädels immer an diesen Vollpfosten finden – ich meine, die muss sich ja mal gedacht haben: »Hey, dieser tumbe Typ mit der platten Nase und dem aggressiven Blick, der ist aber süß.« Na ja, ich muss hupen mit meinen fünf Geralden.
Ich sehe mich in der inzwischen gut gefüllten Bar um: Die Frauen tragen hier alle Size Zero. Nur ich nicht. Und alle gucken alle paar Minuten auf ihr Handy. Sobald ein neues Gesicht an der Bar erscheint, drehen sie die Köpfe, um zu sehen, ob es vielleicht jemand ist, den man kennt. Ich nehme zumindest an, dass dies der Grund ist, bei mir ist es so. Neu ist allerdings, dass man selbst gescannt wird. Könnte ich von vorne beginnen, würde ich die Bar mit einem großen Hut und einer Riesensonnenbrille betreten und dann zuschauen, wie alle raten, wer sich da versteckt. Vielleicht würde ich hin und wieder meinen Handrücken an meine Stirn halten und die Bedienung Darling nennen.
Im Moment kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, leichtfüßig in einem Spa rumzuhüpfen, ich gehe wahrscheinlich unter. Ich bin pappsatt und werde müde. Davor warnte doch schon immer der Bademeister, oder? Wie daraus eine erotische Stimmung werden soll, ist mir schleierhaft.
Während L. sich noch ein Bier bestellt, weil ihm die würzigen Nüsse, die dazu gereicht werden, so gut schmecken, höre ich den beiden Blondinen am Nachbartisch zu. Die eine hat sich nämlich eine Kette bestellt. Von einem Typen, der »das alles ganz in Handarbeit macht«. Aber, oh weh: Sie hatte Silber und Grün bestellt und jetzt ist das Grün »so ein Pistaziengrün«. Während die andere Blondine sich die Hand vor den Mund schlägt und »Nein!« ruft, denke ich gerade an die Pension Bärenfels in einer kleinen Ortschaft in Österreich. Da war ich als Kind oft und es gab drei Gästezimmer, außerdem eine Stube, die Küche und die letzte Tür im Gang war die Stalltür. Gut, die Asia-Fusion-Küche gab es dort nicht, aber man konnte mitsamt einer Kartoffel im Strumpf recht entspannt vor dem Kachelofen sitzen. »Los, gehen wir«, ich ziehe L. am Ärmel mit, der sich wehmütig von den Nüsschen verabschiedet.
Die Rezeptionistin begleitet uns auch in den Spa-Bereich. Ob das Special oft gebucht wird, will ich wissen. »So jedes zweite Wochenende«, erzählt sie bereitwillig, »meistens junge Paare, aber auch mal ältere. Letztens zwei Freundinnen, die haben das als Mädelsabend gebucht.« Das ist natürlich eine geniale Idee. Ich freue mich zwar wirklich auf das Spa-Erlebnis mit L., aber mit Jana hätte ich hier auch richtig viel Spaß. Wahrscheinlich würden wir Haarkuren in der Sauna einwirken lassen und mit Gurkenmaske vor dem Beamer liegen – auch
Weitere Kostenlose Bücher