Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
Nacht ihres
Lebens sein könnte, darüber wollte sie nicht nachdenken und blickte unruhig zum
Mond auf, dessen silbernes Licht auf der Wasseroberfläche des Meeres tanzte.
„Du
schreibst ihm noch immer?“, ertönte es plötzlich von hinten, doch sie hatte ihn
längst schon kommen hören. Er mochte zwar äußerlich ein anderer sein, doch
seine Verhaltensweisen blieben die gleichen, so hörte sie auch das Knirschen
seiner Ledersandalen, als er über das Holz schlich.
Sie
schüttelte den Kopf und wandte sich dann leicht zu ihm um, als er sich neben
sie an die Reling lehnte.
„Nein,
ich wollte nur, dass er sich keine Sorgen um mich macht und sich wundert, wenn
ich nicht mehr …“ Ihre Stimme brach abrupt, als ihre Finger über das Holz der
Reling strichen.
„Ich
hoffe einfach nur, dass Lisias …“ Wieder brach ihre Stimme unter dem Druck, der
auf ihrer Brust lag und sie einknicken ließ.
Helios
reichte ihr einen Becher mit Wasser, den sie mit einem leichten Lächeln
entgegennahm. Er achtete stets darauf, dass sie genug Flüssigkeit zu sich nahm,
wenn er sie schon nicht dazu zwingen konnte zu essen. Ihre Lage setzte ihr schwer
zu und menschliche Bedürfnisse blieben dabei auf der Strecke. Sie empfand den
Hunger schon seit langem nicht mehr so dringend.
Helios
nahm seinen Umhang ab und legte ihn schützend um ihren ausgemergelten Körper.
„Er
ist ein starker Junge. Er wird das schaffen!“, ermutigte er sie und strich über
ihre Schulter und auch wenn Serena ihm nicht ganz glauben konnte, nickte sie
zustimmend, weil sie sich einfach wünschte, er habe Recht.
Sie
blickte in die Ferne, in die endlos weite Finsternis und atmete tief durch. Es
hatte etwas beruhigendes, einfach nur die stille See zu betrachten und zu
wissen, dass ihr in diesem Moment einfach nichts wiederfahren konnte.
Von
Helios vernahm sie kein weiteres Wort mehr, was sie nach kurzer Zeit dazu
veranlasste, aus dem Seitenwinkel zu ihm aufzusehen. Er reichte ihr etwas, doch
ihr Blick war zu verschwommen, als das sie es hätte erkennen können. Aus diesem
Grund wandte sie ihren Kopf ganz zu ihm um und blickte fragend auf seine Hand
hinab. Eine Schriftrolle, doch es war nicht irgendeine. Sie hatte das
olympische Band darum sofort wiedererkannt. Dies war das geheimnisvolle Dokument,
von dem sie glaubte, es sei ein Vertrag zwischen Zeus und Helios, in dem der
Herrscher des Olymps ihm seine Tochter anbot, doch nach den vergangenen
Ereignissen, ahnte sie bereits, dass dieses Dokument von etwas ganz anderem
handelte.
„Im
Anbetracht der jetzigen Situation, halte ich es für angebracht, dass du weißt
was da drinnen steht“, flüsterte Helios leise und gab ihr die Schriftrolle in ihre
zierliche, noch freie Hand.
Lange
starrte sie auf sie hinab, unwissend, ob sie diese wirklich öffnen sollte. Vor
einigen Wochen hätte sie noch alles dafür getan hinter dieses Geheimnis zu
blicken, doch wollte sie es nun immer noch lüften? Helios hätte ihr doch sicherlich
einen Hinweis gegeben, denn schließlich schien er der Einzige zu sein, dem sie
sich noch anvertrauen konnte, denn er war der einzige, der alles von ihr wusste
… fast alles.
Vorsichtig
öffnete sie das Pergament und ließ ihre Blicke darüber schweifen, als hoffte
sie, die Sprache hätte sich in der Zwischenzeit geändert, doch natürlich hatte
sie es nicht. Es war noch immer ein unlösbares Rätsel für sie.
Entmutigt
atmete sie tief durch und verzog mürrisch das Gesicht.
„Konzentrier
dich! Du weißt, dass du es kannst!“, flüsterte Helios ihr leise zu und sah sich
um. Er wollte sicher gehen, dass sie niemand beobachtete, denn trotz allem war
sie eine Bedienstete und durfte dieses wichtige Dokument eigentlich nicht
einmal in ihren Händen halten.
Egal
wie sehr sie sich konzentrierte, das Geschriebene wollte sich ihr trotzdem
nicht erschließen. Sie schüttelte angespannt den Kopf und sah hilfesuchend zu
Helios auf, dessen Gesicht ihr jedoch keine Zuversicht versprach. Es war das
Gesicht eines Fremden, eines Königs aus einer entfernten Erinnerung, die sie in
ihren hintersten Gedanken versiegelt hatte.
„Du
kannst das Serena!“, zischte er leise und spornte sie weiterhin an und als
seine eindringliche Stimme in ihren Gedanken verstummte und sie einen
stechenden Schmerz in ihrem Kopf verspürte, der drohte ihn zu sprängen, verschwammen
die Worte vor ihren Augen und fügten sich neu zusammen. Sie verbanden sich zu verständlichen
Sätzen, die Serena problemlos lesen konnte. Sie war
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