Das Siegel der Finsternis - Algarad 1
hatte.
Harrid lachte rau, als er ihre verdutzten Gesichter sah. »Was habt ihr denn gedacht? Ich werde die Dakany doch nicht in den Händen des roten Teufels Erskryn lassen!« Er schlug mit der rechten Faust in die linke Hand. »Nein, sobald ich mit ein paar Ladungen Kiras-Tel genug verdient habe, stelle ich Leute an, die bereit sind, die Dakany und meine alte Mannschaft zurückzuholen. Wird nicht leicht werden, vor allem, wenn man bedenkt, dass meine Jungs in Shon vielleicht an andere Händler verkauft wurden. Aber das bin ich ihnen schuldig.«
Eilenna schüttelte verständnislos den Kopf. »Du glaubst doch nicht im Ernst, dass du Erskryn dein Schiff je wieder abnehmen kannst. Das ist Selbstmord! Selbst wenn du es schaffen solltest, wird er dich für den Rest deines Lebens auf dem Meer verfolgen. Er wird nicht ruhen, bis er dich getötet und mitsamt der Dakany auf den Grund des Meeres versenkt hat.«
»Sei’s drum«, gab Harrid entschlossen zurück. »Das ist eine Sache der Ehre. Wir Seeleute sind auf besondere Weise durch uralten Brauch an unsere Männer und unser Schiff gebunden. Man gibt beides nicht einfach auf.«
Tenan zweifelte keine Sekunde daran, dass Harrid seinen Plan in die Tat umsetzen würde.
Sie hielten sich lange im Hafenviertel auf. Stunde um Stunde verstrich, die Ratsversammlung hatte schon längst begonnen und dauerte länger als üblich. Die Sonne neigte sich langsam dem Horizont entgegen, da ertönte plötzlich eine Hornfanfare von einem Balkon des königlichen Turms. Ihr Signal wurde gleich darauf von anderen Hörnern aufgenommen und breitete sich über der ganzen Stadt aus. Es klang unheilverkündend und bedrohlich zugleich. Die Menschen hielten bei ihren Arbeiten inne und lauschten. Kaum waren die Fanfaren verklungen, ging ein Raunen durch die Menge. »Was bedeutet das?«, fragten einige. Andere riefen besorgt: »Die Fanfaren von Kemring! Der Rat hat etwas beschlossen! Kommt, lasst uns zu den Ausrufern gehen!« Schnell verbreiteten sich die wildesten Gerüchte. Tenan und die anderen folgten der Menge, die zu einem Marktplatz strömte, in dessen Mitte sich ein sogenannter Rufstein erhob. Hier sprachen die Herolde des Hochkönigs zum Volk und verkündeten die neuesten Beschlüsse des Rates.
»Bürger von Meledin, so höret!«, rief ein Ausrufer laut. Er stand hoch über den Köpfen der Anwesenden und las von einer Pergamentrolle ab. »Hochkönig Andorin gefällt es, in einer Stunde vor dem Turm von Yridion eine öffentliche Erklärung abzugeben. Kommt zahlreich, um die neue Kunde direkt aus seinem Munde zu vernehmen!«
Tenan keuchte vor Anspannung. Der Rat hatte entschieden.
13
Der Dronth-Brecher pflügte, einem gewaltigen Ungeheuer gleich, durch das Wasser. Weit nach Westen war er gesegelt, in ein fast unbekanntes Gebiet Algarads. Hier gab es nichts als die endlosen Weiten des Meeres, das sich in jede Richtung erstreckte, so weit das Auge reichte.
»Wir suchen nun schon seit Tagen nach der Schwimmenden Festung, ohne eine Spur zu finden«, maulte Mewroth, der Adjutant Drynn Durs, der neben dem Admiral auf der Brücke stand. »Glaubt Ihr, der Schüler hat Euch die Wahrheit über deren Standort erzählt?«
»Es gibt keinen Grund, warum er mich belügen sollte«, gab Drynn Dur zurück. Ihm war das selbstherrliche Auftreten des Schülers zwar zuwider, aber er zweifelte vorerst nicht an der Richtigkeit seiner Informationen. Er hatte sich bisher immer als vertrauenswürdig erwiesen.
»Wir werden die Suche nach Nordwesten ausdehnen«, entschied er. »Die Lage Garadins ist sicher zutreffend, aber die Seekarten sind zu ungenau in dieser Gegend.«
Drei weitere Tage kreuzte die Acheron im westlichen Narnen-Meer. Bis tief in die Nacht stand Drynn Dur auf der Brücke und starrte in die Ferne. Die Wüste des Meeres schien ihn zu verspotten. Schließlich erfasste auch ihn das Gift des Zweifels. Was, wenn das doch eine List des Schülers war, um ihn vor Achest in Misskredit zu bringen, wenn er abermals keine Er folge vorweisen konnte? All das konnte ein abgekartetes Spiel seiner Neider sein, womöglich angezettelt vom Bash-Arak. Drynn Dur wusste nur zu gut, dass dieser nach dem Oberbefehl über das Heer strebte, wenn seine neuen Gredows erst aus den Grauen Sphären ins Leben getreten waren.
Er entschied, noch einen weiteren Tag in diesem Gebiet zu verbringen. Sollte er dann nicht gefunden haben, wonach er suchte, würde er sein Vorgehen überdenken.
Doch schon der nächste Morgen zeigte, dass
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