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Das Siebte Kind - Das Geschenk der Telminamas (German Edition)

Das Siebte Kind - Das Geschenk der Telminamas (German Edition)

Titel: Das Siebte Kind - Das Geschenk der Telminamas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. C. Schmelz
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seinen Gedanken. Voller Freude, endlich wieder den elterlichen Hof zu sehen, wandte er sich von der Eiche ab und folgte mit Siri dem Weg, den er so oft gegangen war, um Lebensmittel zu holen oder zu verstecken. Nach einer Weile erreichte er den Waldrand und trat aus dem dichten Unterholz. Wie vom Schlag getroffen blieb er stehen. Ein weiter See lag vor ihm, kein Kartoffelacker. Irgendwo in der Mitte der gewaltigen Überschwemmung ragten die Reste seines Elternhauses und der Ställe aus dem dreckig braunen Wasser hervor. Der Sturm von vor drei Tagen hatte all die Dächer fortgeblasen und die meisten Wände stark beschädigt. Es war so unheimlich viel Regen gefallen, dass der nahegelegene Bach die tosenden Fluten nicht mehr hatte ableiten können.
    Sid starrte auf das schreckliche Bild der Zerstörung und sein Herz schien zu gefrieren. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Alles war leer in ihm. Die Familie war weg, das Haus zerstört. Und alles versank im Nebel.
    Nach langer, langer Zeit wischte sich Sid die Tränen von den Wangen und schwang sich auf sein Pferd. Vorsichtig ritt er am Rand des Sees entlang und dann in Richtung Dorfstraße. Zunächst reichte Siri das schlammige Wasser dort noch bis über die Fesseln, doch nach einiger Zeit ging die Überflutung immer mehr zurück. Allerdings traf Sid nun auf eine zunehmende Anzahl entwurzelter Bäume.
    Als Sid nach etwa einer Stunde die kleine Ansiedlung erreichte, musste er schockiert feststellen, dass es die Häuser hier noch viel schlimmer erwischt hatte als den Hof seiner Familie. Kein einziges Gebäude war heil geblieben. Überall türmten sich nur noch große Haufen von Holzbalken und Steinen auf der kahlen Erde. Sid fühlte sich wie in einem schlechten Traum, aus dem es kein Entrinnen gab. Benommen suchte er in den Trümmern nach Spuren der Bewohner, aber niemand war zu finden. Vermutlich hatten Erko und die anderen frühzeitig erkannt, welch zerstörerische Naturgewalt auf sie zukommen würde.
    Bestürzt musste Sid an seinen Cousin und dessen Familie denken, die nicht allzu weit von hier entfernt wohnten. Er hoffte mit ganzem Herzen, dass der Orkan wenigstens sie verschont hatte. Klamm vor Kälte schwang er sich auf Siris Rücken und beschloss, auf seinem weiteren Weg kurz bei Arek vorbeizuschauen.
    Mit zusammengepressten Lippen trabte er in nördlicher Richtung auf die nebelverhangenen Hügel zu, die sich vor ihm aus den durchweichten Wiesen erhoben, und mehr als nur ein Mal blitzte in ihm dabei der bittre Wunsch auf, so bald wie möglich all die Telminamas freizugeben, egal ob sich das fürchterliche Wetter dann verzog oder nicht.
    Nach einer halben Stunde sank Siri mit ihren Hufen schon nicht mehr allzu tief in die Erde des ausgetretenen Weges ein, dem Sid nun folgte, und auch die entwurzelten oder abgebrochenen Bäume wurden seltener. Alles deutete darauf hin, dass der Orkan in dieser Gegend glücklicherweise nicht so stark gewütet hatte.
    Am späten Nachmittag veränderte sich das Landschaftsbild plötzlich. Eine Vielzahl von Hügeln reihte sich nun munter aneinander und bildete ein wahres Labyrinth von Tälern aus. Ziemlich missmutig ritt Sid auf dem steinigen Pfad entlang, der sich am Fuße der sanften Anstiege dahinzog, und musterte den westlichen Horizont. Obwohl der September gerade erst begonnen hatte, wurde es schon so früh dämmrig, als wäre es Spätherbst. Genervt betrachtete Sid den Himmel und suchte die untergehende Sonne, aber durch die dichte, graue Wolkenschicht, die sich wie ein blickdichter Schleier um die Welt gelegt hatte, konnte er nichts erkennen. Etwas zu heftig trieb Sid seine Stute an, und beinahe wäre er bei dem wilden Galoppsprung, der nun folgte, zu Boden gefallen. Er fluchte lauthals, doch als er sein Gleichgewicht wieder erlangt hatte, war er froh, dass Siri nun etwas schneller lief, denn er wollte unbedingt vor Einbruch der Dunkelheit den Hof seiner Verwandten erreichen.
    Gerade als er jeden Moment damit rechnete, vor sich endlich Areks Elternhaus zu erblicken, hörte Sid neben sich ein Rascheln, das aus einem dichten Haselnussgestrüpp kam. Im nächsten Augenblick schon tauchte eine Horde verwildert aussehender Männer vor ihm auf und stellte sich ihm breitbeinig in den Weg. Nur einer von ihnen stand immer noch wie angewurzelt zwischen den Sträuchern. Siri begann nervös auf der Stelle zu tänzeln und auch Sids Puls schoss rasant in die Höhe. Besorgt musterte er die zehn Fremden, die ihn nun von allen Seiten

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