Das siebte Tor
Licht und Energie hinaus ins All. Paithan und Rega, Aleatha und Roland und
Drugar – Menschen, Elfen und ein Zwerg. Xar zufolge waren sie hinter das
Geheimnis der Tytanen gekommen, und von dieser Gefahr befreit, konnte Pryan
wieder aufblühen. Haplo würde nie erfahren, wie die Geschichte weiterging,
doch er vertraute darauf, daß- widerstandsfähig, stark in ihren vielfältigen
Schwächen, mit unverwüstlichem Lebenswillen – die Nichtigen gediehen, wenn die
Götter, die sie zu dieser Welt gebracht hatten, längst vergessen waren.
Haplo sagte Lebwohl und schloß die Tür.
»Du hast dich selbst zum Tod verurteilt,
Patryn«, warnte eine gehässige Stimme. »Du wirst das gleiche Ende nehmen wie
dein Gebieter.«
Haplo gönnte der Schlange nicht einen Blick, Er
hörte den Schuppenleib über den Steinboden schaben, nahm den Fäulnisgeruch wahr
und glaubte fast, den Schleim auf der Haut zu spüren.
Die nächste Tür führte nach Abarrach. Eine tote
Welt, bewohnt von Toten. Jonathon hatte sie erlösen wollen und damit auch sich
selbst. Diese Hoffnung würde sich nicht erfüllen, hatte es den Anschein.
Auch sie habe ich im Stich gelassen, dachte
Haplo.
»Es tut mir leid«, sagte er und lächelte
reuevoll, als er die Tür schloß. Er hörte sich an wie Alfred.
Die vierte Tür – Chelestra, Welt des Wassers.
Auf dieser Welt hatte er nach langem Ringen zu sich selbst gefunden.
Hinter sich hörte er das wütende Zischen der
Schlange, doch er hing weiter seinen Erinnerungen nach. Grundel hatte
wahrscheinlich mittlerweile ihren Hartmut geheiratet. Die Hochzeit mußte ein
bemerkenswertes Ereignis gewesen sein: Elfen, Zwerge, Menschen feierten
vereint. Wie Grundel wohl bei dem Wettkampf im Axtwerfen abgeschnitten hatte?
Leise wünschte er ihr und ihrem Gemahl viel
Glück und schloß die letzte Tür mit einem Anflug von Bedauern. Dann drehte er
sich zu Sang-drax herum. Der Schlangendolch war in der Hand des Patryn zu einem
Schwert geworden, aus glänzendem Stahl, fein ausbalanciert. Nicht seine Magie
hatte die Veränderung bewirkt, die Schlange war dafür verantwortlich.
Der gigantische, stumpf graue Körper ragte einschüchternd
über ihm auf, allein die Masse und die Aura der Bösartigkeit genügten, um den
Willen eines Gegners zu brechen. Die Schlange hätte ihn jederzeit von hinten
töten können, aber sie wollte nicht, daß er schnell starb, ohne Kampf, ohne
Schmerzen, Furcht…
Haplo hob das Schwert und erwartete den Angriff.
»Nein, Haplo! Keine Waffen, nicht kämpfen!«
Alfred kam aus dem Todestor gestolpert. Er wäre
hingefallen, doch es gelang ihm, sich am Rand der Tischplatte festzuhalten.
»Nicht kämpfen.«
»Ja, Haplo«, spottete die Schlange, »leg das
Schwert weg, damit dein Ende schnell kommt, aber nicht schmerzlos!«
Auf Haplos Hemd breitete sich ein roter Fleck
aus. Die Wunde über seinem Herzen war aufgebrochen und blutete wieder.
Unerklärlicherweise schmerzte die Verletzung an seiner Stirn überhaupt nicht.
»Keine Waffen.« Alfred rang nach Atem und
bemühte sich, ruhig und zusammenhängend zu sprechen. »Weigere dich zu kämpfen.
Es ist der Kampf, den die Kreatur will!« Der Sartan deutete auf den toten
Fürsten. »Wer Gewalt übt an diesem Ort, wider den wird sie sich kehren!«
Haplo zögerte. Sein ganzes Leben hatte er
kämpfen müssen. Jetzt verlangte man von ihm, seine Waffe aus der Hand zu legen,
sich widerstandslos zu unterwerfen. Und schlimmer noch, er mußte in dem
Bewußtsein sterben, daß sein Feind weiterlebte und sein Zerstörungswerk
fortsetzen konnte.
Er schüttelte den Kopf. »Du verlangst zuviel,
Alfred. Als nächstes wirst du von mir erwarten, daß ich in Ohnmacht falle!«
Beschwörend streckte Alfred die Hände aus. »Haplo,
bitte…«
Der mächtige Schwanz des Reptils peitschte durch
die Luft, traf den Sartan am Rücken und schleuderte ihn gegen den Runentisch.
Sang-drax reckte sich in die Höhe, die
funkelnden roten Augen richteten sich auf Haplo. »Der nächste Schlag wird ihm
das Rückgrat brechen und der übernächste seinen Körper zerschmettern. Kämpfe,
Haplo, oder der Sartan stirbt.«
Alfred fand die Kraft, den Kopf zu heben. Seine
Nase war gebrochen, die Lippe aufgeplatzt. Blut lief über sein Gesicht. »Tu es
nicht, Haplo. Wenn du kämpfst, bist du verloren!«
Die Schlange wartete in dem selbstgefälligen
Bewußtsein, daß sie ihr Spiel gewonnen hatte.
Beherrscht von Zorn und dem heißen Wunsch, das
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