Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
blieb sie stehen und sah auf sie hinab.
Timaios
und Callisto bewegten sich nicht, schienen nicht einmal zu leben, aber sie
wusste, dass die beiden sie direkt anschauten. Sie spürte es einfach.
Ihre
Körper waren mit Blut beschmiert, deren Blut.
Erschrocken
biss sich Serena auf die Lippen und schloss ihre Augen.
„Das
ist nicht echt … das ist nicht echt!“, flüsterte sie leise zu sich selbst und
versuchte diesem grausigen Alptraum zu entrinnen, doch als sie sich abwandte
und wieder ihre Augen öffnete, fand sie sich in einem noch schlimmeren Szenario
wieder. In ihrem Gesicht - das blanke Entsetzen, das sie innerlich zerriss.
Da lag er. Regungslos. Sein Gewand war blutgetränkt und wies somit die gleiche
Farbe auf wie sein Umhang. Die Sonnenbrosche auf seiner Brust glänzte trotz der
rötlichen Flecken darauf noch immer im warmen Licht der Fackeln an den Wänden.
Dicht neben ihm lag seine Schwester seitlich auf dem Boden. Anders als bei ihm,
konnte sie ihr Gesicht nicht sehen und darüber war sie froh, doch es war das
gleiche cremefarbene Gewand, wie das, das die Göttin der Morgenröte am Vortag
getragen hatte.
Sie waren tot! Sie alle
waren tot!
Serena
wandte sich hilfesuchend um, schaute zu den leblosen Körpern ihrer Eltern, die
sie mit Blicken des Wahnsinns straften und dann wieder zu Helios und seiner
Schwester. Diesmal war es nicht das leuchtende Grün in seinen Augen, das ihr
einen Schauer über den Rücken jagte. Es war die Art wie er sie ansah, diese schuldzuweisende
Art und als sie an sich hinunter sah, wusste sie auch wieso. Ihr Gewand, das
wie ein Sack an ihrem Körper herunterhing, war blutgetränkt. In ihrer rechten
Hand trug sie sogar ein beschmiertes Schwert, doch nicht irgendeines. Die Kerbe
auf der Klinge war unverkennbar. Die Flammenmusterung war trotz des Blutes noch
gut zu erkennen. Das war Timaios‘ Schwert, jene Klinge, die er in der Nacht,
der kalten Finsternis, zu seiner Verteidigung genutzt und das man nach ihrer
Flucht aus der Schmiede entwendet hatte. Sie hätte nicht gedacht, es noch
einmal wieder zu sehen, nicht so.
Als
sie in das verblichene Metall blickte und das anfangs verschwommene Spiegelbild
ihrer selbst sah, gefror das Blut in ihren Adern. Das Metall zeigte ihr das,
was sie anfangs nicht sah.
Blut.
Ihr ganzer Körper war blutüberströmt, nicht ihres, denn sie war nicht verletzt.
Es war deren Blut.
Ihre
Augen funkelten blau, ebenso blau, wie die Fackel an der Wand hinter ihr und
schnell holte sie die Gewissheit ein, ein Gefühl, das ihren Körper lähmte – Sie
hatte sie getötet.
Das
metallene Klirren zerriss die eisige Stille und entfachte ein Inferno des
Wahnsinns, aus dem zischende Laute hervor zu gingen schienen. Diese krochen
unter ihre Haut und ließen sie erzittern. Das Schwert lag längst auf dem verwüsteten
Boden und dennoch sah Serena es fallen, wie es sich immer weiter von ihr
entfernte und sie konnte rein Garnichts dagegen tun. Und plötzlich hörte sie
wieder diese Stimme, dieses markerschütternde Krächzen.
„Du
bist die Nächste!“
Schreiend
schreckte sie aus diesem furchtbaren Alptraum, doch auch jetzt glaubte sie
nicht wach zu sein. Da war er wieder. Seitdem sie vom Olymp wegkam, hatte sie
ihn nicht mehr gesehen – Den schwarzen Schatten.
Im
ersten Moment waren ihre Sinne noch immer benebelt und ihr Verstand konnte sich
erst jetzt aus Morpheus‘ Fängen befreien. Sie sah die Silhouette einer großen
schwarzen Gestalt direkt neben ihrem Bett stehen, nicht am Fenster, nicht in
einer Entfernung, in der sie noch Zeit hatte zu reagieren, wegzurennen oder
sich zu wehren.
Angesichts
seiner Nähe und dem Aussetzen ihres Verstandes, fiel ihre Reaktion in dieser
Gefahrensituation völlig natürlich aus. Sie schrie, als dachte sie, dieser
schrille Laut würde den Fremden vertreiben, stattdessen stürmte er auf sie zu
und griff nach ihr.
Serena
verstummte abrupt, als eine warme Hand sich um ihren Mund schloss. Dies wäre
der Moment, in dem sich ihre Zähne in die Haut ihres Angreifers gebohrt hätten,
doch sie hielt sich zurück.
Zuerst
war es der süßliche Geruch, der sie ruhig stimmte, dann die Wärme, die von dem
Eindringling ausging und schließlich die beruhigende Stimme, die mit sanften
Worten auf sie einredete.
„Helios?“
Ein
zündender Funke brachte Licht ins Dunkle, die das Gesicht eines verwirrten
Sonnengottes verborgen hatte. Er sah sie aufgeregt an, als wüsste er nicht was geschehen
war, dabei verriet ihr
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