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Das sexuelle Leben der Catherine M.

Das sexuelle Leben der Catherine M.

Titel: Das sexuelle Leben der Catherine M. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Millet
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mit einem misstrauischen Mittelsmann von etwa fünfunddreißig Jahren, der aussah wie ein Immobilienmakler. Vorsichtshalber ließ ich mich von einem Freund begleiten, der sich im Hintergrund hielt. Ich weiß nicht mehr, worüber wir sprachen und wie das Treffen hätte aussehen sollen. Ich glaube, der Mann erzählte sehr viel von der Frau, die wir treffen sollten, während ich mir überhaupt nicht vorstellen konnte, mich gedanklich an die Stelle der Prostituierten zu versetzen, und die Rollen vertauschte; ich stellte mir die Frau wie ein alterndes Callgirl vor, mit ausgebleichtem Haar und schlabbriger Wäsche lag sie auf einer plüschigen Tagesdecke, schweigsam, aber streng. Als er mich zu einem bekannten kleinen Hotel in der Rue Jules-Chaplain brachte, begriff ich trotz meiner Naivität, dass ich diese Frau niemals zu Gesicht bekommen würde. Da wir so viel von ihr gesprochen hatten, verbannte ich sie vielleicht sofort und für immer in den Bereich der Vorstellung. Das Zimmer war gemütlich. Er zündete zwei Nachttischlampen an, machte sich aber nicht die Mühe, die Deckenlampe auszuknipsen. Er zog gleich den Reißverschluss auf und verlangte, dass ich ihm einen blies – im Ton derer, die einen in der Metro anrempeln und sich entschuldigen, dabei aber den Eindruck erwecken, als sei man selber schuld. Ich war froh, dass ich mich nicht mehr mit seiner Unhöflichkeit auseinander setzen musste, und kam der Aufforderung nach. Er legte sich auf den Bettüberwurf aus Satin, sein Schwanz war sehr hart und einfach zu handhaben. Ich kniete im rechten Winkel zu seinem Becken, eine sehr bequeme Stellung, und atmete regelmäßig, ohne müde zu werden. Ich hatte es eilig, fertig zu werden, denn meine Gedanken wirbelten durcheinander. Sollte ich ihn erneut nach der Frau fragen, mit der wir uns angeblich treffen wollten? Das wäre dumm. Sollte ich für die Fellatio Geld verlangen? Aber hätte ich das nicht zuvor machen müssen? Was sollte ich dem Freund erzählen, der auf mich wartete? Ich war überrascht von dem offenen, jugendlichen Ausdruck, der sein Gesicht überzog, nachdem er gekommen war; das stand ganz im Gegensatz zu seinem Verhalten. Es war auch das einzige Mal in meinem Leben, dass ich einen Mann befriedigte, der mir nicht sympathisch war. Als wir das Zimmer verließen, prägte sich mir deutlich das Bild ein – makellose Decke, Sessel, die wir nicht anrührten, Sauberkeit, keine Gegenstände auf dem Nachttisch. Ich habe alles abgestritten, aber ich konnte dem aufmerksamen Freund, der in einem StraßenCafé auf mich wartete, nicht verbergen, dass ich ausgiebig von meinem Mund Gebrauch gemacht hatte. Beim Blasen werden die Lippen innen wund, vor allem wenn man zügig vorgeht. Wenn ich die Lippen ständig auf und ab gleiten lasse, schütze ich immer das steife Glied, indem ich sie über die Zähne ziehe. »Deine Lippen sind ganz geschwollen«, sagte der Freund zu mir und schimpfte mich eine Idiotin. Der junge Mann, der aussah wie ein Immobilienmakler, folgte uns, er beleidigte uns, behauptete, wir wollten einen schlechten Scherz mit ihm machen. Ich habe nicht ganz begriffen, was für einen Scherz. Doch dann war er ruhig.
    Natürlich konnte man sich über mich lustig machen und behaupten, es sei ganz einfach, meinen Körper auszunutzen, ohne dass ich etwas davon hätte. Ich hatte mit relativ wohlhabenden Männern zu tun, aber ich bin nicht geschaffen für die kleine Komödie, die ich hätte spielen müssen, um daraus den materiellen Vorteil zu ziehen, den sie anderen meist zugestehen mussten. Müsste ich wie Regierungschefs alle Geschenke auflisten, die sie von Botschaftern oder ausländischen Präsidenten bekommen, so wäre die Ausbeute bestürzend: ein Paar mit Pailletten besetzte orangene Strümpfe, die ich nie getragen habe; drei breite Bakelit-Armreifen aus den 30er Jahren; Shorts, zweifellos eines der ersten Modelle der Winterkollektion 1970 in perlweißem Strick und mit passender Bluse; ein echtes Heiratsgewand der Berberinnen, eine billige Uhr, eine Brosche, Modeschmuck in barocker Form, die typisch war für den Anfang der 80er Jahre; eine Kette und ein Ring von Zolotas, die leider sehr schnell matt wurden; ein Pareo mit perlenbestickten Rändern; ein elektrischer Massagestab einer japanischen Marke und drei kleine Metallkugeln, die man in die Scheide einführt und die angeblich erregend sein sollen, doch bei mir hat es nie gewirkt … Hinzufügen muss ich noch die finanzielle Beteiligung an einem Abendkleid von

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