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Das siebte Kreuz

Das siebte Kreuz

Titel: Das siebte Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Seghers
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wünschte sicher, die zwei zähen Gäste möchten weggehen. Plötzlich packte Franz das Tischchen mit seinen beiden Händen. Er wollte seinen Augen nicht trauen. Zwischen den Laternen daher gegen Ellis Haustür kam der Georg, ein paar Blumen in der Hand. Alles in Franz drehte sich um und um in einem rasenden Wirbel. Alles war in diesem Wirbel: Schreck und Freude, Wut und Angst, Glück und Eifersucht. Dann war es vorbei, da der Mann näher kam. Franz beruhigte sich und beschimpfte sich. Dieser Mann hatte mit Georg nur von weitem eine ganz schwache Ähnlichkeit, und selbst die nur, wenn man gerade an Georg dachte.
     
    Die Konditorsfrau war inzwischen wenigstens einen der beiden Gäste losgeworden.
     
    Der junge Herr hatte sein Geldstück hingeworfen und war hinausgelaufen. Franz bestellte sich noch einen Kaffee und noch einen Streuselkuchen.
     
     
     
    Als es jetzt an der Flurtür schellte, glänzte es doch in Ellis Gesicht. Einen Augenblick später stand Heinrich im Zimmer. Er hatte Nelken in der Hand. Er sah ganz bestürzt auf die junge Frau, die auf ihrem Bettrand saß, ohne ihn besonders erwartet zu haben, und jetzt am Aufspringen gehindert war durch die bunten Wollknäuel in ihrem Schoß. Elli hob ihr Gesicht. Dann langte sie sich die Tasche und stopfte, vor Befangenheit übertrieben langsam, ihr ganzes Strickzeug hinein. Sie stand auf und nahm Heinrich die Nelken aus der Hand. Aus der Küche kam schon der Geruch von gebratenem Fleisch. Die gute Frau Merker. Elli mußte lächeln. Aber Heinrichs Gesicht war so ernst, daß sie zu lächeln aufhörte. Sie drehte vor seinem festen Blick ihr Gesicht weg. Er faßte sie an den Schultern, faßte fester, bis sie den Kopf wieder hob und ihn ansah. Alles andere vergessend, glaubte Elli jetzt nur noch, es sei ein Glück, daß der Mann doch gekommen war. In diesem Augenblick gab es Stimmen und Schritte auf der Treppe und in der Flurtür.
     
    Ob es wirklich jemand gerufen oder ob es nur jemand gedacht hatte: »Gestapo!« Heinrichs Hände rutschten hinunter, sein Gesicht erstarrte, und auch Ellis eben noch frohes, heißes Gesicht erstarrte, als hätte es noch nie gelächelt und als könnte es nie mehr lächeln.
     
    Wenn er auch etwas langsam im Denken und Kombinieren war, konnte sich Franz doch einigermaßen zusammenreimen, was er in den nächsten Minuten von seinem Platz in der Konditorei aus zu sehen bekam.
     
    In der kleinen stillen Straße gab es ganz kurz einen beträchtlichen, wenn auch nicht auffälligen Verkehr. Ein großes dunkelblaues Privatauto hielt an der nächsten Straßenecke. Gleichzeitig hielt eine Autodroschke vor Ellis Haustür. Beinahe gleichzeitig kam eine zweite Autodroschke, die die erste nicht überholte, sondern kurz bremsend dicht hinter der ersten nachfuhr.
     
    Aus der ersten waren inzwischen drei junge Leute in gewöhnlicher Straßenkleidung aus- und nach einem kurzen Aufenthalt im Haus wieder eingestiegen, eine vierte Person mit sich führend. Franz hätte nicht schwören können, daß die vierte Person der Mann sei, den er eine Sekunde lang mit Georg verwechselt hatte, denn die Begleiter verstellten schlau oder zufällig die Sicht zwischen Wagenschlag und Haustür. Aber das merkte er, daß diese vierte Person nicht einfach und anständig mitging, sondern zwischen den straffen raschen Bewegungen der Begleiter wie ein Betrunkener oder Kranker wirkte. Als sie dann abfuhren, ohne daß der Motor inzwischen abgestellt worden war, fuhr auch die zweite Autodroschke langsam an Ellis Haustür vorbei, mit dem kürzesten Aufenthalt. Zwei Passagiere liefen ins Haus, kamen zurück, eine Frau zwischen sich.
     
    Ein paar Passanten waren kurz stehengeblieben. Aus ein paar Fenstern hatten vielleicht auch welche heruntergesehen. Aber das Stückchen Pflaster vor der Haustür unter den Laternen war unversehrt und reinlich, war keine Unfallstelle, war nicht blutbespritzt. Wenn sie Mutmaßungen hatten, zogen sie sich damit ins Innere ihrer Familien zurück.
     
    Franz erwartete, jeden Augenblick selbst gestellt zu werden. Er kam aber mit seinem Rad unbehelligt aus der Gegend heraus.
     
    Georg ist also unter den Flüchtlingen, sagte sich Franz, sie bewachen seine Verwandten, seine vermeintliche Frau, sicher auch seine Mutter. Sie vermuten ihn hier in der Stadt. Vielleicht ist er wirklich hier versteckt. Wie will er da herauskommen?
     
    Trotz den Erzählungen jenes Mitgefangenen hatte sich Franz nie ein Bild gemacht von dem jetzigen Georg, so wie ihn Elli gesehen

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