Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
fünf Personen Platz finden würden, stand vor dieser
Fensterfront unter einem riesigen goldenen Sonnenemblem. Es war unberührt, das
erkannte sie selbst aus dieser Entfernung. Helios hatte nicht geschlafen, ob er
es überhaupt tat oder ob es nur aus Schönheitsgründen einen Platz in seinen
Räumen fand, wusste sie nicht. Auch dies interessierte sie augenblicklich nicht.
Sie war hier. Sie - eine Bedienstete, hatte die Räume eines Gottes betreten. In
Poseidons Kristallpalast wäre darüber die Todesstrafe verhängt worden und sie
war sich sicher, dass Helios solch ein Verhalten ebenfalls nicht ungesühnt lassen
würde und dennoch war sie hier.
Wieder
lief er an ihr vorbei, säuselte irgendetwas vor sich hin und entzündete die
letzte Fackel an den Wänden. Daraufhin ertönte ein lauter Schlag, der Serena erneut
zusammenfahren ließ. Eos hatte den Raum betreten. Aufgeregt und schwer atmend
stürmte sie auf ihren Bruder zu, der sie wohl schon erwartet hatte. Ein Wort ergab
das nächste und führte schließlich zu einer hitzigen Diskussion, von der Serena
allerdings kein einziges Wort verstand. Natürlich nicht, als wollten sie die
junge Halbgöttin absichtlich aus diesem Wortgefecht raushalten, verwendeten sie
die allbekannte Methode – eine andere Sprache. Jedoch fiel es Serena nicht
schwer zu erraten, weswegen sie sich stritten. Es ging um sie, es ging immer
um sie und Eos schien dieses Mal sogar noch aufgeregter als Helios, der
nach einer gewissen Zeit völlig abblockte und wild den Kopf schüttelte. Sie
hatte ihn zu etwas aufgefordert , das wurde Serena sofort klar. Sie fand es
auf eine seltsame Art und Weise faszinierend, wie zwei Personen, die sich so
nahe standen und auf einer speziellen Ebene miteinander verbunden waren, zwei
völlig unterschiedliche Ansichten haben konnten. Manchmal glaubte sie, der jeweils
andere würde absichtlich anderer Meinung sein, doch im Anbetracht der derzeitigen
Situation, hielt sie es für ausgeschlossen.
Als
beide sich zur ihr umwandten, hielt Serena den Atem, an als hoffe sie, sie
würden sie nicht bemerken. Wieder zischte Eos ihrem Bruder etwas zu, der sich vehement
gegen ihre Sticheleien zu wehren versuchte und seinen Schützling nachdenklich
musterte.
„Was
ist los?“, entfuhr es dieser dann ungehalten, als keiner von beiden ein Wort
der Aufklärung an sie richtete.
„Weißt
du was das hier ist?“, erwiderte Helios dann mit deutlicher Zurückhaltung und
hielt seine rechte Hand hoch.
Serena
kniff ihre Augen zusammen, doch selbst so konnte sie nicht ganz erkennen,
worauf er hinaus wollte, denn sehen konnte sie rein Garnichts. Für einen Moment
dachte sie wirklich, er wolle sie veralbern, doch der ernste Gesichtsausdruck
des Gottes drängte sie dazu, nicht laut loszulachen und erst bei noch genauerem
Hinsehen konnte sie erkennen, dass er wirklich etwas zwischen seinen Fingern hielt.
Etwas hauchdünnes, das im Fackellicht wie Seide glänzte.
„Ein
Seidenfaden?“ Die Antwort der Halbgöttin war mehr ironisch gemeint, denn sie
wusste, dass es sicherlich keiner war, doch sie fand, dass eine Antwort besser
sei als gar keine, Helios allerdings schien dies anders zu sehen. Er trat auf
sie zu und reichte ihr den seltsamen Faden in die Hände.
„Ein
seidener Faden? Dann versuch ihn zu zerreißen!“, forderte er sie spöttisch
heraus und verschränkte seine Arme. Serena musste sich auf die Zunge beißen.
War dies gerade eine Herausforderung? Zweifelte er wirklich daran, dass sie
nicht einmal einen Faden zerreißen könnte?
Ein
wenig enttäuscht und ermutigt zugleich nahm sie ihn in beide Hände und zog. Sie
zog. Sie zog fester. Sie riss und … Nichts.
Sie
hatte den seltsam glänzenden Faden nicht einmal angerissen, stattdessen hatte
er hässliche dunkle Schwielen auf ihren Handflächen hinterlassen.
„Was
ist das?“, fragte sie nervös, als sie ihn in ihren Händen liegend betrachtete.
„Kein
Faden aus Seide, wie du sicherlich bemerkt hast!“, erwiderte Eos, als sie näher
herantrat.
Die
junge Halbgöttin sah fragend zu Helios auf, der verbissen auf ihre Hände hinabblickte.
„Das
ist ein Schicksalsfaden!“, entfuhr es ihm zögerlich, als er diesen wieder
vorsichtig an sich nahm. An Serenas ruhigem, fast schon gelassenem
Gesichtsausdruck erkannte er, dass sie gar nicht wusste, was dies sein sollte.
„Die
Moiren dürften dir noch ein Begriff sein.“ Serena nickte hektisch. „Die Drei
bestimmen das Schicksal der Menschen, Götter und auch der Halbgötter.
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