Das Siebte Kind - Das Geschenk der Telminamas (German Edition)
umringten, aber sie alle hatten sich mit Kapuzen und Tüchern so sehr verhüllt, dass Sid ihre Züge nicht erkennen konnte.
„Wen haben wir denn da?“, höhnte einer der Männer. Er war auffällig kräftig gebaut und offensichtlich der Anführer der Bande. „Seit wann schicken die Reichen ihre Söhne zu uns aufs Land?“
„Ich bin kein Reicher“, entgegnete Sid aufgebracht. „Ich wohne hier in der Nähe.“
„Erzähl keine Märchen. Du sitzt auf einem Pferd, also musst du Geld haben“, fuhr ihn der Räuber an. Er kam näher und wollte Sid die Zügel aus der Hand reißen, doch da war ja nichts. Für einen kurzen Moment starrte der Unbekannte Sid verwirrt an, aber sogleich fasste er sich wieder.
„Steig ab oder wir werden dir ein bisschen dabei helfen“, befahl der Mann grob und packte Sid hart am linken Fuß.
Sid zögerte. Er überlegte, ob er Siri schnell genug wenden konnte, um zu fliehen, doch da sprang einer der Wegelagerer hinter ihm auf den nackten Pferderücken und hielt ihm ein Messer an die Kehle. Brennend schnitt Sid das kalte Eisen in den Hals.
„Schon gut. Ich steige ab. Lasst mich“, keuchte Sid und versuchte, sich von dem bewaffneten Landstreicher zu befreien, doch der verpasste ihm mit der Faust einen heftigen Hieb gegen den Kopf. Sid verlor den Halt und schlug ziemlich unsanft auf dem Boden auf. Stöhnend krümmte er sich zusammen. Er versuchte zu atmen, aber seine schmerzenden Lungen weigerten sich gegen jeden noch so kleinen Atemzug, erst nach einer Weile gelang es ihm, etwas Luft zu schnappen. Immer noch leicht benommen wollte er sich aufrappeln, doch da drangen vier der Räuber auf ihn ein und drückten ihn wieder zu Boden. Sie rissen Sid den Rucksack vom Rücken, fesselten ihn mit Lederriemen an Händen und Füßen und verbanden ihm anschließend noch mit einem rauen Leinentuch die Augen. Dann erst ließen sie von ihm ab und suchten in seinem Gepäck nach Geld oder anderen wertvollen Gegenständen.
Mit brennenden Rippen und dröhnendem Kopf lag Sid da und lauschte angestrengt den Stimmen der Landstreicher, die sich zu beraten schienen. Doch die Männer vermieden es, sich laut zu unterhalten, er konnte ihre leisen Worte nicht recht verstehen. Eisige Panik überflutete Sid und er begann am ganzen Körper zu verkrampfen. Hoffentlich ließen ihn diese Leute wieder frei, wenn sie feststellten, dass er nichts besaß. Er musste doch weiter, um seine Eltern und Geschwister aus Lergos‘ Kerker zu befreien. Verzweifelt dachte er an die vielen Telminamas, die ihn hoffentlich immer noch begleiteten. Er wünschte sich, Maron hätte ihm auch einige „Erinnerungen“ dieser Wegelagerer mitgegeben, aber die Wahrscheinlichkeit war wohl eher gering.
Sid hörte, wie sich die Männer um ihn herum aufstellten.
„Wer bist du und woher kommst du?“, fuhr ihn der Unbekannte von vorhin gebieterisch an.
„Ich heiße Sid und wohne nicht weit von hier in südlicher Richtung“, antwortete er heiser. Sein Mund war vollkommen ausgetrocknet.
Ein erstauntes Raunen ging durch die Landstreicher. „Sid? Der Sid?“, murmelten sie.
„Willst du damit sagen, dass du der Sid bist, den der König schon so lange sucht?“, fragte der Mann wieder und Sid bemerkte den Anflug von Begeisterung in seiner Stimme.
„Ja“, antwortete er verunsichert.
„Das glaub ich ja nicht“, lachte der Räuber laut heraus. „Du bist das Siebte Kind, nachdem sie alle im ganzen Land suchen, und gerade wir bekommen dich in die Finger.“ - „He, Leute, da haben wir einen guten Fang gemacht!“
Die Bande grölte vor Freude, doch Sid konnte nicht so recht verstehen, was die Landstreicher dermaßen in Verzückung brachte.
„Wo hast du das Pferd her?“, wollte der Anführer der Truppe wissen, nachdem sich die anderen wieder beruhigt hatten.
Sid überlegte, was er antworten sollte. War es klug, die Wahrheit zu sagen, oder sollte er lieber lügen? Er entschied sich für den Mittelweg.
„Ich war im Land des ewigen Lebens und habe das Pferd dort geschenkt bekommen“, erklärte er nach kurzem Zögern.
„Hast du etwa die Gesetze der Welt entdeckt?“, fragte der Fremde, aber diesmal klangen seine Worte nicht mehr hart, sondern fast ehrfürchtig.
„Ja, das habe ich. Ich weiß nun genau, wie man das Wetter ändern kann“, sagte Sid mit fester Stimme.
Für einen Moment herrschte helle Aufregung unter den Männern, dann befahl der Anführer seinen Kameraden zu schweigen.
„Das ist gut für uns“, meinte er erleichtert
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