Das Siegel der Macht
Seine Haut rötete sich, in den Augen des Freundes las Otto Enttäuschung.
»Alexius! Du bist in deine schöne Römerin verliebt. Was wühlen dich Elanas Herzensgeschichten auf?« Freundschaftlich legte der Kaiser seine Hand auf die Schulter des jungen Griechen. »Hast du etwa gehofft, selbst der Glückliche zu sein?«
Alexius winkte ab. »Nein, aber ich fühle Enttäuschung für sie. Mit einer Ehe werden alle Hoffnungen Elanas zerstört.«
»Sie ist selbstmündig, das alles ist ihr Problem. Du wirst zur Fallsteinburg reiten und meine Botschaft überbringen!«
»Welche Botschaft?«
»Ich muss ihr mein schriftliches Einverständnis zur Ehe geben. Wenn das ihr Wunsch ist, will ich mich nicht widersetzen.«
Alexius dachte angestrengt nach. »Natürlich reite ich zur Fallsteinburg«, sagte er nach einigem Zögern. »Ihr müsst mir aber erlauben, das Dreifache an bewaffneten Männern mitzunehmen. Gerbert wittert überall Gefahren.«
Als der Kaiser bereits im Palasteingang verschwunden war, holte Alexius ihn ein. »Weshalb habt Ihr Euren Brief nicht einfach Elanas Boten mitgegeben?«
»Das hat der Mann auch gewünscht. Aber ich möchte ihm meine Geschenke für die Burgherrin nicht anvertrauen.«
Es war eine Reise des Schweigens. Mit dem Boten Elanas vermochte Alexius kein Gespräch in Gang zu bringen. Als sie die Stadtmauern Magdeburgs hinter sich gelassen hatten, machte der Missus einen Anlauf.
»Ich habe Euch damals nicht auf der Fallsteinburg gesehen. Seid Ihr einer von Elanas Panzerreitern?«
»Nein.«
»Neu auf der Fallsteinburg?«
»Ich gehöre zum Gefolge des Bräutigams. Mehr kann ich Euch nicht sagen.«
Erst als Alexius mit seinen Kriegern und Bediensteten im Hof der Fallsteinburg Halt machte, brach Elanas Bote das Schweigen. »Ich lasse den Haushofmeister holen. Da könnt Ihr die Geschenke des Kaisers abgeben.«
»Meldet mich bei der Burgherrin!«
»Sie ist nicht hier. Zusammen mit ihrem Verlobten wartet sie auf Olseck, der Burg Graf Reinholds.«
»Dann wollen wir zusammen hingehen.«
»Ihr könnt die Botschaft getrost mir überlassen. Die Geschenke sind ja heil angekommen.«
Alexius protestierte. Er müsse im Namen des Kaisers der Eheschließung beiwohnen.
Der sächsische Bote lenkte ein. »Lasst mich zuerst allein hinreiten. Ich werde Graf Reinhold von den kaiserlichen Wünschen berichten. Dann komme ich zurück und geleite Euch zur Olseck.«
Am nächsten Morgen schaute Alexius dem Boten nach, bis er am Horizont verschwand. Rasch schob er zwei Finger in den Mund und stieß einen lauten Pfiff aus. Das hatte er als Knabe in den Wäldern bei Reims von einem Jäger gelernt. Seine fertig gerüsteten Krieger führten ihre Pferde in den Hof. Ein Kundschafter galoppierte voraus, um die Spur des Boten nicht zu verlieren, der zweite hielt den Kontakt zwischen dem Vormann und der Hauptgruppe aufrecht.
Alexius ritt mit gemischten Gefühlen zur Olseck. Bei der Ankunft am Vorabend hatte seine innere Alarmglocke Sturm geläutet. Hundertmal wollte er während der schlaflosen Nacht aufstehen und den Haushofmeister oder andere Bewohner der Fallsteinburg befragen. Dann ließ er es bleiben. Wahrscheinlich waren seine Befürchtungen Hirngespinste. Graf Reinhold wollte einfach keine fremden Gäste bei der Hochzeit. Außerdem: Wäre etwas faul an der Geschichte, hätten die Informierten dies sicher dem kaiserlichen Boten mitgeteilt. Wenn sie guten Willens waren. Andernfalls würde ihre Befragung gar nichts bringen, sondern sie unnötig alarmieren.
Wälder mussten durchritten, Hügel überquert werden. Nach einer Tagesreise meldete der Kundschafter endlich eine Burg am Horizont, die Olseck. Alexius ließ seine Männer auf einer versteckten Waldlichtung das Feldlager errichten. Es war Juli, man konnte im Freien biwakieren.
In der Nacht umritt der Missus mit einem Krieger das Hauptgebäude. Zum Glück war Vollmond. Als sie sich der Umzäunung näherten, stiegen die Männer ab und banden ihre Pferde an einen Baum. Sachte schlichen sie vorwärts, schauten sich um. Mehr als einer Burg glich der Bau einem großen Fachwerkhaus. Er war aus soliden Holzpfählen gezimmert und von ebenfalls hölzernen Palisaden umgeben. Einen Turm gab es nicht. Das Haupttor war geschlossen. Alexius und sein Begleiter umrundeten die Wand auf der Suche nach Nebeneingängen. Sie sahen keine.
»Wir können nicht einfach am Haupttor vorreiten«, sagte Alexius am nächsten Morgen zu seinen Gefolgsleuten. »Das hieße gegen den ausdrücklichen
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