Das siebte Tor
nicht«, fuhr Haplo ihn an.
»Und Kleitus lügt. Er weiß, wo das Siebte Tor ist. Er ist dort gestorben.«
»Aber er kann nicht wieder hinein!« Plötzlich
wurden Alfred die Zusammenhänge klar. »Die Schutzrunen verwehren ihm den
Zutritt!«
»Und er ist keineswegs an meinem Wohl
interessiert. Er denkt an sich selbst. Wahrscheinlich hofft er, du rufst ihn ins Leben zurück.«
Alfred straffte sich und schaute Kleitus in das
verzerrte, wächserne Gesicht, über das wie ein Schleier die durchsichtigen
Züge des Schemens huschten. »Ich werde nicht derjenige sein, der dich einläßt.«
»Ein Fehler, Sartan!« Der Lazar stieß ein
Knurren aus.
»… Fehler, Sartan…«
»Ich bin auf deiner Seite. Wir sind Verbündete.«
Kleitus kam mit schleppenden Schritten näher. »Wenn du mich ins Leben
zurückholst, werde ich stark sein, mächtig. Viel stärker als Xar! Er weiß das,
und er fürchtet sich. Kommt mit mir! Zögert nicht! Dies ist eure einzige
Chance, ihm zu entfliehen!«
»Nein!« Alfred schauderte.
Der Lazar bewegte sich auf ihn zu. Alfred wich
zurück, bis er mit dem Rücken gegen die Wand stieß. »Ich tue es nicht.«
»Ihr müßt weg hier!« drängte Haplo. »Du und
Marit. Ihr seid in Gefahr. Wenn Xar euch hier findet…«
»Was ist mit dir?« fragte Alfred.
Marit sah ihn verständnislos, mißtrauisch an.
»Was soll mit mir sein?«
»Nein, nein!« Alfred hatte allmählich das
Gefühl, den Überblick zu verlieren. »Ich… ich habe mit Haplo geredet.«
Ihre Augen wurden groß. »Haplo?«
»Hörst du ihn nicht?« fragte Alfred, und im
selben Moment wurde ihm klar, daß sie es nicht konnte. Sie und Haplo waren sich
nahe gewesen, aber sie hatten nicht die Seelen getauscht, wie Haplo und Alfred
bei jener denkwürdigen Durchquerung des Todestores.
»Kümmere dich nicht um mich- Seht zu, daß ihr
hier wegkommt!« Haplos Stimme hatte den gewohnten ungeduldigen Ton. »Wozu hast
du magische Kräfte!«
Alfred schluckte. Er leckte sich mit der
trockenen Zunge über rissige Lippen und begann mit brüchiger, fast unhörbarer
Stimme die Runen zu singen.
Kleitus verstand genug von der vergessenen Runensprache,
um zu merken, was Alfred vorhatte. Er streckte die knochige Hand aus und
packte Marit.
Sie wehrte sich, stieß mit dem Schwert nach ihm,
aber die Toten sind keinen physischen Beschränkungen mehr unterworfen. Mit
übermenschlicher Kraft entriß Kleitus ihr die Waffe, dann krallte er die
entfleischten Finger in ihre Kehle.
Die Tätowierungen an Marits Körper flammten
grell, hüllten sie in ein schützendes Feld aus Magie, das stark genug war,
jedes lebende Wesen zu lahmen. Doch das tote Fleisch des Wiedergängers nahm
keinen sichtbaren Schaden. Die langen blauen Nägel der Skeletthand gruben sich
in Marits Hals.
Sie wand sich vor Schmerzen, unterdrückte einen
Schrei. Blut sickerte über ihre Haut.
»Sing noch eine Rune«, warnte Kleitus, »und ich
mache sie zu einer der Untoten.«
Alfred erstarrte. Bevor er Kleitus mit einem
Bannspruch außer Gefecht setzen konnte, wäre Marit tot.
»Führe mich zum Siebten Tor!« Kleitus verstärkte
seinen grausamen Würgegriff.
Marit schrie auf. Verzweifelt zerrte sie an der
Hand des Wiedergängers, die ihr den Atem abschnürte.
Der Hund jaulte und winselte.
Marit begann zu röcheln. Sie war im Begriff zu
ersticken.
»Tu etwas!« forderte Haplo aufgebracht.
»Was kann ich denn tun?«
»Dies zum Beispiel, Sartan!«
Fürst Xar betrat die Zelle. Er hob die Hand,
zeichnete eine Rune in die Luft und schleuderte sie wie einen Speer auf
Kleitus.
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Kapitel 14
Nekropolis,
Abarrach
Das Sigel traf den Lazar an der Brust und
explodierte. Der Leichnam spürte keinen Schmerz, Kleitus schrie vor Zorn. Er
fiel zu Boden, und die toten Glieder zuckten wie im Krampf.
Doch der Wiedergänger kämpfte gegen den lähmenden
Bannspruch, und es sah aus, als könnte er gewinnen. Xar sprach ein befehlendes
Wort, und die Rune begann zu wachsen. Ihre Arme verformten sich zu Tentakeln,
die den sich windenden Leichnam einschnürten und fesselten.
Endlich durchlief ein Zittern den Körper des
Lazars, dann lag er still.
Fürst Xar betrachtete ihn abwartend, ob er sich
womöglich verstellte. Er hatte den Wiedergänger nicht getötet, man konnte
nicht etwas töten, das bereits gestorben war, doch für den Augenblick stellte
er keine Bedrohung dar. Das Sigel wurde blasser, flackerte und erlosch. Der
Lazar rührte sich nicht.
Zufrieden
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