Das Sexprojekt: Wie ich (mich) auszog, die beste Liebhaberin der Welt zu werden (German Edition)
seinen gesamten Körper entlang, dann legt sie ein Tuch über ihn, das an den Enden kleine Quasten hat, und zieht es ganz langsam vom Kopf an herunter. Das muss wunderbar sein. Vielleicht ein bisschen so wie in der Badewanne, wenn man den Stöpsel zieht, während man noch drinsitzt. Da spürt man auch jeden Millimeter seines Körpers. Sie knetet und walkt und schüttelt und vibriert den gesamten L. Neben der Liege hat Ruth eine Schüssel mit heißem Wasser und ein paar Tücher. Die heißen Tücher verteilt sie auf L.s Rücken und Schultern und lehnt sich mit ihrem Oberkörper darauf, ich höre ein wohliges Grunzen. Das war jetzt nicht Ruth.
Die trocknet L. ab, flüstert ihm etwas ins Ohr und L. dreht sich auf den Rücken. Von der Zehenspitze bis zum Scheitel wird jeder Zentimeter L. achtsam berührt, gestreichelt und massiert. Dass sie dabei keinen Teil seines Körpers auslässt, sieht nur natürlich aus. Es wäre komisch, wenn sie einen Bogen um L.s Genitalien machen würde – was L. gut gefällt, das ist deutlich zu sehen. Ich freue mich immer noch.
Es heißt, im Tantra würde die sexuelle Energie, die durch die Berührungen entsteht, immer wieder über den gesamten Körper »ausgestreift«, das bedeutet, nach den Berührungen im Intimbereich wird über den ganzen Körper gestreift, um ihn mit sexueller Energie aufzuladen. Vermutlich muss man nach einiger Zeit nur das Ohr des Massierten berühren und derjenige ist auf 180.
Ruth ist sehr konzentriert, ich hatte vermutet, dass sie hin und wieder nach mir sehen würde, ob bei mir alles in Ordnung ist, ob ich noch etwas Saft möchte oder eifersüchtig gucke. Aber sie ist ganz bei L. und vertieft in jede Berührung, als repariere sie ein wirklich kompliziertes Uhrwerk. Wann habe ich das letzte Mal so achtsam L.s Körper berührt – oder er meinen? , schießt es mir durch den Kopf.
Ruh setzt sich wieder zu ihm auf die Liege und legt seine Beine auf ihre Schultern. Wie ein vierbeiniges Monster sehen sie aus, von der Seite. Die weiß aber auch wo sie hinlangen muss, denke ich, als Ruth sanft die Innenseiten der Oberschenkel entlangstreift. Sie legt seine Beine auf ihren Schenkeln ab und beugt sich nach vorn, dreht L.s Brustwarzen zwischen ihren Fingern. Und dann versucht sie ihm einen runterzuholen. Hoppla.
Wo vorher Sanftheit und Berührung, Respekt und Zartheit war, wabernd in einer orangenen, warmen Mischung aus Räucherstab und indischen Klängen, ist jetzt eine nackte Frau, die meinem L. für Geld einmal »Handentspannung« gibt. L. muss das ähnlich empfinden, der rührt sich jetzt nämlich und hebt den Kopf. Ruth sieht ihn fragend an und L. sagt freundlich: »Das war sehr schön bis jetzt, danke.« Ruth vermutet, dass L. andere Praktiken bevorzugt und antwortet: »Sag mir, was du brauchst.«
Es passiert ja öfter, dass während eines Gesprächs eine skurrile Situation entsteht, aber wenn sich zwei fremde Leute unterhalten, während die eine das Geschlechtsteil des anderen in der Hand hält, das ist schon in den Top Five. »Eine Dusche?«, fragt L. und zieht sich lächelnd von ihr zurück. Ruth lächelt auch, aber deutlich verunsichert. Sie steigt von der Liege, wickelt sich das rote Tuch um wie ein Handtuch und sieht mich an, während sie leicht entschuldigend mit einer Schulter zuckt. Dann fasst sie sich und sagt: »Ich lasse euch jetzt alleine und gehe mich eben frisch machen, es steht euch frei zu tun, was immer ihr möchtet.« Sagt’s und geht. Ich sehe L. an, L. sieht mich an. »Duschen?«, frage ich. »Duschen!«, sagt L. und verschwindet mitsamt seinem Kimono in Richtung Bad.
Noch während L. im Bad versucht, das Sonnenblumenöl aus den Haaren zu bekommen, betritt Ruth, jetzt wieder im Trägerkleid, das Zimmer. Sie hat uns Saft mitgebracht und setzt sich zu mir. »Erwarten die Männer, die hierherkommen, einen Orgasmus zum Schluss?«, frage ich sie. »In der Regel schon«, antwortet sie. »Alles kann, aber nichts muss«, sagt sie. » Ein Orgasmus ist eigentlich nicht das Ziel, es geht mehr darum, eine tiefe Entspannung zu erreichen, es soll eine aufregende Reise für den Körper und die Seele sein und es ist vorher nie klar, wohin die Reise geht.« Das klingt ja wie aus der Phrasendreschmaschine. Sie meint es aber wirklich so.
Ob mehr Frauen oder mehr Männer zu ihr kommen, will ich wissen. Oder Paare, so wie wir? »Hauptsächlich Männer«, sagt sie, »Und hauptsächlich zum Lustgewinn.« Sie beugt sich zu mir. »Wenn ihr hier rausgeht, frage ihn
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