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Das Siegel der Macht

Das Siegel der Macht

Titel: Das Siegel der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Dettwiler
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besser. Dann werdet Ihr genauer aufpassen. Wenn Ihr das Zeichen seht, merkt es Euch genau. Los, geht nach vorn.« Der junge Grieche schob Kolumban in die Menge und verschwand zwischen den Marktständen.
    Amüsiert hörte Alexius dem Feilschen eines Händlers zu, als jemand seine Hand nahm. Eine junge Frau mit penetranten Augen leierte ihren Spruch herunter. Sie wollte ihm die Zukunft voraussagen. Erschrocken entzog der Missus ihr die Finger, schüttelte den Kopf. Nein! Die Vergangenheit hat mir Schmerz gebracht. Was soll ich die Zukunft im Voraus kennen? Lieber hoffen und das Leben nehmen, wie es kommt. Er ließ die Markttische hinter sich und ging zu seinem Pferd. Kolumban wartete bereits bei den bewaffneten Begleitern.
    »Nun?«, fragte Alexius auf dem Rückweg. »Erzählt mir alles, bevor wir das Gefolge des Abtes wieder erreichen.«
    »Wie in Pavia«, fasste Kolumban zusammen. »Eine Predigt, gewürzt mit der Angst vor dem Ende der Welt. Der Priester hat den Gläubigen gründlich eingeheizt. Keiner, der seine Sünden nicht ehrlich bereuen wird. Man könnte meinen, der Antichrist werde nur jetzt erwartet.« Kolumban hob theatralisch die Arme und imitierte die Stimme des Predigers: »Bereut, das erste Jahrtausend ist bald um!«
    »Ja, aber das Zeichen. Habt Ihr das Zeichen gesehen?«
    »Ich stand neben dem Prediger, als er es in den Lehm kratzte. Zwei sich kreuzende Ringhälften, so.«
    Kolumban zeichnete auf das gescheckte Pferdefell zwei ineinander verschlungene Halbkreise:
    Cluny war eine Offenbarung. Alexius hatte große Abteien wie Farfa und die Reichenau besucht, doch keine konnte dem burgundischen Kloster das Wasser reichen. Gleich nach der Ankunft kam Kolumban unverhofft zu seinen Informationen.
    Stolz führte der Großabt die Gäste persönlich durch das gewaltige Kloster. Vor allem in die Kirche. Odilo hatte kurz nach seiner Wahl die alte Holzdecke durch eine steinerne Wölbung ersetzen lassen. Derart kühne Bauweisen kannte Alexius nur aus römischen Ruinen und aus einzelnen Neubauten in der Lombardei. Am meisten beeindruckten ihn die riesigen Glasfenster. Die Finger von zehn Händen hätten nicht ausgereicht, sie zu zählen.
    Trotz des Sonneneinfalls war das Gotteshaus mit Kerzen übersät. Ihr Schein tauchte die Holzbänke und Teppiche, die Kreuze, Messbecher in zartes Licht. Alexius fühlte sich magisch angezogen, seine Augen, seine Sinne tranken die Atmosphäre. Düfte heiliger Essenzen, Glocken, die Kraft des ewigen Gebetes. Von Cluny ging eine Macht aus, die Alexius fast körperlich fühlen konnte.
    Der junge Grieche schaute auf, als durch einen Seiteneingang hinter zwei Priestermönchen Pilger in die Kirche einzogen. Geräuschlos gingen sie an ihm vorbei und warfen sich vor dem Altar zu Boden. Man konnte ihre starke Ausdünstung riechen. Sicher hatten die ärmlichen Wallfahrer einen langen Weg zu Fuß zurückgelegt. Alexius sah, dass sie den beiden Mönchen eine mitgeschleppte Ladung gut eingewickeltes Wachs überreichten. Als die Gabe in einem Nebenraum versorgt war, traten die Betbrüder vor den Altar. Flehend waren die Augen der Pilger auf sie gerichtet. Alexius verstand. Ein Messopfer war im Gang. Wahrscheinlich waren die Leute nach Cluny gepilgert, um die Seele eines verstorbenen Angehörigen zu retten.
    Während Alexius in der Kirche betete, setzte Odilo mit den Geweihten den Rundgang durch die Klausur fort. Im Schlafsaal der Mönche konnte Kolumban sich nicht genug umsehen. Bespannte man in Einsiedeln einzelne Fenster immer noch mit Tüchern, so gab es hier Glas im Überfluss. Der reisende Mönch nahm sich vor, alles aufzuzeichnen. Er zählte insgesamt fast hundert Fenster, alle so hoch wie ein Mann mit ausgestreckten Armen. Als er die vierzig Latrinenanlagen sah, eine neben der anderen, verschlug es Kolumban fast die Sprache.
    »Schau her«, flüsterte er einem Mönch zu. »Sie alle schlafen zusammen in einem Saal, auch der Abt. Aber für je zwei Brüder gibt es ein Latrinenhaus, und jedes mit eigenem Fenster.«
    Die Besichtigung nahm kein Ende. Alexius hatte die Gruppe wieder eingeholt und kam zusammen mit Kolumban aus dem Staunen nicht heraus. Das Hospiz für die Armenpflege, das Krankenhaus, landwirtschaftliche Betriebe mit Mühle, Kelter, Räume für die Goldschmiede, Schneider, Glaserzeuger. Es gab verschiedene Küchen, für die Mönche, die vornehmen Gäste, die Novizen, die Kranken, Armen und Pilger. Der Abt allerdings speiste im Refektorium mit den Mönchen. Dann die äußere

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