Das Siegel der Finsternis - Algarad 1
könnten, gäbe es niemanden, der sich ihnen widersetzen könnte.«
»Wie kommt es, dass dieser Junge hier« – Aran, der Dan-Lord aus den Ostländern, wies auf Tenan – »den Schattenwesen und den Kräften des Meledos widerstehen kann? Jeder Sterbliche würde dem Bann des Kristalls sofort erliegen und wahnsinnig werden. Woher hat er diese Fähigkeiten?«
Alle Blicke hefteten sich auf Tenan. Der sah unbehaglich von einem zum anderen. »Ich weiß es selbst nicht, meine Lords«, murmelte er unsicher.
»Das ist wahrhaftig ein Rätsel, das wir ergründen müssen«, sagte Amberon nachdenklich.
Ein anderer Dan-Krieger unterbrach sie. »Mit Verlaub, Lord Amberon, es gibt nun wahrlich wichtigere Dinge, die wir hier zu besprechen haben, als die Fähigkeiten dieses Jungen. Wir haben gehört, dass Achest Gondun angegriffen hat. Das ist eine offene Kriegserklärung an Algarad! Wir dürfen das nicht einfach hinnehmen! Es wird Zeit, dass wir reagieren undAchest in seine Schranken weisen. Wir müssen eine Flotte nach Gondun schicken, um die Insel zu befreien.«
»Zügelt euren Übermut, Lord Exan«, ermahnte ihn Amberon. »Das ist immer noch Sache des Hochkönigs. Er bestimmt, was zu tun ist.«
Exan senkte den Kopf und murmelte eine Entschuldigung in Richtung des Hochkönigs.
Andorin hatte dem Gespräch schweigend zugehört. Nun sagte er: »Viele Rätsel haben die Fremden uns gebracht und wahrlich mehr Fragen als Antworten. Es ist in der Tat nicht der richtige Zeitpunkt, übereilte Entscheidungen zu treffen. Algarad befindet sich in großer Gefahr, die durch das Verschwinden des Meledos-Kristalls unwägbarer geworden ist. Wir werden uns zur dritten Stunde wieder hier versammeln, um das weitere Vorgehen unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu diskutieren.«
Tenans Herz klopfte. Würde sich der Hochkönig für einen Feldzug zur Befreiung Gonduns entschließen? Er hoffte es.
Andorins Augen ruhten auf den sechs Mitgliedern der kleinen Gruppe vor ihm. »Bevor der Rat aber entscheidet, wollen wir euch allen unseren Dank aussprechen, dass ihr diese gefahrvolle Reise auf euch genommen habt. Auch wenn die Mission nicht vom erwünschten Erfolg gekrönt war, was den Meledos betrifft, so sind eure Nachrichten von großem Wert. Euer aller Mut und eure Treue sollen belohnt werden. Erlaubt mir daher, jedem von euch ein Geschenk zu machen, als Zeichen des Dankes.«
Er winkte den Kapitän der Dakany zu sich. Zögernd kam Harrid näher und verneigte sich.
»Kapitän Harrid, Ihr habt vielleicht den größten Verlust erlitten, als Ihr Euer Schiff mitsamt Eurer treuen Mannschaftin den Händen der Piraten zurücklassen musstet. Mir ist bewusst, dass ich Euch nur einen kleinen Teil davon wiedergeben kann, aber ich will es dennoch versuchen. Draußen im Hafen wartet ein Schiff, das unter Eurem Befehl segeln wird. Es ist wohl kein Ersatz für die Dakany und Eure Männer, aber ich hoffe, dass Ihr ab jetzt in unseren Diensten stehen werdet.« Er lächelte. »Und dass Ihr in Zukunft nur den Orden von Dan mit Kiras-Tel beliefern werdet und niemand anderen. Über die Bezahlung werden wir uns sicher einig werden.«
Harrid starrte ihn einen Augenblick mit offenem Mund an, bevor er sich der Unschicklichkeit seines Benehmens bewusst wurde. »Seid versichert, Hoheit, dass ich mich dieser Ehre würdig erweisen werde«, stammelte er, und sein bärbeißiges Gesicht leuchtete vor Freude. »Selbstverständlich werde ich in Eurem Dienst segeln und fortan darauf achten, dass das Kiras-Tel in die Hände der richtigen Leute gelangt.«
Als Nächstes forderte der Hochkönig Dex auf, vorzutreten. Der Fisk-Hai musterte Andorin misstrauisch, wie er jedem Menschen mit Vorsicht und Zurückhaltung begegnete.
»Schon lange galt das Reich von Atala als versunken, und sein Volk wurde für tot gehalten«, begann Andorin. »Umso größer ist meine Freude, heute einen lebendigen Vertreter der Fisk-Hai in meiner Halle begrüßen zu können. Doch die Freude wird getrübt. Abermals hat eine schreckliche Flut euer Land bedroht, und keiner kann sagen, ob Atala die Katastrophe der unterseeischen Überflutung unbeschadet überstanden hat. Es ist ein wichtiger Teil einer alten Kultur, die nun möglicherweise ganz versunken ist. Ich hoffe inständig, dass Atala nicht von der Flut betroffen wurde. Ich denke aber, Ihr wollt bald aufbrechen, um das herauszufinden?«
Dex nickte.
Andorin öffnete eine alte, reich verzierte Holzschatulle und entnahm ihr einen großen Schlüssel, der
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