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Das Siegel der Finsternis - Algarad 1

Das Siegel der Finsternis - Algarad 1

Titel: Das Siegel der Finsternis - Algarad 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Reichard
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entdecken. Er presste seinen Körper hinein, wünschte, er könnte mit dem Fels verschmelzen.
    Angestrengt lauschte er. Kein Geräusch war zu hören, nur das Keuchen seines Atems und das Tropfen von Wasser. Tenan versuchte, irgendetwas in der Finsternis zu erkennen. Voller Angst erwartete er das Nahen des Dämons. Er war fest davon überzeugt, dass seine stoßweisen Atemzüge ihn verraten mussten. Dann tauchten die weiß glühenden Augen auf. In der Dunkelheit sah es aus, als schwebten sie körperlos wie tödliche Kerzen. Tenan schauderte.
    Die dünne, schmeichelnde Stimme ertönte in seinem Kopf. »Wo bist du, Dieb? Wo versteckst du dich? Komm heraus! Zeig dich mir!«
    Der Tonfall des Schattendämons war seltsam anziehend, und doch war die Bedrohung nicht zu überhören. Die Worte weckten ein unwiderstehliches Verlangen in Tenan, vorzutreten und sein Versteck zu verlassen. Er merkte, wie seine Beine zuckten und einen eigenen Willen entwickelten.
    Die Augen sahen sich suchend um. Der Blick des Schattendämons schweifte über die Felsen und huschte kurz über dieFelsnische hinweg, in der Tenan kauerte. Doch er entdeckte ihn nicht.
    »Warum verbirgst du dich vor mir? Hast du etwas zu verheimlichen? Komm heraus und vertraue mir dein Geheimnis an! Ich, Leargh, werde es ohnehin erfahren.«
    Tenan bebte vor Furcht und schloss die Augen. Er kämpfte mit aller Macht gegen die Stimme in seinem Inneren an. Sein Körper war zum Zerreißen gespannt.
    »Kann es sein, dass du etwas in dem Schiffswrack gefunden hast, das dir wertvoll erscheint? Sei versichert, du kannst damit nichts anfangen ...«
    Tenan horchte auf. Der Dämon hatte mehr gesehen, als ihm lieb war. Seine Hand tastete nach dem Silberbeutel an seiner Brust und berührte ihn. Durch den Stoff nahm er die Kälte des Kristalls wahr, die seltsam tröstlich wirkte. Der Stein fühlte sich vertraut an, als gehörte er schon seit Ewigkeiten in Tenans Obhut, ja, als wäre er ihm freundlich gesinnt.
    Wieder schärften sich durch den Kontakt mit dem magischen Kristall seine Sinne. Er hörte jedes Geräusch in der Höhle mehrfach verstärkt, fühlte die knisternde Atmosphäre in der Luft, roch den Moder der Flechten und den stechenden Geruch des Seetangs, der von draußen hereindrang. Durch seine verstärkte Sehkraft konnte er nun ein diffuses, blassrotes Licht wahrnehmen, das von den Wänden schimmerte. Nein, nicht von den Wänden! Schlagartig wurde ihm bewusst, dass es von dem Kristall an seiner Brust herrührte und durch die Öffnung des Silberbeutels drang. Erschrocken wollte er das Leuchten mit seinen Händen abdecken, doch es war bereits zu spät. Das Schattenwesen hatte ihn entdeckt.
    »Hier bist du also.«
    Tenan wusste, dass es keinen Sinn mehr hatte, sich zu verbergen.Er trat zögernd aus seinem Versteck. Im Stillen verfluchte er den Stein, der ihn verraten hatte und ihn somit zwang, sich dem Verfolger zu stellen. Andererseits war er erleichtert, dass das Versteckspiel ein Ende hatte.
    Der Schatten breitete die Flügel aus, schwebte lautlos auf ihn zu, verharrte aber in einigem Abstand vor ihm.
    Tenan nahm all seinen Mut zusammen. »Du suchst dies hier?«, sagte er und holte den Kristall aus dem silbernen Beutel. Sein Glühen tauchte die Höhle in ein unheimliches Licht. Herausfordernd hielt er Leargh den Stein entgegen.
    Im Licht des Kristalls konnte er das Wesen deutlicher sehen. Seine Haut war grau, lange schwarze Haare umwallten sein schmales, knochiges Gesicht. Aus den Höhlen der blutleeren Augen starrten weiße Pupillen. Tenan hatte in seinem Studium der Kleinen Magie noch nie etwas von solch einem Geschöpf gehört, und auch die alten Sagen berichteten nichts davon. Natürlich, es gab Dämonen und finstere Kreaturen aller Art, aber dieses Wesen war anders. Es schien aus der Finsternis selbst entsprungen zu sein.
    Der Schatten zögerte. Er schien überrascht, das Kleinod zu sehen. Irritiert blickte er Tenan an. »Wie kannst du ihn gefahrlos berühren?«, fragte er. »Jeder andere wäre ...« Er sprach den Satz nicht zu Ende.
    Tenan glaubte, einen Anflug von Furcht und Unsicherheit in seinen Augen wahrzunehmen.
    »Gib ihn mir!«, befahl das Wesen mit einem gefährlichen Zischen und hielt die Krallenhand auf. »Leargh wird den Stein gut verwahren.«
    »Du wirst ihn dir schon holen müssen!« Obwohl Tenan vor Angst zitterte, versuchte er, seiner Stimme Festigkeit zu geben. Wenn er doch nur eine Waffe bei sich hätte! Irgendetwas, mitdem er den Schatten vertreiben

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