Das siebte Tor
folgt.«
»…folgt…«, raunte der Schemen.
Ein drittes Schiff, dies in der Gestalt eines
eisernen Drachen, bedeckt mit Patrynrunen, stieg aus einer versteckten Bucht
auf. Es nahm den gleichen Kurs wie die beiden anderen; durch die Hitze und die
Magie, von der es angetrieben wurde, schimmerten die Sigel am Rumpf tiefrot.
»Patryn!« sagte Alfred ungläubig. »Wohin wollen
sie?«
»Sie verfolgen Ramu. Ohne es zu wissen, dient er
ihnen als Wegweiser ins Labyrinth, wo sie in der Schlacht mitkämpfen werden.«
»Vielleicht ist Xar bei ihnen?« meinte Alfred
hoffnungsvoll.
»Vielleicht.« Haplo teilte seine Hoffnung nicht.
Alfred stieß einen Seufzer aus. »Aber damit wird
doch nichts erreicht, es gibt nur noch mehr Blutvergießen…«
»Denk nach, mein Freund. Sartan und Patryn an einem
Ort versammelt. Alle miteinander im Labyrinth. Und bei ihnen – die Schlangen.«
Alfred blinzelte. »Gütiger Sartan«, murmelte er.
Langsam wurde ihm klar, worauf Haplo hinauswollte.
»Die Welten: Arianus, Pryan, Chelestra, Abarrach
– von ihnen befreit. Befreit von uns. Elfen, Menschen und Zwerge, sich selbst
überlassen, um nach ihrer eigenen Fasson glücklich zu werden. Ohne Einmischung
von Halbgöttern, ohne ihre Launen und die Katastrophen, die sie
heraufbeschwören.«
»So weit, so gut«, gab Alfred zu bedenken, »aber
die Sartan werden nicht im Labyrinth bleiben, genausowenig wie dein Volk. Ganz
gleich, wer siegt… oder unterliegt.«
»Das ist der Grund, weshalb wir das Siebte Tor
finden müssen. Es finden – und zerstören.«
Alfred war verblüfft. Dann bestürzt. Die
Ungeheuerlichkeit der Idee überwältigte ihn. Sie war zu phantastisch, um
erschreckend zu sein.
Erzfeinde, geprägt von uraltem Haß, von
Generation zu Generation weitervererbt, eingesperrt zusammen mit einem
unsterblichen Gegner: Produkt ihres Hasses.
Sartan, Patryn, Schlangen, die sich in alle
Ewigkeit bekriegten, ohne eine Möglichkeit, diesem Schicksal zu entfliehen.
Es gab keine Möglichkeit? Alfred sah den Hund
an, streckte die Hand aus und streichelte ihm zaghaft den Kopf. Er und Haplo
waren einst erbitterte Feinde gewesen. Und Marit und Baltasar, zwei Feinde,
zusammengeführt durch gemeinsames Leid.
Ein paar Samenkörner, auf verbrannte Erde
gefallen, hatten Wurzel geschlagen, fanden Nahrung, und Halt in Liebe, Mitleid,
Erbarmen. Wenn diese Samenkörner wachsen und gedeihen konnten, warum nicht
andere auch?
Der Feuerdrache pflügte durch die glutrote Lava,
die düsteren Obsidianwälle von Nekropolis kamen rasch näher. Alfred konnte
nicht glauben, daß ihm das alles passierte, und fragte sich insgeheim, ob er
nicht vielleicht an Bord des Sartanschiffs lag, noch besinnungslos von einem
Schlag auf den Kopf.
Aber die Stachelmähne des Feuerdrachen versetzte
ihm bei jeder unachtsamen Bewegung schmerzhafte Stiche, und er spürte die Hitze
der Lava. Der Hund schmiegte sich zitternd an ihn (er hatte sich nie daran
gewöhnt, auf dem Rücken eines Drachen zu reiten), und Hugh Mordhand ließ
staunend den Blick durch diese seltsame fremde Welt wandern. Vor ihm saß Jonathon
– wie Hugh tot und doch nicht tot. Der eine durch Liebe ins Leben
zurückgerufen, der andere durch Haß.
Vielleicht gab es doch Hoffnung. Oder
vielleicht…
»Die Zerstörung des Siebten Tores könnte die
Zerstörung aller Welten nach sich ziehen«, meinte er verzagt.
Haplo schwieg einen Moment, dann sagte er: »Und
was geschieht, wenn Ramu und die Sartan im Labyrinth eintreffen, dichtauf
gefolgt von meinem Volk und Fürst Xar? Ihre Kriege werden Speise und Trank für
die Drachenschlangen sein, die durch Intrige und Verrat den Haß schüren, damit
es ihnen nie wieder an Nahrung mangelt. Angenommen, meine Patryn fliehen durch
das Todestor, deine Sartan verfolgen sie. Die Kämpfe weiten sich aus, greifen
auf die vier Welten über. Die Nichtigen werden in die Auseinandersetzungen
hineingezogen, wie beim letzten Mal auch. Wir rüsten sie aus, geben ihnen
Waffen wie den Dämonendolch.« Haplo machte eine Pause, um Alfred Zeit zum
Nachdenken zu geben. »Du siehst das Dilemma, in dem wir uns befinden, mein
Freund«, fügte er hinzu. »Verstehst du mich jetzt?«
Alfred schauderte und bedeckte die Augen mit der
Hand. »Was wird aus den Welten, wenn wir das Todestor schließen?« Er hob den
Kopf, sein Gesicht war blaß, seine Stimme zitterte. »Sie sind aufeinander
angewiesen. Die Zitadellen brauchen die Energie des
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