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Das Siegel der Macht

Das Siegel der Macht

Titel: Das Siegel der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Dettwiler
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kreisförmige Bahn.«
    »Zeigt das Astrolabium diesen Umlauf der Sterne?«
    »Ja. Man stellt es entsprechend dem Stand der Gestirne ein und kann auf einer Skala außen die Tageszeit ablesen.«
    »Das klingt so einfach …«
    Gerbert schaute zum Himmel. »Jetzt haben wir Mittag, die ideale Zeit für eine Demonstration.« Vorsichtig tippte er mit dem Finger den Quadranten an. Im Mittelpunkt dieses Viertelkreises war ein Nagel befestigt. »Siehst du den Schatten des Stiftes? Ich richte jetzt den Quadranten lotrecht aus und drehe ihn so, dass der Schatten auf die Winkelskala fällt. Nun kannst du die Höhe der Sonne genau ablesen.«
    Ende Juni Anno Domini 997 war es so weit. Gerbert legte am späten Morgen seine Arbeitskleider ab und warf sich ein kostbares blaues Gewand über. Erwartungsvoll ging er in den Palasthof und studierte die Wirkung seines fertig aufgebauten Gerätes. Ein letztes Mal wischte der Gelehrte mit einem Tuch über die Metallteile und blickte zum Himmel. Schon fielen die Sonnenstrahlen in den Hof und überfluteten die nördliche Mauer bis zu den Arkaden. Das Astrolabium hing noch im Schatten.
    Wie von Gerbert gewünscht, kamen zur Mittagszeit der Kaiser, Bischöfe, Grafen und Ritter, das Astrolabium zu bewundern. Erzbischof Gisilher von Magdeburg begrüßte jeden Gast, er war stolz auf die illustre Versammlung in seiner Stadt. Fast zwanzig Vornehme und Gelehrte in festlichen Gewändern standen gespannt beieinander.
    In diesem Augenblick erreichte die Sonne den Zenit, ihre Strahlen überfluteten den Hof. Erstaunen und Freude zeigte sich auf den Gesichtern, als das Astrolabium im gleißenden Lichtspiel aufblitzte.
    Otto zeigte offen seine Begeisterung. Gerbert war eine unerschöpfliche Quelle des Neuen, Unerwarteten. Aus diesem Grund hatte der schon erwachsene Kaiser sich nochmals einen Lehrer an den Hof geholt. Vor einigen Tagen Gerberts selbst gebaute Musikinstrumente, die der Gelehrte aus der Abtei Bobbio hatte kommen lassen, jetzt ein Messgerät für die Gestirne und die Zeit. Gerberts Wissen kannte keine Grenzen. Und was den jungen Kaiser noch mehr erstaunte: Nichts konnte den Reimser Gelehrten aus der Bahn werfen, seine Schaffenskraft hielt allen Schicksalsschlägen stand.
    Wenn ich so wäre, dachte Otto und wandte sich an seinen Freund Alexius. »Gerbert hat den Verlust seines Erzbistums Reims schon überwunden«, flüsterte er dem Missus ins Ohr.
    »Die Stellung am Hof ist ihm wichtiger als jede Prälatenwürde«, antwortete der Missus. »Außerdem schaut Gerbert nie zurück. Wenn er sich einer neuen Aufgabe widmet, gehört er ihr ganz.«
    »Wenn ich so wäre«, sprach der Kaiser seine Gedanken aus, »könnte ich unsere Dispute und den Anblick dieses Astrolabiums unbeschwert genießen. Aber das geht nicht, Alexius. Ich kann Adalberts Tod nicht vergessen.«
    Otto sah die Szene wieder vor sich. Nicht wie er sie erlebt, sondern wie man sie ihm erzählt hatte. Adalbert, der Bischof von Prag, an der Elbe von heidnischen Ljutizen getötet. Speere hatten den Heiligen durchbohrt, sein Kopf war vom Körper abgeschnitten und als Trophäe auf einen Pfahl gesteckt worden. Jetzt hatte der Kaiser nur eine Idee im Kopf. Den Feldzug gegen die Heiden. Deshalb hatte er in Arneburg die Befestigungswerke instand setzen lassen. Das Heer war bereit, bald würde man in die Schlacht ziehen. Der deutsche Papst in Italien musste warten. Was die byzantinische Gefahr für das Reich anging, so schlug Otto die Warnungen in den Wind. In diesem einen Augenblick ging er instinktiv den Weg seines Großvaters. Wenn es ihm gelingen würde, die deutschen Stammlande gegen Osten zu sichern, konnte er sein Kaisertum am besten festigen.
    Der Kaiser schenkte sein Interesse wieder dem Astrolabium und Gerbert. »Basiert Eure Konstruktion auf der Geometrie?«
    Der Gelehrte strahlte. »Ja. Ihr wisst, für wie wichtig ich das Studium der Natur halte, zu der auch die Zahlen gehören.«
    »Es tut mir so gut, dass Ihr Euch am Hof wohl fühlt, mein Lieber.«
    »Wie Recht Ihr habt! Die Freude an der Geometrie heilt meine Wunden. In glücklichen Augenblicken wie diesem trägt sie mich zum Gipfel der Erfüllung.«
    »Kann die Geometrie uns tatsächlich die Sterne erklären?«, fragte der Kaiser interessiert und strich mit dem Finger über die äußere Zahlenskala des Astrolabiums.
    »Natürlich. Für den Himmel gilt, was ich von der Erde sage: Vieles wird für wunderbar gehalten, weil man noch keine Erklärung dafür gefunden hat. Die Geometrie

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