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Das Siebte Kind - Das Geschenk der Telminamas (German Edition)

Das Siebte Kind - Das Geschenk der Telminamas (German Edition)

Titel: Das Siebte Kind - Das Geschenk der Telminamas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. C. Schmelz
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unterging. Erinnerungen an die Mutter, die ihn jeden Abend ins Bett gebracht hatte, obwohl sie selbst von der vielen Arbeit so müde gewesen war. Und Sid wurde warm ums Herz und tiefer Friede legte sich über ihn. Das wundervolle Strömen in seinem Körper wurde stärker und stärker, nach einiger Zeit existierte für Sid nur noch dieser Fluss, auf dem er in eine andere Welt hinübertrieb, in eine Welt, in die ihm die Sorgen und die Trauer nicht nachfolgen konnten. „Du wirst einen Weg zurück finden“, hörte er dabei noch eine unbeschreiblich wohltuende Stimme, die von ganz weit her zu kommen schien. „Du wirst deine Familie wiedersehen.“ Und dann wusste er von nichts mehr.
    Als Sid aufwachte, konnte er nicht sagen, wie lange er geschlafen hatte, aber jedenfalls war Hilgaard wieder da. Sie saß am Tisch und rührte eine ihrer Heilsalben an.
    Einen kurzen Moment blieb Sid noch liegen und versuchte zu begreifen, wieso er überhaupt keine Angst mehr spürte. Irgendwie war er vollkommen verändert. Da erinnerte er sich an die schöne Stimme, die er in seinem traumartigen Zustand gehört hatte. Von ihr schien diese gewaltige Kraft zu kommen, die all seine Zweifel besiegte. Irgendetwas in seinem Innern strahlte so hell wie ein Stern in finsterer Nacht, und Sid fürchtete sich nicht mehr davor zu sterben, nur noch vor den Schmerzen, die auf ihn warteten.
    Er stand auf und trat zu Hilgaard „Auch wenn ich den Nebel am Ende nicht vertreiben kann, ich werde in dieses Land gehen, von dem du mir erzählt hast. Und ich werde wiederkommen“, sagte er mit felsenfester Überzeugung.
    „Nun gut, Sid“, erwiderte Hilgaard mit ernster Stimme. „Dann möchte ich dir einen stärkenden Trank mitgeben.“ Sie stand auf und ging zu den Vorratstöpfen hinüber. Sid sah, wie Hilgaard ein paar Beeren zerdrückte, sie dann zusammen mit etwas von der milchartigen Flüssigkeit in ein kleines, rundes Tongefäß gab und zum Schluss den Behälter mit einem Holzpfropfen verschloss.
    „Hier, nimm, und trinke erst davon, wenn du keinen anderen Weg mehr weiter weißt“, mahnte ihn die alte Kräuterfrau und reichte ihm das Gebräu.
    Ehrfurchtsvoll nahm Sid die kleine Tonflasche entgegen und steckte sie in die Brusttasche seines Mantels.
    „Dann wollen wir keine Zeit verlieren“, drängte Hilgaard. „Ich werde dir jetzt den Eingang in das Land der Toten zeigen.“ Sie nahm eine Kerze vom Tisch und schritt auf den hinteren Abschnitt der Höhle zu. Nach einem kurzen Moment des Zögerns schulterte Sid seinen Rucksack und folgte ihr.
    Hilgaard führte Sid zu einer Spalte, die sich wie ein schmaler, niedriger Gang immer weiter und weiter in das Innere des Berges zu ziehen schien. Da die Kräuterfrau hier ihren Stock nicht mitnehmen konnte und sich an den rauen Felswänden abstützen musste, kamen die beiden nur sehr langsam vorwärts. Nach einer kleinen Ewigkeit in der drückenden Finsternis öffnete sich der Gang plötzlich und Hilgaard und Sid standen am Eingang einer ziemlich großen Höhle, deren unerwartet hohe Felsendecke von unzähligen eigenartig geformten Steinsäulen getragen wurde. Ein zarter, bläulicher Schimmer und ein leises, gurgelndes Rauschen erfüllten den Raum.
    Nach ein paar weiteren Schritten begriff Sid, woher das eigenartige Leuchten kam, denn er erspähte vor sich einen unterirdischen Wasserstrom, der in einer leichten Vertiefung quer durch die Höhle floss und dieses eigenartige Licht von sich gab. Vorsichtig trat er zwischen den Felssäulen näher.
    „Hier trennen sich unsere Wege“, hallte Hilgaards heisere Stimme von den glatten Wänden wider. Sid zuckte zusammen und drehte sich um. Hilgaard stand noch am Ende des Ganges und blickte mit wehmütigem Gesichtsausdruck zu ihm herüber. „Von nun geht deine Reise ohne mich weiter, Sid. Du musst nur diesem Fluss folgen, er wird dich sicher an dein Ziel bringen. - Ich wünsche dir viel Glück.“
    „Das kann ich bestimmt gebrauchen. Danke für alles“, meinte Sid leise und hob die Hand zum Abschied. Bedrückt beobachtete er, wie die Kräuterfrau kehrtmachte und langsam mit der Kerze in der Hand im Felsenspalt verschwand. Dann war er alleine und seine einzige Lichtquelle war das gurgelnde blaue Wasser neben seinen Füßen.
    Sid merkte, wie heftig sein Herz mit einem Mal bis zum Hals herauf pochte und sein Atem schneller wurde. Hier also war der Eingang ins Land der Toten, in dem die Gesetze der Welt auf ihn warteten. Angespannt folgte er dem Wasserlauf an seinem

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