Das siebte Tor
harten, gnadenlosen Schlägen, die durch seine schützende Aura hindurch den
Körper trafen. Haplo lief das Blut in die Augen. Er war halb blind und
vermochte sich kaum gegen die gezielten Attacken zu wehren. Schlag um Schlag
zwang ihn in die Knie, ein Tritt ins Gesicht schleuderte ihn nach hinten. Er
blieb besinnungslos liegen, seine ausgestreckte Hand berührte fast den Dolch
mit der gewellten Klinge.
Sang-drax wandte sich dem Fürsten zu und deutete
auf den bewußtlosen Patryn.
»Euer verräterischer Vasall hat versucht, Euch
zu ermorden, Fürst des Nexus! Glücklicherweise ist es mir gelungen, ihn daran
zu hindern. Sagt ein Wort, und ich mache seinem Leben ein Ende.«
»Spar dir die Mühe.« Xar bemerkte, daß die
Schlange zwischen ihm und dem Runengefüge stand, und bewegte sich unauffällig
näher an Haplo, Sang-drax und die Türen heran. »Ich kümmere mich um ihn. Tritt
beiseite.«
»Euer Wunsch ist mir Befehl, doch zuerst« – Sangdrax
bückte sich – »gestattet mir, den Dolch des Verräters aufzuheben. Wer weiß, ob
er sich nicht wieder verstellt.«
Er griff ins Leere. Xar hatte wie unabsichtlich
den Fuß auf die blutbesudelte Klinge gestellt. Jetzt kniete er neben Haplo
nieder, umfaßte sein Kinn und drehte ihm nicht eben sanft den Kopf ins Licht.
An seiner Stirn schimmerte zwischen Blut und Hautfetzen einer tiefen Platzwunde
weiß der Knochen hervor.
Flüchtig zeichnete der Fürst eine Heilrune über
die Verletzung, schloß den klaffenden Riß und brachte die Blutung zum
Stillstand. Nach kurzem Zögern schrieb Xar eine weitere Rune auf Haplos Stirn,
die gleiche, die er über dem Herzen trug. Mit Blut geschrieben würde sie nicht
dauern. Sie hatte keine Kraft, keine magische Kraft.
Bei der Berührung seines Fürsten regte sich der
Patryn und schlug die Augen auf. Sein Blick ging ins Leere. Im ersten Moment
schien er nichts wahrzunehmen, dann aber seufzte er und griff nach Xars Hand.
»Mein Fürst, ich bin am Ziel. Ich hübe es
erreicht, das Letzte Tor.« Ein kraftloses Lächeln huschte über sein Gesicht.
»Wovon spricht er?« erkundigte Sang-drax sich
beunruhigt. »Was versucht er Euch einzureden? Lügen, Gebieter, nichts als
Lügen.«
»Es sind nur Erinnerungen«, antwortete Xar. »Er
glaubt, wieder im Labyrinth zu sein.«
Haplo fröstelte, doch seine Stimme wurde
kräftiger. »Ich habe ihm die Stirn geboten, Fürst. Ich habe es besiegt.«
»Das hast du, mein Sohn. Du hast einen großen
Sieg errungen.«
Der Patryn drückte noch einmal die Hand des
Fürsten, dann ließ er sie los. »Ich danke Euch für Eure Hilfe, Gebieter, aber
ich brauche sie jetzt nicht mehr. Ich kann allein durch das Letzte Tor gehen.«
»Das kannst du, mein Sohn. Das kannst du.«
Sang-drax sprach eine Rune – eine Sartanrune –
und zeichnete gleichzeitig ein Patrynsiegel in die Luft. Beide flogen wie
Brandpfeile auf das Gefüge zu, das Xar geschaffen hatte.
Es gelang ihm nicht, den Fürsten des Nexus zu
überrumpeln. Xar hatte darauf gewartet, daß die Schlange sich verriet, und
handelte ohne Zögern. Er konterte das Manöver mit einer eigenen Rune. Die
magischen Zeichen prallten aufeinander, explodierten funkensprühend und
löschten sich gegenseitig aus.
Xar erhob sich und wog den Schlangendolch in der
Hand.
»Ich kenne den wirklichen Verräter«, sagte er
und hielt Sang-drax’ glitzernden Blick fest. »Ich weiß, wer versucht hat, mein
Volk ins Verderben zu treiben.«
»Ihr wollt den sehen, der sein Volk ins
Verderben getrieben hat?« höhnte Sang-drax. »Schaut in einen Spiegel, Fürst
des Nexus!«
»Ja«, erwiderte Xar ruhig. »Ich schaue in einen
Spiegel.«
Sang-drax legte den Patrynkörper ab und nahm
seine wahre Gestalt an. Er wuchs und reckte sich, bis der riesige Schlangenleib
den ganzen Raum ausfüllte.
»Wir sind Euch zu Dank verpflichtet, Fürst des
Nexus«, zischte das Ungeheuer. »Die vier Welten zu zerschmettern ist, gebe
ich zu, eine Wahnsinnstat, die wir gar nicht in Erwägung gezogen hatten. Doch
von ihren Früchten werden wir uns jahrhundertelang nähren. Und euer Volk, auf
ewig im Labyrinth gefangen. Ich bedaure, daß Ihr es nicht erleben dürft,
Fürst, aber Ihr seid viel zu gefährlich…«
Der zahnlose Rachen der Schlange öffnete sich.
Xar sah das Schicksal, das ihm bestimmt war, dann wandte er sich ab und
richtete seine Aufmerksamkeit auf die Magie, auf das phantastische Runengefüge,
das er geschaffen hatte.
Er wußte, die
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