Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
Lippen, stieg
die Aufregung in ihr ins Unermessliche.
„Ihr
meint, er …?“ Ihre Stimme brach noch bevor sie den Satz beenden konnte. Es war
ein Gefühl der Machtlosigkeit, das in ihr hoch kam. So sehr sie auch versuchte
gegen ihre Gefühle anzugehen, desto mehr verfiel sie ihrer eigenen
Menschlichkeit.
Athene,
die noch immer jede einzelne Regung in Serenas Gesicht verfolgte, nickte leicht
und strich vorsichtig über ihren kalten Handrücken.
„Er
ist dein Vater und somit bist du eine Halbgöttin!“
Ungläubig
starrte sie auf die Hand der Frau. Ein goldener Armreif, den eine Eule mit
ausgebreiteten Flügeln zierte, schmückte ihr Handgelenk und funkelte im Licht
der Sonne wie tausende kleine Sterne.
„Deine
Mutter war jung, als Zeus sie zum ersten Mal sah und nur noch Augen für sie
hatte“, fuhr Athene nun fort und zog ihre Hand zurück.
Serena
holte tief Luft, um sich wieder zu fangen und lauschte den sanften Worten der
Göttin.
„Er
erschien ihr in menschlicher Gestalt und sie ließ sich auf ihn ein, jedoch nur
für einen einzigen Abend. Kurze Zeit später lernte sie Timaios kennen, den
Mann, der dich wie sein eigenes Kind aufzog. Zeus ließ dich bei ihnen, denn du
gabst ihnen etwas, weshalb sie jeden Tag einen Grund zum Lächeln hatten, doch
dein richtiger Vater hatte stets ein Auge auf dich und mit Hilfe des Medaillons
konnte er dich immer in Sicherheit wissen.“
Serena
erhob sich als Athene inne hielt und lief wieder ans Fenster. Mit einem Mal
schien sogar die Luft, die sie ein- und ausatmete fremd.
Sie - eine Halbgöttin? Ein schlechter Witz. Sie war normal, sterblich, wie all die
anderen auch. Wie sollte sie also von dem einen auf den anderen Moment glauben,
dass in ihren Adern das Blut eines mächtigen Gottes fließen sollte?
Als
sie sich zu Athene umdrehte, erkannte diese wieder die Unsicherheit in ihren
glänzenden Augen. Sie zweifelte immer noch.
„Wieso
hat er mich jetzt hierher gebracht? Warum nicht damals, als ich verängstigt und
alleine in den Trümmern meiner Heimat gelegen habe? Betend, bettelnd, dass es
endlich endet. Wieso jetzt …?“, entfloh es Serena mit deutlicher Zurückhaltung,
denn die Emotionen drohten, sie zu überwältigen.
Sie
konnte einfach nicht begreifen, dass ihr wahrer Vater, Zeus, sie all die Jahre
im Dreck von Athen leben ließ und nun, da sie fast eine Frau war, die
selbstständig zurechtkam, zu sich holen wollte.
„Ich
habe es für besser erachtet, wenn du in Athen unter Menschen aufwächst!“, wurde
Serena prompt unterbrochen.
Sie
brauchte nicht lange zu überlegen, um diese Stimme zuordnen zu können. Es war
der gleiche tiefe Unterton, den sie auch unter Wasser vernommen hatte. Eine
kräftige Männerstimme, die dieses Mal jedoch mit viel mehr Gefühl erklang.
Athene und Serena sahen auf. Es war er, der Mann, der Serena das Leben gerettet
hatte, dessen Stimme ihr nicht mehr aus dem Kopf ging.
In
einem edlen weißen Gewand, das über beide Schultern verlief, stand er da mit
goldenen Sandalen und ebenso goldenen Armreifen. Sein weißes langes Haar
umschloss mit dem grausigen langen Bart sein markantes Gesicht und ließ ihn
sehr streng wirken.
Athene
erhob sich vom Bett und verbeugte sich kurz. Serena erstarrte jedoch als sie
den muskulös gebauten Mann im Türrahmen stehen sah.
Er
ist es, da war sie sich ganz sicher. Er war das Abbild der Statue am Brunnen.
Er war es, dessen verschwommenes Bild sie durch die Wasseroberfläche gesehen
hatte - Er war ihr Vater.
Zum
ersten Mal in ihrem noch jungen Leben blickte sie in die Augen eines Fremden
und fühlte dennoch diese Vertrautheit. Athene konnte nicht gelogen haben. Sie
erzählte ihr die Wahrheit, doch wie sollte sie einem so mächtigen Gott
gegenübertreten? Wie sollte sie sich verhalten und ihn nennen?
Er
war ihr Vater, aber war diese Anrede im ersten Moment der Begegnung auch
angemessen?
Sie
konnte sich all diese Fragen nicht beantworten. Sie war nie in den Genuss
gekommen, einem König, geschweige denn einem Gott gegenüber zu stehen und ihre
soziale Kompetenz auszubauen. Umso unsicherer schien Serena nun, da sie noch
immer regungslos dastand und in die schwarzbraunen Augen des mächtigsten Mannes
blickte, dem sie je begegnen würde.
Langsam
schritt er in den Raum, direkt auf Serena zu, die noch immer wie gebannt ihren
Gegenüber anstarrte. Er war fast zwei Köpfe größer als Serena und schüchterte
sie somit nicht nur durch seinen Körperbau mächtig ein.
Als
er vor ihr zum Stehen
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